Hier kannst du dir den Beitrag anhören
Seit ich nicht mehr jeden Tag ins Büro gehe, arbeite ich meistens in meinem Wohnzimmer. Wenn ich einen Tapetenwechsel brauche, besuche ich auch mal ein Café und lasse mich für einige Stunden dort nieder. Ich kann arbeiten wo ich will, denn mehr als einen Laptop brauche ich nicht. Doch diese Freiheiten zu haben, ist nicht nur schön. Es ist auch schwierig, denn motivieren muss ich mich allein und das klappt nicht immer.
Manchmal treffe ich andere Selbständige, die darüber staunen, was ich alles schaffe. Seit Jahren schreibe ich regelmäßig Texte für meine Blogs, bringe ungefähr zwei Bücher im Jahr heraus und darüber hinaus noch Rezeptsammlungen und Online-Kurse. Nach außen wirke ich (oder wir) vielleicht wie eine Produktivitätsmaschine. Nach innen sieht das jedoch anders aus. Es gibt ganze Tage, an denen ich nichts schaffe. In den letzten Wochen hatte ich einige davon.
Selbstmotivation ist eine der ganz großen Herausforderungen, wenn man selbständig zu Hause arbeitet. Andere Menschen, die lange davon geträumt haben endlich selbständig an ihrer Leidenschaft arbeiten zu können, werden davon häufig kalt erwischt. Dabei finde ich das heute ganz normal, denn nichts ist leichter, als in meinen eigenen vier Wänden meine Zeit zu vertrödeln. Es gibt unzählige Dinge, die mich von der Arbeit abhalten können, weil sie kurzfristig attraktiver wirken, als mich geistig zu verausgaben. Wie das aussehen kann, habe ich zugespitzt mal in diesem Artikel dargestellt: Ein Tag im Home Office.
Zum Glück finde ich mit der Zeit immer besser heraus, was meiner Produktivität gut tut. Inspiriert durch den Artikel „How to be productive without being miserable“ habe ich mal überlegt, was meine produktivsten Tage gemeinsam haben. Auffällig ist dabei, dass mein Verhalten am Vorabend und am frühen Morgen am wichtigsten sind.
Im Folgenden liest du mein bewährtes Vorgehen für einen produktiven Tag im Home Office:
1. Ich räume die Wohnung auf
Ich kann es nicht leiden, wenn sich in der Küche das dreckige Geschirr stapelt und die Fruchtfliegen über dem Mülleimer ihre Kreise ziehen. Auch wenn ich diese Unordnung beim Arbeiten nicht sehe, weiß ich, dass sie da ist und ich weiß, dass ich sie irgendwann beseitigen muss. Um nicht die ganze Zeit daran zu denken, muss ich zunächst aufräumen.
Doch ein Tag, der mit aufwendiger Hausarbeit beginnt, wird nicht mehr produktiv, denn ich verliere dabei meinen Tatendrang. Deshalb erledige ich nach Möglichkeit alles am Vorabend. Bevor ich ins Bett gehe wasche ich ab, bringe ggf. den Müll raus und sorge grundsätzlich für Ordnung. So gibt es am frühen Morgen nichts, das mich belasten könnte.
2. Ich schreibe alle Aufgaben auf
An einem produktiven Tag weiß ich schon vor der Arbeit, was ich den Tag über machen werde. Dazu erstelle ich am Vortag eine Liste der anstehenden Aufgaben. Ich schreibe alles auf, was ich erledigen möchte, damit ich es nur noch abzuarbeiten brauche.
Komplexe Aufgaben breche ich nach Möglichkeit in Details herunter. Würde auf meiner Liste nur „Artikel schreiben“ stehen, hätte ich morgens keine Lust damit anzufangen. Die Aufgabe würde zu überwältigend wirken. Stattdessen gliedere ich das To Do in Teilaufgaben: Recherchieren, Strukturieren, Rohfassung schreiben, Korrektur lesen, Formatieren, Fotos auswählen und Einsprechen. Diese überschaubaren Aufgaben kann ich später gut abhaken. Eine „Erledigt-Liste“ mit vielen Häkchen gibt mir das Gefühl, etwas geschafft zu haben, was mich bei Laune hält.
3. Ich nehme mir nicht zu viel vor
Wir alle unterschätzen, was wir innerhalb eines Jahres schaffen können, z. B. zwei Bücher schreiben, Online-Kurse veröffentlichen etc. Aber wir überschätzen häufig, was wir innerhalb eines Tages schaffen können. Das ist ungünstig für die Produktivität, denn wenn ich schon morgens von meinen Aufgaben erschlagen werde, fange ich gar nicht erst an.
