Besser streiten – Wie du 5 typische Fehler vermeidest

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Ist Streiten gut oder schlecht für eine Beziehung?

Ich war schon immer fasziniert von Auf-und-ab-Paaren mit heftigen emotionalen Hochs und Tiefs. Bei ihnen fliegen die Fetzen, worauf spektakuläre Versöhnungen folgen. Ihre Beziehung verläuft wie eine Sinuskurve, während andere Paare eine eher gleichförmige, fast langweilige Beziehung führen.

Bisher glaubte ich, dass dieses Auf und Ab nicht gesund sein könne. Es schien mir ein Indiz für zahlreiche Differenzen zwischen den Partnern zu sein. Doch wie ich jetzt gelernt habe, ist die Häufigkeit des Streitens nicht so relevant, wie ich dachte. Vielmehr ist die Art und Weise des Streitens entscheidend:

In Experimenten sollten Pärchen 15 Minuten lang über ein für sie typisches Streitthema diskutieren. Anhand des Wortgefechts prognostizierten die Forscher, ob die Paare sechs Jahre später noch liiert sein würden. Die Treffer-Wahrscheinlichkeit lag bei 83 Prozent.

Es zählt also nicht, wie oft wir uns streiten, sondern wie wir uns streiten, denn unser Streitverhalten spiegelt die Qualität unserer Beziehung wider. Solange wir gut streiten, sind selbst häufige Konflikte kein Problem.

Solange wir gut streiten, sind selbst häufige Konflikte kein Problem für eine Beziehung.

Die richtige Frage lautet daher: Was ist gutes und was ist schlechtes Streiten?

Als die Forscher die Diskussionen der Pärchen analysierten, bemerkten sie fünf fatale Fehler beim Streiten. Diese zeigten sich bei den Paaren, die ein paar Jahre später nicht mehr liiert sein würden.

Bas Kast beschreibt diese fünf apokalyptischen Reiter in seinem Buch „Die Liebe und wie sich Leidenschaft erklärt„, auf dem dieser Artikel basiert und das ich dir zur vertiefenden Lektüre empfehle.

Die meisten von uns kennen diese No Gos des Streitens. Ihre Beziehung ist deshalb nicht automatisch dem Untergang geweiht. Doch in Zeiten von wachsenden Scheidungsraten tut es uns sicher gut, diese nachweislich destruktiven Streitgewohnheiten zu kennen und ihnen weniger Raum zu geben.

1. Kritik (Angriff)

Kritik schleicht sich langsam in eine Beziehung ein. Anfangs verhindert die rosarote Brille, dass wir uns an den Macken des Partners stören. Wir belächeln seine kleinen Schwächen mit liebevoller Güte. Schließlich machen sie ihn irgendwie menschlich.

Doch unsere Ansprüche steigen und verdrängen allmählich die Verknalltheitstoleranz. Luft und Liebe machen Platz für Alltag, Verpflichtungen, Sorgen, Umzüge und Baumarktbesuche. Wir gehen zunehmend hemmungslos mit unserer Kritik um.

Ich nehme mich dabei nicht aus. Schon oft habe ich an mir selbst beobachtet, dass ich den Menschen am meisten zumute, die mir am nächsten sind. Es ist sicher nicht mein bester Persönlichkeitszug, zumal ich selbst nicht besonders gut mit Kritik umgehen kann!

Meine Oma sagte mir kürzlich auf ihre wunderbar ur-sächsische Art und Weise, dass Toleranz das A&O in ihrer inzwischen 60-jährigen Ehe sei. Scheinbar kommt mit steigendem Alter die Toleranz zurück, falls man dann noch ein Paar ist!

