Wie der Minimalismus dich zur gesunden Ernährung führt

Zum Beitrag

Hier kannst du dir den Beitrag anhören

Hast du manchmal das Gefühl, Ernährung sei kompliziert geworden? Ich schon! Seit Ernährungswissenschaft und Industrie unsere Nahrung „optimieren“ und Zeitschriften widersprüchliche Ratschläge erteilen, wird alles nur noch schwieriger.

Belege aus dem wahren Leben:

  • Wir zählen Kalorien und tragen sie in Apps ein
  • Wir schieben Nährstoffe hin und her: weniger Fett, mehr Proteine, weniger Kohlenhydrate
  • Wir probieren die absurdesten Diätkonzepte aus
  • Wir bewerten Nahrungsmittel mit Punkten
  • Wir lesen den glykämischen Index, pH-Werte, Kalorien etc. aus Tabellen ab
  • Wir suchen krampfhaft nach dem besten Zuckerersatz
  • Wir treiben Sport, den wir hassen, um unsere Sünden auszugleichen
  • Wir lesen Zeitschriften, Blogs und Bücher über Ernährung
  • Im Supermarkt wählen wir aus mehr als 10.000 Produkten

Ständig gibt es neue „Erkenntnisse“, die wieder alles auf den Kopf stellen, aber nichts besser machen, sondern im Zweifel noch widersprüchlicher. Ernährung ist so kompliziert geworden, dass es eine Existenzberechtigung für den Beruf „Ernährungsberater“ gibt. Ausgerechnet der clevere Mensch – intelligenter als alle Tiere – braucht Beratung bei der Nahrungsaufnahme. Verrückt!

Dieser Komplexität können wir durch Vereinfachung entkommen – oder Minimalismus, um einen Trendbegriff aufzugreifen. Ich behaupte: Wer minimalistische Werte auf die Ernährung überträgt, ernährt sich automatisch gesund.

Minimalismus ist laut Wikipedia eine Entscheidung für die freiwillige Einfachheit. Doch Achtung! Einfach bedeutet nicht bequem, nicht leicht, nicht billig, nicht zeitsparend und es bedeutet auch nicht, jeden Tag Reis mit Bohnen zu essen.

Die Werte des Minimalismus sind andere. Ich habe sie für diesen Artikel aus folgenden Blogs zusammengetragen und zusammengefasst:

Minimalisten befreien sich vom Überfluss

Wir leben in einer von materiellem Überfluss geprägten Gesellschaft. Wikipedia charakterisiert eine solche Gesellschaft u.a. wie folgt:

  • Produkte und Dienstleistungen werden massenhaft hergestellt
  • Güter werden über Werbung in Massenmedien verkauft
  • Das Spektrum an Waren geht über den Bedarf hinaus
  • Es wird mehr produziert, als konsumiert werden kann
  • Kunden kaufen mehr, als sie wollen (und brauchen)
  • Verbraucher werden zu Verschwendung erzogen

In dieser Beschreibung erkenne ich die Lebensmittelindustrie wieder. Auch Lebensmittel werden massenhaft in Fabriken hergestellt, mit Markennamen und Produktversprechen versehen und sind immer und überall verfügbar. In unseren Supermärkten liegen Tausende von Produkten. Nach den meisten hat nie jemand gefragt, niemand braucht sie. Sie werden auf Verdacht produziert und wenn nur genügend Zucker und Fett enthalten sind, wird sie schon jemand kaufen. Dieser ständige Überfluss verleitet uns dazu, so viel zu kaufen, dass wir vieles davon wieder wegschmeißen. Jeder Deutsche wirft im Jahr etwa 81 Kilogramm an Lebensmitteln in den Hausmüll.

Minimalisten wollen diesen Überfluss loslassen und mit dem auskommen, was sie wirklich brauchen. In der Ernährung bedeutet das, nicht immer mehr Waren anzuhäufen und diese monatelang im Schrank zu horten, nicht fünf Müslisorten und vier Grillsaucen vorrätig zu haben und es bedeutet, ohne fertige Dressings, Dips, Aufstriche und Tütensuppen auszukommen.