Daher nehme ich mir nicht zu viel vor. Sollte ich schon nach vier Stunden fertig sein, genieße ich den Rest des Tages anderweitig. Vier Stunden produktiv gearbeitet zu haben ist eine gute Leistung! Viele Angestellte schaffen in ihren Jobs auch nicht mehr, müssen aber länger im Büro bleiben. Habe ich nach vier Stunden trotzdem noch Lust weiterzuarbeiten, suche ich mir eine neue Aufgabe. Es gibt schließlich immer etwas zu tun.
4. Ich gehe zeitig ins Bett
Um produktiv arbeiten zu können, muss ich gut ausgeschlafen sein. Wenn ich morgens kaum aus den Augen gucken kann, wird’s auch nichts mit der Arbeit. Deshalb muss ich am Vorabend zeitig ins Bett gehen, sodass ich sieben bis acht Stunden schlafen kann. Meistens werde ich dann schon ohne Wecker wach, da ich gut ausgeruht bin.
5. Ich sorge dafür, dass ich mich wohl fühle
Nach dem Aufstehen tue ich mir gleich etwas Gutes. Zunächst schalte ich gute Musik ein und nehme die Box mit ins Bad. Am wohlsten fühle ich mich frisch geduscht, deshalb beginne ich viele Tage unter der Dusche. Anschließend putze ich mir die Zähne und ziehe mir etwas an. Ich könnte mich nur mit einer Unterhose bekleidet an den Schreibtisch setzen – und habe das oft getan – aber eine richtige Arbeitsatmosphäre kommt nur dann auf, wenn ich vernünftig angezogen bin. So, als würde ich das Haus verlassen.
Anschließend brühe ich mir eine Tasse Kaffee auf und setze mich damit an den Laptop. Wenn ich schon Hunger habe, frühstücke ich gleich. Meistens kommt der Hunger aber erst später oder lässt sich mit der Tasse Kaffe eine Weile aufschieben, sodass ich mich gleich an die Arbeit mache.
6. Ich schaffe eine ruhige Umgebung
Um produktiv zu arbeiten, brauche ich eine ruhige Umgebung. Die morgendliche Musik stelle ich leiser oder ganz aus. Ich achte darauf, dass in meinem Umfeld keine unnötigen Dinge herumliegen, denn Unordnung fühlt sich unruhig an.
In manchen Phasen, wenn die Ablenkungen durch Social Media, E-Mails und Statistiken wieder Überhand nehmen, erlege ich mir bis zum Mittag ein Verbot auf, diese Dinge zu checken. Ich will mich ganz auf die Arbeit konzentrieren können.
7. Bonus: Ich arbeite mit jemandem zusammen
An bis zu drei Tagen in der Woche arbeite ich mit Jasmin zusammen – mal bei ihr, mal bei mir. Diese Tage beginnen für gewöhnlich anders als meine produktiven Solo-Tage. Wir starten mit einem (sehr) ausgiebigen Frühstück, bevor wir an die Arbeit gehen. Durch das Frühstück und die Mittagspause arbeiten wir im Durchschnitt nur etwa fünf bis sechs Stunden – aber diese sind sehr produktiv. Denn wenn Jasmin bei mir zu Hause ist, fange ich nicht an die Wohnung zu putzen, Blumen zu gießen, Bücher zu lesen oder Serien zu gucken. Ich vertrödele auch weniger Zeit bei Facebook und anderen Zeitfressern.
Zu zweit zu arbeiten reicht allerdings nicht aus, um produktiv zu sein. Die meisten der oben genannten Verhaltensweisen muss ich trotzdem beibehalten: Ich muss genug geschlafen und meine Wohnung aufgeräumt haben, mich wohl fühlen und wissen, welche Aufgaben anstehen. Je mehr dieser Gewohnheiten ich umsetze, desto höher ist die Chance auf einen produktiven Arbeitstag.
Foto: Architekt von Shutterstock
Hi Patrick,
Sehr guter Artikel bei dem ich mich überall wiederfinde – habe ihn auch auf meiner Facebook-Seite geteilt.
Was mir vor allem aufgefallen ist: Wenn die To-Do-Liste zu lang ist, dann macht man gar nichts :) Dieser Berg ist so groß, dass man nicht mal den ersten Schritt macht. Deshalb finde ich deinen Tipp mit den „Kleinen Teilen“ sehr wichtig.
