Mein Weg zu bewusst(er)em Konsum

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In den letzten drei Jahren war ich häufig im Ausland unterwegs. Erst für neun Monate am Stück, dann immer wieder mehrere Monate mit kurzen Unterbrechungen. Eine feste Wohnung hatte ich nicht mehr – nur einen Rucksack. Während dieser Zeit habe ich manche Denkweise geändert. Eine der deutlichsten Veränderungen ist meine Einstellung zum Konsum von Dingen. Ich habe eine regelrechte Abwehrhaltung gegen Dinge entwickelt, die nicht in meinen Rucksack passen.

Seit vier Wochen habe ich wieder eine feste Wohnung und muss mich mit Dingen auseinandersetzen, schließlich möchte ich mich wohnlich einrichten – aber nicht zumüllen.

Früher machte ich mir darum wenige Gedanken. Vor acht Jahren richtete ich meine erste Wohnung einfach mit den Möbeln ein, die schon in meinem WG-Zimmer standen. Für den Rest fuhr ich einmal zu IKEA – ohne mir vorab Gedanken zu machen oder in einen Katalog zu schauen. Das Ergebnis sah ziemlich bescheiden aus. Alles war ohne Sinn und Verstand zusammengewürfelt. Es fehlte an Gemütlichkeit, dafür gab es unnützen Krempel. Da ich mich selbst nur mäßig wohl fühlte, lud ich kaum mal jemanden zu mir nach Hause ein.

Nach fünf Jahren ging ich auf meine Weltreise und löste die Wohnung auf. Ich verkaufte mein Zeug für ein bisschen Taschengeld, denn es war alles wertlos. Andere Dinge verschenkte ich oder schmiss sie weg. Ich behielt nur, was ich wirklich brauchte (sprich: von dem ich glaubte, es zu brauchen). Was übrig blieb, landete auf dem Dachboden meiner Eltern. Dort sollte es sechs Monate bleiben. Daraus wurden drei Jahre.

Jedes Mal, wenn ich dort oben war, wollte ich mein Zeug sortieren, um zu schauen, was ich wirklich noch brauche. Aber ich habe die Kisten gleich wieder zugemacht, weil ich gar nicht wusste, wo ich anfangen sollte. Da war immer noch so viel Krempel.

Also nahm ich erst mal alles mit nach Leipzig und sortierte es hier. In meine Schränke räumte ich nur das, was ich wirklich behalten will. Der Rest – zwei Drittel des Zeugs, das ich vor drei Jahren noch wichtig fand – blieb in den Kisten. Darunter sind Dinge, die ich schon lange vor meiner Reise nicht mehr benutzt hatte, aber nicht abgab, weil mir der Zweitmarktpreis zu gering war.

Nach zwei Wochen in der neuen Wohnung begann ich, mich mit dem Krempel auseinanderzusetzen. Einerseits bekam ich dabei ein beklemmendes Gefühl, weil ich diese Dinge heute als Last empfinde. Auf der anderen Seite empfand ich es als befreiend, all das heute nicht mehr zu brauchen.

Noch auf diesen Altlasten zu sitzen, hilft mir sogar in meinem Denken. Ich sehe, was ich über die Jahre alles angesammelt habe – und das, nachdem ich vor drei Jahren schon die Hälfte entsorgt hatte. Das meiste davon fand seinen Weg durch Gedankenlosigkeit zu mir: Das gibt’s gerade im Angebot, vielleicht brauche ich es mal. Diese Erkenntnis hilft mir, meine heutigen Käufe besser zu hinterfragen.

Wie mein bewusster Konsum aussieht

Heute konsumiere ich bewusster, weil ich viele Dinge als das erkenne, was sie sind: eine Last.

Bewussten Konsum verstehe ich auf einer persönlichen Ebene. Ich will damit nicht die Welt verbessern – vielleicht kommt das noch –, sondern mein Leben. Das heißt, es geht mir nicht um Sozialverträglichkeit, faire Bezahlung und Umweltschutz. Ich könnte so tun als ob, aber um ehrlich zu sein, denke ich über diese Dinge derzeit kaum nach.

Bewusster Konsum heißt für mich auch nicht, gar nicht mehr zu konsumieren oder alle Dinge zu behalten bis sie auseinander fallen. Er sieht eher so aus:

  • Ich kaufe nur Dinge, die meinem Nutzungsverhalten entsprechen. So habe ich z. B. keine teure (und klobige) Spiegelreflexkamera mehr. Wenn ich eine in der Hand halte, kann ich schon Gefallen daran finden und vor meinem inneren Auge schieße ich die weltbesten Fotos. Doch ich hatte ja beim Reisen genug Gelegenheiten, mein Verhalten zu beobachten. Ich nehme mir selten Zeit zum Fotografieren, sondern mache schnelle Schnappschüsse. Dann nutzt mir auch die beste Kamera nichts. Außerdem schaue ich mir nie wieder alte Fotos an und im Zweifel mache ich mir bei einer teuren Kamera noch Sorgen, dass sie auf der Reise beschädigt wird.
  • Ich trenne mich von Dingen, die ich zwar brauche, die mich aber nerven. Mein Smartphone war so ein Ding. Ich hatte seit dreieinhalb Jahren ein iPhone 4. Jeden Tag hat es mich genervt, da es mit jedem Software-Update immer langsamer wurde und die letzten Updates schon gar nicht mehr möglich waren. Ich wollte aber auch kein Neues, denn 800 Euro für ein Telefon – hallo?! Jetzt habe ich mich endlich zu einem Motorola G2 für 180 Euro durchgerungen und bin wieder zufrieden, weil nicht jeder Klick frustriert. Von dem ebenfalls nervigen Mobilfunkanbieter Congstar habe ich mich bei der Gelegenheit auch getrennt. Es kann einfach nicht sein, dass mich Dinge nerven.
  • Ich möchte nicht unnötig viele Elektrogeräte haben. Es gibt heute so viel Auswahl, dass ich sie allein in der Küche bis unter die Decke stapeln könnte. Aber anstatt eines Kaffeevollautomaten koche ich Kaffee gern mit einer Espressokanne. Anstelle eines Geschirrspülers wasche ich lieber ab (ich weiß, verrückt!). Ich brauche keine Mikrowelle, Mini-Ofen, Saftpresse, Universalzerkleinerer, Brotschneidemaschine, Eierkocher, Fritteuse, Sandwichmaker, Waffeleisen und was es noch alles gibt.

  • Am meisten habe ich in meine Küche investiert. Früher hatte ich viel Schrott, den ich sowieso kaum nutzte. Heute sind mir Kochen und Gemütlichkeit wichtiger geworden, daher kaufe ich mir gezielt Dinge, die ich brauche, um gesund kochen und Freunde zum Essen einladen zu können.
  • Ich höre gern Musik und hatte früher zwei Mini-Stereoanlagen in meiner Wohnung stehen, dazu noch Computer-Boxen und mehrere Kopfhörer. Das war alles zu viel Zeug und zu viel Kabelsalat. Jetzt habe ich eine Bluetooth-Box von Bose, die winzig ist und trotzdem meine Wohnung beschallt.

  • Ich bemühe mich um Digitalisierung. Alle CDs habe ich bereits vor meiner Reise abgegeben, aber auch digitale Dateien möchte ich jetzt nicht mehr haben, sondern setze auf Musik-Flatrates (ich bin sehr happy mit Spotify). Von den letzten 10 Prozent meiner DVDs kann ich mich hoffentlich bald trennen und an Büchern behalte ich nur die Besten. Das meiste lese ich ohnehin auf dem Kindle.
  • Ich kaufe vergleichsweise wenig Kleidung, aber auch vergleichsweise wenig ist noch viel. Wenn ich sie dann einmal habe, trenne ich mich nur schwer davon. Daher war mein Kleiderschrank früher immer voll – mit Sachen, die ich so gut wie nie anzog. Heute habe ich einen um 25 Prozent kleineren Kleiderschrank, der nur zur Hälfte gefüllt ist. Mal schauen, wie lange das gutgeht. Zuletzt habe ich schon bewusst Kleidungsstücke entsorgt, nachdem ich mir neue gekauft hatte.

Insgesamt will ich mehr Einfachheit und Klarheit. Ich möchte nichts haben, das ich mal gebrauchen könnte. Ich möchte nichts kaufen, über das ich mich jahrelang ärgere. Ich will keine Dinge besitzen, die zwei Jahre später nur noch für den Sperrmüll taugen. Ich will mich von Dingen entlasten, die nur herumstehen, Platz wegnehmen, verstauben und dabei noch an Wert verlieren. Stattdessen möchte ich Dinge haben, die lange haltbar und zeitlos schön sind und die mich in dem unterstützen, was mir wichtig ist.

Da mich dieses Thema zurzeit beschäftigt, gibt es noch weitere Artikel von uns, die in eine ähnliche Richtung gehen:

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