Wie ungesund ist Fruchtzucker (Fructose)?

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In der Diskussion um Zucker erhält eine Zuckerart zunehmend besondere Aufmerksamkeit: die Fructose. Sie ist ein sogenannter Einfachzucker und bildet zusammen mit der Glucose den Zweifachzucker Saccharose. Diesen hast du vermutlich bei dir zu Hause im Küchenschrank stehen, denn das ist der gewöhnliche Haushaltszucker.

Zucker = 50% Glucose + 50% Fructose

Fructose wird umgangssprachlich auch als Fruchtzucker bezeichnet. Aufgrund dieses Namens könnte man meinen, er sei gesünder als andere Zuckerarten – schließlich steckt in ihm das Wort „Frucht“. Tatsächlich kommt Fructose gemeinsam mit Glucose in echten Lebensmitteln wie Obst und Gemüse vor. Aber macht sie das gesund – oder ist Fructose wirklich das Gift, als das sie von manchen Wissenschaftlern bezeichnet wird?

Die Antwort lautet: beides! Denn, wie heißt es so schön: Die Dosis macht das Gift. Und oft auch die Art der Darreichung.

Fructose in der ganzen Frucht

Fruchtzucker kommt in der Natur in Obst, Gemüse, Honig und Sirupen vor. Gemüse enthält nur sehr wenig Fructose, daher können wir es in dieser Diskussion vernachlässigen.

Der Fructosegehalt von Obst ist etwas höher, hängt aber stark von der jeweiligen Frucht ab. Relativ wenig Fructose befindet sich in Papayas, Aprikosen, Pfirsichen, Zitrusfrüchten und Beeren. Unter dem frischen Obst enthalten Kirschen, Äpfel, Birnen, Feigen und Weintrauben die meiste Fructose. Trockenobst, wie Datteln und Rosinen, enthält ein Vielfaches des Fruchtzuckers frischer Früchte. Honig und Sirupe sind ganz vorne dabei.

Wilde Früchte enthalten weniger Fructose als gezüchtete Früchte, die gezielt für uns Konsumenten süßer gemacht werden und bequemer zu verzehren sein sollen (z. B. kernlose Weintrauben und Mandarinen).

Fruchtzucker in echten Lebensmitteln ist für uns ungefährlich. Das bestätigen Wissenschaftler wie Dr. Robert Lustig, der Fructose schon mal als „Gift“ bezeichnet. Ihm zufolge verpacke die Natur dieses Gift aber praktischerweise gleich mit dem Gegengift: den Ballaststoffen.

Abgesehen von schwer zugänglichen Sirupen und Honig kommt Fructose in der Natur nämlich nur in Verbindung mit Ballaststoffen vor. Diese regulieren die Verdauung, indem sie dafür sorgen, dass der Zucker nicht zu schnell ins Blut geht. Daher gelangen Glucose und Fructose im Körper nur langsam an ihre jeweiligen Ziele, sodass die entsprechenden Zellen sie wirklich verarbeiten können. Außerdem setzt die Sättigung viel eher ein. Daher ist es kaum möglich, sich an Früchten zu überessen. Nach kurzer Zeit signalisiert der Körper, dass es ausreicht.

Je mehr Ballaststoffe ein Lebensmittel enthält, desto besser kann der Körper mit dem enthaltenen Zucker umgehen. Wer viele Ballaststoffe will, sollte möglichst viele Lebensmittel roh essen, denn erst mit der Zubereitung geht immer mehr davon verloren. Einige Lebensmittel enthalten gar so viele Ballaststoffe, dass der unverarbeitete Verzehr kein Genuss wäre. Versuch mal, Zuckerrohr oder eine Zuckerrübe in ihren Rohformen zu essen. Daran wirst du nicht viel Spaß haben.

Problematisch wird es erst, wenn wir beginnen, den Zucker von den Ballaststoffen zu trennen, z. B. wenn wir Zuckerrohr oder auch Obst auspressen und als Saft trinken. Diesem Saft fehlen die Ballaststoffe, sodass der Zucker schnell ins Blut geht und wir im Zweifel auch noch zu viel davon trinken, da es so bequem ist. Ein Liter Saft ist schnell getrunken. Aber in diesem stecken für gewöhnlich zwei bis drei Kilogramm Früchte, die wir sonst nie essen würden.

