10 Gründe, dein Geld nicht im Internet zu verdienen

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Lange Zeit dachte ich, ich hätte den besten Job der Welt: Online Marketer. Sechs Jahre übte ich diesen Beruf aus. Ich konnte mich den ganzen Tag hinter meinem Rechner verstecken und mit Zahlen jonglieren. Teilweise mit ziemlich großen Zahlen. Egal, ob als Angestellter, als Unternehmer oder als Blogger: Die Arbeit im Internet lag (und liegt) mir.

Schnell entdeckte ich das mysteriöse passive Einkommen, von dem häufig geredet wird. Zwar ist es nicht wirklich passiv, denn von nichts kommt nichts und jede Einnahmequelle versiegt irgendwann, aber immerhin entkoppelte ich den Zusammenhang von Zeit und Geld ein wenig.

Für mich als freiheitsliebenden Menschen ist die Arbeit im Internet ein Segen. Ich verdiene seit neun Jahren genug Geld, um davon gut zu leben und kann mir meine Zeit frei einteilen. Zeitweise arbeitete ich als digitaler Nomade von überall auf der Welt. Auch den Zusammenhang von Arbeitsplatz und Geld hatte ich entkoppelt.

Also, paradiesische Zustände im Internet? Das kann ich nicht bestätigen. Denn was in der einen Situation ein Segen ist, wird in der anderen zum Fluch. In den letzten neun Jahren habe ich auch die Schattenseiten kennengelernt. Manche aus eigener Erfahrung, andere aus Beobachtung meines Umfelds. Da viele Menschen Online-Jobs romantisieren, möchte ich Gründe aufzeigen, die dagegen sprechen, dein Geld im Internet zu verdienen.

1. Das Internet kennt keinen Feierabend

In meinem ersten Job als Online Marketer rief ich auch abends meine E-Mails ab und prüfte die Werbekonten von Google AdWords. Schließlich geht am Abend besonders viel Geld über den virtuellen Ladentisch. Später als Agenturchef machte ich das sowieso. Auch viele unserer Mitarbeiter riefen zu Hause ihre E-Mails ab und checkten die von ihnen betreuten Social-Media-Konten. Das mussten sie nicht, aber ich hielt sie auch nicht davon ab.

Als Blogger ist es heute noch etwas schlimmer. Zwar arbeite ich weniger als früher, aber es gibt kein definiertes Ende. Abends geschehen im Internet noch so viele Dinge, die ich für interessant halte. Im Blog trudeln Kommentare ein, bei Facebook sammeln sich die Gefällt-mir-Angaben und bei amazon verkaufen sich die Bücher. Das alles nicht ständig im Auge zu behalten, erfordert größte Selbstdisziplin. Ich habe sie nicht.

Wenn du online arbeiten möchtest, finde dich damit ab, dass du selten offline bist. Dein Leben spielt sich noch mehr im Netz ab. Das Smartphone oder den Laptop beiseite zu legen wird schwer.

Arbeiten im Internet

2. Du rennst Metriken hinterher, die nichts bedeuten

Je erfolgreicher ein Tag für mich verläuft – ein Artikel wird mehrfach geteilt, ich veröffentliche ein Buch o. ä. – desto unproduktiver ist der Tag. Ich vertrödele dann unendlich viel Zeit damit, meine Google-Analytics-Daten anzuschauen, Likes zu zählen, Kommentare zu beantworten und Verkäufe auszuwerten. Dieses Phänomen kenne ich nicht nur als Blogger. Auch im Online Marketing wimmelt es nur so vor Statistiken. Es ist schwer, mich davon zu lösen, denn diese Daten fühlen sich wichtig an.

Allerdings bedeuten sie nichts! Was ist schon ein Like, ein Besucher, der nach zehn Sekunden wieder geht oder ein Newsletter-Abonnent, der meine E-Mails nie öffnen wird? Das alles hat keinen Wert. Kurzfristige Erfolge verpuffen genauso schnell wie sie kommen. Der wahre Erfolg lässt sich erst nach Jahren ablesen und er kommt nicht daher, täglich die Statistiken auszuwerten, sondern durch die eigentliche Arbeit.