Mark Twain empfahl das übrigens auch: Er sagte, man müsse ein Buch in so kleine Teile wie möglich zerhacken – dann hat man keine Angst mehr davor ;)
Viel Erfolg im Home Office :)
LG, Walter
Hallo Walter,
genau, wir haben deshalb verschiedene Listen für Healthy Habits. Wir haben eine „diese Woche“-Liste und dann noch Aufgaben, die wir jede Woche neu bewerten. Die werden dann in die neue Woche rübergezogen oder gelöscht. Als das noch mehr vermischt war, ist es sehr demotivierend gewesen.
Viele Grüße
Patrick
Hallo Patrick,
ein klasse Artikel, in dem ich mich in einigen Dingen selbst wieder gefunden habe! Danke dir.
Ich teste gerade zusätzlich mit einem fünf minütigen „Productivity-Journal“ als abschließende Routine für den Tag. Das soll laut Experten die Produktivität um 23% steigern.
Dabei stellt man sich am Ende des Tage am besten kurz bevor man das Notebook zuklappt diese Fragen: Was habe ich heute geschafft? Was hat heute nicht funktioniert? Was sind morgen die 3 wichtigsten Dinge, die es zu erledigen gibt?
Nebenbei noch ein Buchtipp, den ich als „Produktivitäts-Nerd“ empfehlen kann: „The Productivity Project“ von Chris Bailey. Darin war besonders interessant zu lesen, dass er bei einem Eigenversuch bemerkte, dass er in einer 60 Stundenwoche nur geringfügig mehr erledigte als in einer 20 Stundenwoche…
V.G.
Tobias
Hallo Tobias,
danke für deine Tipps! Ich kann mir vorstellen, dass sich ein Produktivitätsjournal vor allem gut anfühlt. Deshalb mag ich auch „erledigt-Listen“, auf denen ich am Ende des Tages noch alle abgehakten Aufgaben sehe.
Ich glaube auch sofort, dass man in einer 60-Stunden-Woche nicht viel mehr (Sinnvolles) schafft als in einer 20-Stunden-Woche.
Viele Grüße
Patrick
Gern geschehen! Ja, das Produktivitätsjournal hätte ich natürlich als ergänzend zur Taskliste erwähnen sollen ;-)
Viele Grüße
Tobias
Hey Patrick,
Ja, den Tipp mit den kleinen Teilen muss ich mir auch wieder zu Herzen nehmen – gerade beim Artikel schreiben! Danke für die Einblicke :)
Lg, Moni
Hallo Patrick!
Danke für diesen inspirierenden Beitrag. Ich bin zwar nicht selbstständig, aber bei mir steht am Donnerstag meine letzte Klausur an und mit dem Studium geht ja auch sehr viel Eigenverantwortung und Planung einher. Deswegen hatte ich extreme Motivationsprobleme – bis ich deinen Artikel las. Ich habe daraufhin ein paar Dinge für mich genutzt und war heute schon viel produktiver als an allen Tagen davor zusammen, danke dafür!
Auf der einen Seite stelle ich mir eine Selbstständigkeit sehr bereichernd vor, auf der anderen Seite bringt sie, wie ihr auch schon gesagt habt, eine Handvoll negative Aspekte mit sich, die es zu überwinden gibt. Ich finde es bewundernswert, wie reflektiert du an die Sache herangehst und immer nach Selbstoptimierung strebst – mach weiter so!
Liebe Grüße,
Milena
was tun an Tagen, an denen man durchhängt, weil man auf einer langerwarteten Feier war? Ich habe mir nix vorgenommen und vor mich hingemurkelt – irgendwas ist ja immer. Oder hätte ich lieber nur lesen sollen und den Tag komplett ausplanen? Ich war natürlich nicht besonders produktiv, sondern sehr langsam. Und ich habe keine dringende Arbeit erledigt, sondern mal ein paar Ecken geputzt, die seit Jahren unbetrachtet waren. War das die beste Lösung für so einen Tag?
Hallo Viola,
kommt vielleicht darauf an, wie du dich am Ende des eher unproduktiven Tages gefühlt hast. Hat er sich verschenkt angefühlt (dann hättest du besser lesen und andere angenehme Dinge machen sollen) oder warst du froh, dass wenigstens die Ecken geputzt waren :-)
Nach langen Feiern weiß ich schon, dass ich am nächsten Tag nicht besonders produktiv sein werde, jedenfalls nicht mit meiner eigentlichen Arbeit.
Hallo Jasmin, hallo Patrick,
vor kurzem bin ich auf Euren Blog gestoßen und lese seitdem gerne eure Artikel. Bei dieser Gelegenheit wollte ich einfach mal Danke sagen, für die gewonnenen Denkanstöße. :) Ich mag die Art, wie Ihr schreibt. Macht weiter so!
VG Sepp