„Man muss doch kritisieren dürfen“

Bevor wir das Recht auf Kritik einfordern, sollten wir Folgendes über Kritik in einer Beziehung wissen:

  1. Kritik ist selten auf eine konkrete Verhaltensweise bezogen, sondern oft auf den Partner in seiner ganzen Person: „Du bist ein Egoist!“, „Du kannst einfach nicht zuhören!“ etc. Diese Art von Kritik greift den Partner an und verletzt.
  2. Kritik kommt oft zur falschen Zeit, unter suboptimalen Bedingungen und ist dabei noch nicht einmal sachlich oder konstruktiv. Meistens streiten wir uns, wenn wir müde, ausgehungert oder spät dran sind.
  3. Niemand steckt gern Kritik ein, selbst wenn sie konstruktiv ist. Nur sehr gelassene Menschen können gut mit ihr umgehen.
  4. Meist führt Kritik zur Gegenwehr, womit ein Streit vorprogrammiert ist.

Überlebt eine Beziehung nur, wenn wir keine Kritik äußern und uns nie streiten? Laut Bas Kast gibt es eine bessere Art und Weise, um seiner Unzufriedenheit Ausdruck zu verleihen: konkrete Beschwerden statt Kritik.

Beschweren statt kritisieren

Eine Beschwerde ist konstruktiver als Kritik, da sie sich auf einzelne Verhaltsweisen in konkreten Situationen in der Gegenwart bezieht. Eine Beschwerde lässt dem Partner mehr Raum seinen Fehler einzugestehen. Den Ausgangspunkt bilden unsere Gefühle. Diese kann niemand abstreiten.

Beispiele für Kritik:

  • „Den ganzen Abend hast du nur von dir geredet. Du interessierst dich nur für dich selbst.“
  • „Nie denkst du mit!“
  • „Du hast mich noch nie ernst genommen!“ (unkonkret, übertreibend, persönlich, auf Vergangenheit/Zukunft bezogen)

Beispiele für Beschwerden:

  • „Du hast während des Essens nur von dir und deiner Arbeit geredet. Das ärgert und verletzt mich.“
  • „Es bringt mich in Schwierigkeiten, dass du das Geschenk vergessen hast.“
  • „Ich fühle mich nicht ernstgenommen, wenn ich dir von meiner Arbeit erzähle.“ (konkret, Ich-Botschaft, ehrlich, an Gegenwart orientiert)

Zugegebenermaßen klingen die Beschwerden etwas künstlich, fast wie aus einer Paartherapie mitgeschrieben. Das zeigt, wie wenig wir es gewöhnt sind, ordentliche Beschwerden zu formulieren. Pauschale Kritik geht viel leichter über die Lippen. Die aktiviert aber genauso leicht den Verteidigungsmodus des Partners.

2. Verteidigung

Verteidigung ist ein logischer Reflex. Wir wollen Kritik schnellstmöglich zurückweisen oder uns rechtfertigen. Wir sagen dann z. B.: „Na aber ich dachte…“ Manchmal holen wir auch zum Gegenschlag aus, schließlich ist Angriff die beste Verteidigung. Dann sagen wir z. B.: „Ja, aber dafür hast du …“

Verteidigung soll ablenken und beweisen, dass wir nichts falsch gemacht haben. Sie impliziert, dass unser Partner Unrecht hat. Kein Wunder, dass er sich so aufregt!

„Man wird sich doch noch verteidigen dürfen“, denkst du jetzt vielleicht. Laut Bas Kast ist diese Sichtweise richtig und falsch zugleich, denn der Verteidigungsinstinkt ist natürlich und verständlich.

Wenn ein Partner den Streit gewinnt, verliert die Beziehung.

Doch wir sollten bedenken: Wenn ein Partner den Streit gewinnt, verliert die Beziehung.

Recht zu behalten mag ein persönlicher Triumph sein, doch das Miteinander bleibt mit einer kleinen Narbe zurück. (Einige Tipps zum Nachgeben und zum gelasseneren Umgang mit deinem Partner findest du auch in diesem Beitrag.)

Wenn der Partner Kritik (oder eine Beschwerde) äußert, können wir eigentlich froh sein. Es zeugt von Vertrauen und Interesse an der Partnerschaft. Er hat sich für die Konfrontation entschieden, statt eine mir-egal-Haltung anzunehmen, sich zurückzuziehen oder innerlich zu verabschieden.