3. Du siehst keine Ergebnisse

Abgesehen von diesen Statistiken siehst du nicht die Früchte deiner Arbeit. Du starrst den ganzen Tag auf den Bildschirm und klappst den Laptop am Abend zu, in deinen Händen hältst du allerdings nichts. Du siehst nicht einmal die Reaktionen deiner Leser und Kunden. Sie schreiben mal einen dankbaren Zweizeiler, aber ihre Emotionen kannst du dadurch nur erahnen. Diese Distanz zwischen der Arbeit und dem Ergebnis ist unbefriedigend. Wir machen und machen, aber jeder Tag endet, wie er begonnen hat.

Menschen brauchen den direkten Kontakt zu den Früchten ihrer Arbeit. Deshalb liegen Tätigkeiten wie Nähen, Basteln, Bauen, Gärtnern und Kochen im Trend. Je mehr wir uns vom Ergebnis unserer Arbeit entfernen, desto mehr Ausgleich suchen wir in unserer Freizeit.

4. Es gibt unzählige Ablenkungen

Wer im Internet arbeitet, ist nur einen Mausklick entfernt von Verlockungen wie Facebook, Instagram, Youtube, Nachrichten und Spielen. Es ist möglich, einen ganzen Tag zu vertrödeln, ohne eine nennenswerte Aufgabe zu erledigen. Viele Onliner nutzen deshalb Tools, um sich vor diesen Verlockungen zu schützen. Sie verstehen, dass sie ihnen ohne Unterstützung erlegen sind. Arbeit im Internet ist folglich häufig unproduktiv und das ist am Abend sehr unbefriedigend.

Ich kenne dieses Problem selbst. An manchen Tagen läuft bei mir nicht viel zusammen, da ich durch Facebook, E-Mails, Statistiken und Nachrichten abgelenkt werde. Anfang des Jahres unternahm ich einen Versuch davon loszukommen. Seitdem rufe ich keine Nachrichten mehr ab, doch meine E-Mail- und Facebook-Nutzung ist kaum besser geworden.

5. Du sitzt den ganzen Tag

In westlichen Gesellschaften bewegen sich die Menschen viel zu wenig. Das liegt in erster Linie an ihren Jobs. Während die meisten Berufe früher viel Bewegung erforderten, ist es heute umgekehrt. Wer sein Geld im Internet verdient, sitzt den ganzen Tag auf einem Stuhl (oder liegt auf dem Sofa). In unserer Umfrage erkennen das 40 Prozent der Leser als ein Problem. Zwar können wir das durch Sport und bewusste Bewegung im Alltag ausgleichen – allerdings tut das kaum jemand. Auf diese Weise kann ein Online-Job körperlich krank machen.

Arbeiten im Internet

6. Niemand versteht, was du tust

Wenn du nicht gerade in einer Blase mit anderen Onlinern lebst, wird kaum jemand verstehen, was du tust. Freunde werden sich selten für deine Arbeit interessieren, weil sie für sie zu abstrakt ist. Deine Familie wird immer wieder fragen, wann du endlich etwas Richtiges machst. Klar, damit kann man leben. Aber schön ist es nicht, vom Arbeitsalltag der anderen so abgekapselt zu sein.

Mich trifft es ganz gut, da ich bereits so lange im Internet arbeite, dass ein großer Teil meines Bekanntenkreises sich aus solchen Leuten speist. Ich lebe in der Internetblase.

7. Es gibt keinen Mittelstand

Das Internet neigt zur Monopolbildung. In jeder Branche setzen sich nur wenige große Player durch. Es gilt das ABBA-Prinzip: The Winner Takes It All. Für die anderen bleiben nur Krümel übrig. Das gilt nicht nur für Suchmaschinen, soziale Netzwerke und Schuhversender, sondern genauso für kleine Nischen. Deutlich wird es bei Reisebloggern. Es gibt mittlerweile viele Hundert Blogs, aber nur wenige, die mehr als ein Taschengeld verdienen. Wenn du in deiner Branche nicht mindestens in die Top 10 gehörst (besser Top 5), wirst du nicht durchhalten können. Über diesen Gedanken habe ich ausführlich bei Let’s See What Works geschrieben.

8. Du bist abhängig von Monopolen

Nicht nur, dass du selbst zum Monopol (oder Oligopol) werden musst, du machst dich auch von anderen Monopolen abhängig. Wenn du mit deinem Online Business bei Google keine Rolle spielst, hast du in den meisten Fällen kein Online Business. Ziehst du deinen Traffic eher aus sozialen Netzwerken, entscheidet der Facebook-Algorithmus über deinen Erfolg. Als Blogger bist du zusätzlich abhängig von den großen Bloggern in deiner Nische. Lassen die dich mitspielen?

Arbeiten im Internet

9. Die Wertschöpfung ist meist gering

Es gibt Internetunternehmen, die die Welt verändern. Wir alle kennen und nutzen sie. Aber es sind sehr wenige. Im Gegenteil: Die Wertschöpfung ist im Internet häufig gering. Das mag auch an der Monopolbildung liegen. Die größten Player einer Branche schaffen Werte, aber alle Me-Too-Anbieter werden nicht gebraucht. Schon der fünfte Blog in einer Nische stiftet kaum noch Mehrwert.

Selbst die Marktführer – ob Blogs, Online Shops oder Dienstleister – schaffen häufig keine großen Werte, was sich in ihrem Gewinn niederschlägt. Viele etablierte Blogger und Unternehmer wechseln deshalb das Geschäftsmodell, indem sie andere Menschen darin coachen, wie sie im Internet erfolgreich werden (könnten).

10. Deine Leistung ist vergleichbar

Im Internet gibt es wenige Ineffizienzen, denn der Markt ist ziemlich transparent. Dadurch werden Produkte und Leistungen vergleichbar. Somit steht häufig der Preis im Mittelpunkt der Kaufentscheidung. Das spüren vor allem Online Shops, die gegen amazon oder Zalando nur über günstigere Preise (oder sehr spezielle Nischen) einen Stich sehen. Aber Freelancer trifft es genauso, die nun mit Selbständigen aus aller Welt konkurrieren, aber deren Preise nicht unterbieten können. Aus der Preisspirale kannst du nur entkommen, wenn du besser bist als die anderen. Aufgrund der Monopolbildung gibt es jedoch immer nur wenige Player, die gut genug sind, um sich abzuheben.

Heute mag ich meine Online-Jobs immer noch. Angesichts meiner Fähigkeiten würde ich sie vermutlich immer wieder wählen. Aber ich bin nicht mehr so euphorisch wie früher, denn im Internet zu arbeiten bringt nicht nur Freiheit mit sich, sondern auch eine Reihe von Herausforderungen. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass ich seit neun Jahren online arbeite und wir nun bei Healthy Habits über Sinnsuche, Burnout, echte Dinge, Digital Detox, ein einfaches Leben und mehr Bewegung im Alltag schreiben. Das sind unsere eigenen Herausforderungen und sie stammen zumindest teilweise aus unserem digitalen Lifestyle.

Das alles muss nicht bedeuten, die Finger von Online-Projekten zu lassen. Ich möchte dich von nichts abhalten, das dein Leben verbessern könnte. Aber sei dir bewusst, dass ein unabhängiger Job und ein passives Einkommen auch Schattenseiten haben, die du erst siehst, wenn du mittendrin steckst.

Passend dazu: Was es (wirklich) bedeutet, im Internet sein eigenes Ding zu machen

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