In ganzen Früchten gebunden ist Fructose für gesunde Menschen folglich unproblematisch. Lediglich bei einer Fructoseintoleranz (siehe unten) ist es sinnvoll, bei Früchten aufzupassen – und, wenn man eine Fettleber hat oder unter Diabetes leidet. Solche Vorsicht empfiehlt jedenfalls der Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl (siehe NDR-Beitrag). Die Medizin weiß aber auch nicht alles. Noch vor wenigen Jahren empfahl sie Diabetiker-Produkte, die mit Fructose gesüßt wurden. Nun stellt sich heraus, dass ausgerechnet diese Produkte für Diabetiker am schädlichsten sind.

Im Zweifel empfehlen wir daher immer, bei echten Lebensmitteln zu bleiben. Mit einer bunten Auswahl an Obst und Gemüse kann man aus unserer Sicht nichts falsch machen.

Fructose in verarbeiteten Lebensmitteln

Der neuerdings schlechte Ruf des Fruchtzuckers rührt nicht von den Früchten her, sondern von seiner Verwendung in industriell hergestellten Lebensmitteln.

Unzähligen Produkten wird Zucker zugesetzt, der jeweils zur Hälfte aus Fructose und Glucose besteht. Da die Süßkraft der Fructose doppelt so hoch ist wie die der Glucose wird der Fruchtzuckeranteil häufig erhöht. Dann steht in der Zutatenliste nicht mehr Zucker, sondern Fructose, Fructose-Glucose-Sirup o.ä. Häufig findet man mit Fructose gesüßte Lebensmittel in Verpackungen mit Aufschriften wie „weniger süß“, „weniger Zucker“, „mit der Süße aus Früchten“, „light“ oder „Diät“. Bei solchen Bezeichnungen sollten bei dir grundsätzlich die Alarmglocken angehen.

Fructose in verarbeiteten Lebensmitteln ist in zweierlei Hinsicht problematisch. Zum einen ist es ein Mengenproblem. Würden wir uns hauptsächlich von echten Lebensmitteln ernähren, kämen wir im Durchschnitt auf eine tägliche Zuckermenge von 30 Gramm (bzw. 15 Gramm Fructose). Doch diese Menge ist in den letzten Jahrzehnten immer weiter angestiegen, je mehr industriell verarbeitete Lebensmittel konsumiert werden. In Deutschland sind es ca. 100 Gramm Zucker pro Tag, in den USA sind es ca. 150 Gramm (bzw. 75 Gramm Fructose).

Etwa ein Drittel davon stammt aus süßen Getränken, die der Anti-Fructose-Kämpfer Dr. Robert Lustig für das größte Übel hält. Sie enthalten große Mengen an Fructose und werden konsumiert, ohne zu sättigen. Im Gegenteil: Süße Getränke regen sogar den Appetit an. Säfte schließt er dabei ausdrücklich ein!

Das zweite Problem mit Fructose in verarbeiteten Lebensmitteln: Ihnen fehlen weitgehend die Ballaststoffe. Je mehr Verarbeitungsschritte ein Lebensmittel durchläuft, desto weniger Nährstoffe und Ballaststoffe sind in ihm enthalten. Größtenteils lässt sich dies kaum vermeiden. Teilweise werden sie jedoch absichtlich entzogen, um ein Produkt länger haltbar und leichter verzehrbar zu machen.

Folglich enthalten verarbeitete Produkte nur ausgewählte Teile eines echten Lebensmittels. In diesem Fall das Gift (Fructose), aber nicht das Gegengift (Ballaststoffe).