Stattdessen würde ein Minimalist hauptsächlich nicht oder wenig verarbeitete Grundnahrungsmittel kaufen. Beim Einkauf hält er sich die meiste Zeit in der Obst- und Gemüseabteilung und an den Frischetheken auf. Er muss nicht viele Entscheidungen treffen, denn es gibt nur eine Art von Blumenkohl, eine Art von Brokkoli und wenig Auswahl bei Kartoffeln, Tomaten & Co. Der Rest braucht ihn nicht zu interessieren.

Minimalisten wollen mehr Klarheit

Ein Leben im Überfluss ist bequem, aber kompliziert. Wer kann sich bei all den Optionen noch entscheiden? Wir haben doch immer das Gefühl, eine bessere Alternative zu verpassen, weil wir nicht alle Informationen auswerten können, die uns zur Verfügung stehen.

Würden wir bei jedem Einkauf alle Produkte einer Kategorie miteinander vergleichen, die Inhaltsstoffe lesen und auch noch verstehen wollen, müssten wir mit einem Smartphone bewaffnet die Gänge abschreiten und viele Stunden im Supermarkt zubringen. Da machen wir doch lieber die Augen zu und sehen über all die Dinge hinweg, die wir nicht wissen.

Minimalisten finden sich damit nicht ab. Sie wollen Klarheit in ihrem Leben. Wenn sie diesen Wert auf ihre Ernährung übertragen, landen sie abermals bei den nicht oder kaum verarbeiteten Grundnahrungsmitteln. Sie müssen sich nicht mit einer 100 Quadratmeter großen Getränkeabteilung auseinandersetzen, sondern trinken einfach Wasser – das einzige Getränk, das der Mensch wirklich braucht. Sie kaufen keine verarbeiteten Waren mit komplizierten E-Zusätzen, die niemand versteht, sondern frisches Obst und Gemüse. Um Nahrungsergänzung in Form von Pülverchen und Vitamintabletten machen sie einen großen Bogen, denn an diesen ist alles unklar! Nur echte Lebensmittel bieten (einigermaßen) Klarheit. Sie enthalten keine Kalorienangaben, keine Zusätze und geben keine Gesundheitsversprechen ab. Sie sind einfach nur Obst und Gemüse.

Minimalisten suchen die Freiheit

Wir leben in einer freien Gesellschaft. Doch wenn wir uns die Freiheit nicht selbst nehmen, bleibt sie nur Theorie. Sie wird ständig durch Erwartungshaltungen, Alltagszwänge und Bequemlichkeit eingeschränkt.

Ungesunde Ernährung ist selten selbstbestimmt. Wir werden zunächst von Werbeversprechen beeinflusst und sobald wir vom Fast Food oder den süßen Waren kosten, können wir kaum noch die Finger von ihnen lassen, da sie uns süchtig machen. Wie praktisch, dass sie an jeder Straßenecke verfügbar sind. So verlieren wir die Kontrolle über unsere Ernährung.

Fertiggerichte nehmen uns zudem viele Entscheidungen ab, die wir nicht mehr allein treffen können: Wie viel Zucker soll in meinen Kuchen? Was soll in mein Müsli? Wie viel Erdbeere gehört in meinen Erdbeerjoghurt? Mit industriell produzierter Ware geben wir die Verantwortung dafür an die Unternehmen ab.

Minimalisten wollen sich von solchen Zwängen weniger gängeln lassen. Sie möchten selbstbestimmt leben und freie Entscheidungen treffen. Solche Freiheit setzt allerdings Fähigkeiten voraus. Nur wenn wir frische Lebensmittel einkaufen und diese selbst zubereiten, gewinnen wir wieder die Kontrolle über unsere Ernährung. Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass jeder von uns kochen kann, doch diese Fähigkeiten erlauben uns mehr Freiheit. Noch freier wird, wer sogar eigene Lebensmittel anbaut.