Daher ist es ein Reflex, aber nicht zielführend, sich schnellstmöglich herauszuwinden. Wir müssen das Problem lösen, auch wenn es für uns keines darstellt oder wir glauben unschuldig zu sein.

Manchmal hilft es die Diskussion zu vertagen. Auch die Art und Weise der Kritik kann man noch besprechen, wenn sich die Wogen geglättet haben.

3. Verachtung

Unausgesprochene bzw. ungelöste Konflikte sind ein Nährboden für Verachtung. Zuerst nur in unserem Kopf. Irgendwann bahnt sie sich den Weg nach draußen und äußert sich beim Streiten in Form von Spott, Zynismus und Sarkasmus.

Typische verächtliche Äußerungen sind: „Kannst du nicht einmal etwas Sinnvolles tun?“, „Ich bin wenigstens nicht so … wie du.“ oder „Du schaffst es ja nicht einmal, …“

Statt Probleme zu lösen, reißt Verachtung Wunden auf. Sie ist respektlos, erniedrigend und herabschauend. Diesen apokalyptischen Reiter wieder zu verbannen, ist nicht leicht. Deswegen sollten wir besonders wachsam sein, wenn sich solche Gedanken breit machen.

4. Rückzug

Besonders Männern wird nachgesagt, dass sie sich beim Streiten gern zurückziehen und mauern. Während sie sich aufregt und das Problem ausdiskutieren will, legt er sich wortlos auf die Couch und schaltet den Fernseher ein.

Auch ich als weiblicher Part verfalle manchmal wie ein erschrockenes Eichhörnchen in Schockstarre und sage nichts mehr.

Sowohl Überforderung als auch Diskussionsmüdigkeit sind verständlich, aber dennoch kontraproduktiv. Jede Form von Rückzug zeugt von Desinteresse an der Beziehung und gehört deshalb zu den apokalyptischen Reitern. Es ist dem mauernden Partner egal, dass der andere sich machtlos fühlt.

5. Machtdemonstration

Manchmal erreicht ein Streit den Punkt, an dem ein Partner sich über den anderen stellt. Seine Macht demonstriert derjenige dann mit „Ich mache, was ich will“, „Basta“ oder „Ich bin hier derjenige, der…“

„Ich mache, was ich will“ heißt „Ich interessiere mich nicht für dich“. Dabei bedeutet eine Beziehung gerade Kompromisse einzugehen.

Machtdemonstrationen sind deshalb kontraproduktiv, denn sie tragen nichts zur Problemlösung bei und signalisieren Desintersse. „Ich mache, was ich will“ heißt „Ich interessiere mich nicht für dich“. Dabei bedeutet eine Beziehung gerade Kompromisse einzugehen.

Streitgewohnheiten, die der Beziehung gut tun

Du weißt jetzt, wie Paare streiten, die bald darauf getrennte Wege gehen. Wahrscheinlich willst du diese Fehler künftig vermeiden. Lass uns daher zusammenfassend auf die Frage vom Anfang zurückkommen: Was ist gutes Streiten?

Gutes Streiten bedeutet Folgendes:

  1. Wachsam gegenüber dem eigenen Verhalten sein
  2. Konkrete Beschwerden statt pauschale Kritik
  3. Streit vertagen statt Rückzug oder Eskalation
  4. Verachtung und Machtdemonstration vermeiden

Wenn deinem Partner und dir an der Beziehung gelegen ist, dürfte besseres Streiten für euch beide Priorität haben.

Die besten Chancen habt ihr, wenn ihr euch beide über die fünf apokalyptischen Reiter im Klaren seid und euch gegenseitig daran erinnert.

Zur Erinnerung kann auch ein Klebezettel am Kühlschrank hängen:

Es geht nicht ums Rechthaben, sondern ums Zusammenbleiben.


Lesetipp: „Die Liebe und wie sich Leidenschaft erklärt“ von Bas Kast

Foto: Genervtes Paar von Shutterstock

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