Wie Fructose im Körper funktioniert

Lass uns nun anschauen, was die Fructose im Körper macht, wenn ihr Gegengift fehlt. Fructose unterscheidet sich im Stoffwechsel deutlich von Glucose:

Glucose kann von jeder Körperzelle verwendet werden. Sobald wir sie konsumieren, wird Insulin ausgeschüttet, welches die Energie aus der Nahrung abtransportiert. Etwa 20 Prozent von ihr landen in der Leber, 80 Prozent werden auf andere Organe und die Muskeln verteilt. Konsumieren wir mit einer Mahlzeit zu viel Glucose, wird diese in der Leber als Glykogen zwischengespeichert und später verwendet, wenn wir wieder Energie benötigen.

Fructose funktioniert anders. Sie führt nicht zur Ausschüttung von Insulin und kann auch nicht von allen Zellen des Körpers verwendet werden. Unsere Leber ist die einzige Anlaufstelle der Fructose. Handelt es sich um kleine Mengen, wandelt die Leber die Fructose in Glykogen um. Kein Problem.

Extremsportler können auch größere Mengen Fructose konsumieren, denn mit ihr wird der Glykogen-Haushalt der Leber schneller aufgefüllt als mit Glucose allein. Deshalb kannst du süß essen und trinken, wenn du gerade einen Marathon gelaufen bist.

Doch die meisten Menschen laufen keinen Marathon, bevor sie eine Limonade trinken oder einen Schokoriegel essen. Bei deren Verzehr gelangen große Mengen Fructose in kurzer Zeit in die Leber, die damit überfordert ist. Mit überschüssiger Fructose macht die Leber das gleiche wie mit überschüssigem Alkohol: Sie wandelt sie in Fett um.

Fructose wird in der Leber zu Fett!

Konsumieren wir immer wieder zu viel Fructose, verfettet unsere Leber, wie sie es auch nach ständigem Alkoholgenuss tut. Dieses innere Fett ist von außen lange nicht sichtbar, da es sich nicht um die Hüfte oder an den Oberschenkeln ablagert, sondern um die Leber und andere Organe. Damit ist es viel gefährlicher als das sichtbare Fett.

Zusätzlich blockiert Fructose das Hormon Leptin, das dem Gehirn normalerweise signalisiert, dass wir satt sind. Durch Fructose bekommen wir sogar mehr Appetit: Trinken wir vor dem Essen ein süßes Getränk, essen wir hinterher mehr, als wenn wir das süße Getränk nicht getrunken hätten.

Reine Fructose macht also nicht satt. Dass wir dennoch aufhören zu essen, liegt an den anderen Bestandteilen der jeweiligen Mahlzeit. Doch je höher der Fructosegehalt eines Lebensmittels ist, desto mehr essen wir davon und desto mehr Fructose gelangt wiederum in die Leber, die sie in noch mehr Fett umwandelt.

Belasten wir unsere Leber über lange Zeit mit zu viel Fructose, kommt es zur Leber-Insulinresistenz. Dann schüttet die Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin aus, um die Leber zur Arbeit zu zwingen – und das, obwohl Fructose selbst nicht zur Insulinausschüttung führt.

Solange sich Insulin im Blut befindet baut der Körper kein Fett ab. Somit verhindert ein Überschuss an Fructose indirekt die Fettverbrennung, während sie gleichzeitig zu vermehrtem Fettaufbau führt. Ein tragischer Kreislauf, der kaum zu durchbrechen ist, wenn man bedenkt, dass süße Speisen auch noch süchtig machen.

Anders als Alkohol sei die Fructose laut Dr. Robert Lustig kein akutes Gift, sondern ein chronisches. Es macht uns nicht nach einer übertrieben süßen Mahlzeit krank, sondern über Hunderte und Tausende von süßen Speisen. So fördert die Fructose schleichend die Entstehung des metabolischen Syndroms, einer Kombination verschiedener Erkrankungen aus Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen.

Merke: Fructose ist ein ungesunder Zucker, wenn er nicht mit dem Gegengift verabreicht wird – und dieses gibt es nur in echten Lebensmitteln.

So kannst du Fructose im Alltag reduzieren

1. Meide nach Möglichkeit alle gesüßten Produkte. Was aus der Fabrik stammt und süß ist, enthält sehr wahrscheinlich Fructose (ohne Gegengift). Natürlich sind wie immer Ausnahmen möglich, denn die große Gefahr besteht nicht in einer süßen Mahlzeit, sondern in regelmäßigen süßen Mahlzeiten.

Achte beim Einkaufen auf die Zutatenliste. Nicht immer steht dort das Wort Zucker. Auch bei jeder Art von Sirup (Maissirup, Fructose-Glucose-Sirup etc.) solltest du vorsichtig sein, sowie bei „Invertzucker“, „Inulin“ (Mehrfachzucker, der hauptsächlich aus Fructose besteht) oder „Sorbit“ (Zuckeralkohol, der vom Körper in Fructose umgewandelt wird).

2. Es ist besser, deine Mahlzeiten selbst zuzubereiten. Dabei hast du die volle Kontrolle über den Zucker- bzw. Fructosegehalt. Gehe sparsam mit jeder Art von Süßungsmittel um. Zuckerersatz ist nicht unbedingt besser als Zucker. Manch eine Alternative enthält sogar mehr Fructose, z.B. der häufig als gesund angepriesene Agavendicksaft. Auch mit anderen Dicksäften, Sirupen und Honig solltest du sparsam umgehen. Sie alle sind nichts anderes als verschiedene Zuckerarten. Lediglich Reissirup enthält kaum Fructose. Unsere vollständige Meinung zu Zuckerersatz findest du hier.

Wir versuchen so viel wie möglich selbst zu kochen (mit diesen Rezepten).

3. Wenn du süß essen möchtest, fährst du am besten mit frischem Obst. Auch hier ist das Maß entscheidend. Ich würde meine Ernährung nicht allein auf Obst ausrichten, sondern auch viel Gemüse essen.

  • Gemüse ist besser als Obst.
  • Frisches Obst ist besser als Trockenfrüchte.
  • Wild gewachsenes Obst ist besser als gezüchtetes Obst.

Welches Obst du isst, halte ich für nicht so wichtig, wenn du deinen Körper nicht gerade auf ein bestimmtes Leistungsniveau trimmen möchtest. Falls du dir dennoch einen Überblick über den Fructosegehalt verschiedener Lebensmittel verschaffen möchtest, findest du hier eine Tabelle.

Säfte solltest du vermeiden bzw. nicht als Durstlöscher verwenden, sondern als Genussgetränk. Iss im Zweifel lieber die ganze Frucht und trinke Wasser gegen den Durst. Davon hast du in jedem Fall mehr.

Wenn du diese paar Regeln befolgst, brauchst du dir um Fructose keine Gedanken zu machen.

Was ist mit Fructose-Unverträglichkeit?

Häufig liest man von einer Fructose-Intoleranz. Dabei handelt es sich um ein anderes Problembild als das oben beschriebene. Genau genommen, kann es sich bei Unverträglichkeit um zwei Arten von Intoleranz handeln:

1. Intestinale Fructoseintoleranz (Fructosemalabsorption): Diese Art der Unverträglichkeit kommt am häufigsten vor. Hierbei kann der Dünndarm die Fructose nur unvollständig aufnehmen, wodurch sie in den Dickdarm gerät. Das führt zu Symptomen wie Durchfall, Blähungen und Schmerzen. Da die Menge an konsumierter Fructose in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen hat, leiden immer mehr Menschen an Fructosemalabsorption. Ausführliche Informationen dazu bei Wikipedia.

2. Hereditäre Fructoseintoleranz: Dabei handelt es sich um eine seltene vererbte Krankheit, bei der der Körper Fructose nicht oder nur in sehr kleinen Mengen abbauen kann. Weitere Informationen bei Wikipedia.

Für tiefere Informationen zu den Nebenwirkungen von Zucker bzw. Fructose im Speziellen empfehle ich das Buch „Fat Chance“ von Dr. Robert Lustig. Wenn du nicht gleich ein Buch lesen möchtest, tut es auch seine 90-minütige Vorlesung an der University of California, die du unter dem Titel „Sugar: The bitter truth“ bei Youtube abrufen kannst.


Zuckerfrei leben: Alle Texte, Bücher und Rezepte für eine zuckerfreie Ernährung.

Fotos: Gemischte Früchte und Laptop von Shutterstock

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