Minimalisten konzentrieren sich auf das Wesentliche

Was ist eigentlich wichtig im Leben? Bei so vielen Themen, die täglich auf uns einprasseln, kann man das schon mal aus den Augen verlieren. Christoph Maria Herbst sagte einst in einem Fernsehinterview:

„In Deutschland zerbrechen sich viele Menschen eher den Kopf darüber, mit welchem Sprit sie ihr Auto tanken, als darüber, welchen Sprit sie sich selbst zuführen.“

Das trifft es sehr gut. Die Frage, ob Super oder E10 ist denkbar unwichtig. Aber die Frage, ob Fast Food oder selber kochen entscheidet über unsere Gesundheit und ist damit wesentlich für unsere Lebensqualität.

Ebenfalls wichtig ist Minimalisten (und mir) mehr Zeit für liebe Menschen zu haben und für Hobbys, die Freude bereiten. In der Ernährung können wir beides über ein gesundes Essen erreichen. Kochen mag aufwendig sein und manchmal muss man sich überwinden, aber gekocht zu haben ist sehr befriedigend. Besonders gern koche ich für Freunde. Nach der eigenen Zubereitung und im Beisammensein genieße ich das Essen viel mehr, als wenn ich unachtsam irgendetwas vor dem Fernseher herunterschlingen würde. Genuss ist übrigens ein weiterer Wert von Minimalisten.

Minimalisten wollen nachhaltiger leben

Viele Menschen machen sich zunehmend Gedanken um einen verantwortungsvollen Umgang mit knappen Ressourcen. Nachhaltigkeit ist zum Schlagwort geworden und spielt auch für Minimalisten eine große Rolle. Sie wollen nicht ignorant vor sich hin leben, sondern einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen.

Wenn wir uns nach diesem Wert richten, hat das Einfluss auf unsere Ernährungsentscheidungen. Nachhaltig heißt, möglichst regional einzukaufen, aber vor allem bedeutet es (erneut), dass wir frische Lebensmittel statt verarbeiteter Produkte kaufen sollten. Jeder Verarbeitungsschritt bedeutet zusätzliche Kilometer, die ein Produkt zurücklegt, bevor es im Handel landet. Steht es dort, ist es meist in Plastik verpackt, wodurch Müllberge entstehen.

Umweltschonende Ernährung führt auch zu der Frage, wie viel und welche tierischen Produkte wir konsumieren sollten. Das meiste Fleisch, die meiste Milch und die meisten Eier stammen aus Massentierhaltung, die alles andere als nachhaltig ist. Folglich führt dieser Wert dazu, weniger Tierprodukte zu verzehren. Eine Ernährungsweise, die zu den gesündesten zählt.

Mein Fazit: Minimalistische Werte führen zu gesunder Ernährung

Du siehst, Einfachheit ist nicht bequem. Ernährung nach den minimalistischen Prinzipien ist mit Selbstüberwindung und zeitlichem Aufwand verbunden. Je nach Qualität der Zutaten und der Finesse der Mahlzeiten ist sie auch teurer als Fertigprodukte.

Mit dem Aufwand muss man es jedoch nicht übertreiben. Ich habe nicht den Anspruch, alles selbst zu machen. Stattdessen gehe ich einen Weg, der minimalistische Werte mit meinem Alltag vereinbart. Das heißt, ich koche einfache Gerichte, die mir zwischen 30 Minuten und einer Stunde abverlangen. Ich koche nicht täglich, sondern bereite so viel zu, dass ich mehrere Tage davon essen kann. Manchmal friere ich etwas ein. Ich scheue mich auch nicht davor, alle paar Wochen die gleichen Gerichte zuzubereiten. So komme ich überwiegend mit einer Auswahl von 20 Rezepten zurecht, benötige nur wenige Geräte und ein paar Zutaten, die ich immer wieder verwende.

Ich bezeichne mich nicht als Minimalisten, aber ich finde die Werte des Minimalismus in meiner Ernährung wieder, denn sie decken sich mit unserer Philosophie des echten Essens. Wenn du dich mal wieder fragst, welchem Experten oder Ratgeber du Glauben schenken sollst, orientiere dich an den Werten der Einfachheit. So gelangst du automatisch zu einer gesunden Ernährung.


Foto: Frische Pilze von Shutterstock

Ähnliche Artikel

20 Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert