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Mein Freund Marcus verdient sehr gut, aber er wird wahrscheinlich nie frei sein. Im Studium gründete Marcus sein erstes Unternehmen und steckte anfangs jeden Cent in die Firma. Er lebte von Bafög, dem Kindergeld seiner Eltern und einem Nebenjob beim Gebrauchtwagenhändler. Dort wusch er jede Woche Autos. Zum Leben blieb ihm nicht viel, oftmals ernährte er sich nur von Toastbrot mit Schinken und Käse. Das Unternehmen ging vor.
Die Anfangszeit war hart, doch sie sollte sich auszahlen. Marcus ist geschickt darin, Menschen von sich zu überzeugen. Er gewann einen Kunden nach dem anderen für die Firma, sodass sein Geschäftspartner und er sich bald ein regelmäßiges Gehalt auszahlen konnten. Je nachdem, wie gut das Geschäft lief, entnahm er zwischen 5.000 und 10.000 Euro im Monat. Die junge Familie – Marcus ist verheiratet und hat mittlerweile zwei Kinder – lebte davon sehr gut. Sie bezog eine 150 qm große Wohnung, kaufte ein Segelboot, teure Fernseher, Digitalkameras und Lederjacken von Armani. Jeden Tag gingen die vier auswärts essen. Morgens, mittags und abends. Das Auto ist finanziert, das iPad und das 6.000 Euro teure Bett auch.
Je mehr Geld Marcus verdiente, desto mehr gab er aus. Am Monatsanfang dachte er kaum über Konsumentscheidungen nach. Erst wenn sich der Kontostand drei Wochen später auf die Null zubewegte, lebte er etwas sparsamer. Doch bald wurde aus der schwarzen Null ein rotes Minus. Als am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig war, rutschte Marcus regelmäßig in den Dispo. Bis letztes Jahr war es für ihn normal, bei der Bank mit 4.000 Euro in der Kreide zu stehen. Die monatlichen Zinskosten schätzt er auf 100 Euro. Marcus empfand diese Gebühren jedoch nie als Verlust. Seine Einstellung zum Geld ist pragmatisch: Es befindet sich nur im Umlauf und wird zu ihm zurückkehren.
Marcus ist ein tüchtiger Unternehmer, deshalb kam das Geld tatsächlich zu ihm zurück. Allerdings musste er ständig neue Kunden akquirieren, um seine Mitarbeiter zu bezahlen und seinen eigenen Lifestyle zu finanzieren. Der Druck war groß. Jeden Monat strampelte er sich ab, doch egal wie viel Geld er einnahm, am Monatsende war es wieder weg. In diesem Hamsterrad zu strampeln, war für Marcus zunehmend unbefriedigend. Mit seinem Geschäftspartner lag er nicht mehr auf einer Wellenlänge. Den Kunden verkaufte er stets die gleichen Leistungen, oft nicht jene, die er eigentlich verkaufen wollte. Doch der Geldfluss durfte nicht versiegen, denn Marcus hatte keine Rücklagen. Schlimmer noch, er hatte Schulden. Konsumschulden. Deshalb musste es immer weitergehen.
Was Marcus trieb: die Lifestyle-Inflation
Trotz Einnahmen von bis zu 10.000 Euro im Monat gelang es Marcus nicht, Rücklagen zu bilden. Seine Ausgaben passten sich stets seinen Einnahmen an. Dieses Phänomen nennt sich Lifestyle-Inflation und ist ein ungeschriebenes Gesetz der Konsumgesellschaft: Wer mehr Geld zur Verfügung hat, konsumiert mehr. Kaum jemand ist davor gefeit. Die Lifestyle-Inflation lässt sich am besten in Lebensphasen beobachten, in denen die Einkommen der Menschen sprunghaft ansteigen, zum Beispiel nach dem Studium. Im ersten richtigen Job haben sie plötzlich mehr Geld zur Verfügung und brauchen nicht lange, bis sie ihre Ausgaben anheben. Obwohl viele von ihnen später das Studium als die beste Zeit ihres Lebens bezeichnen werden, wollen sie nicht mehr wie Studenten leben. Sie mieten eine eigene Wohnung, kaufen neue Möbel, einen größeren Fernseher, ein sportliches Fahrrad, ein Auto, machen teure Urlaube und essen nicht mehr im Dönerbistro, sondern im Restaurant.
Viele dieser Ausgaben scheinen jetzt „notwendig“ zu sein. Diese jungen Menschen wissen nicht mehr, wie sie einmal mit so wenig Geld auskommen konnten, wie im Studium. Sie gewöhnen sich schnell an die neue Lebensweise und arbeiten praktisch nur noch dafür, diese zu finanzieren. Doch was eben noch Luxus war, ist sofort zur Normalität geworden. Jetzt wollen sie noch mehr, denn das Potential an Wünschen ist unendlich. Die Industrie vermittelt ihnen, dass sie weitere, neuere und hochwertigere Produkte brauchen. Ihr Umfeld besteht nicht mehr aus Studenten, die unter dem Existenzminimum leben, sondern aus Menschen, die Karriere machen und sich größere Autos und Eigentumswohnungen kaufen, Häuser bauen und in den Urlaub auf die Malediven fliegen. Sie sind der neue Maßstab.
Meine Erfahrung mit der Lifestyle-Inflation
Unmittelbar nach dem Studium hielt sich die Inflation bei mir noch in Grenzen. Ich verließ mein Elternhaus, um nach Leipzig zu ziehen. In meinem ersten Job betrug mein Gehalt lediglich 1.000 Euro brutto im Monat zuzüglich eines kleinen Bonus. Davon blieben mir etwa 850 Euro netto. In meiner Wohngemeinschaft zahlte ich weniger als 200 Euro für Miete, Strom und Internet. Das Fitnessstudio zog jeden Monat 25 Euro von mir ein. Dazu kam ich für eine Haftpflichtversicherung und einen Handyvertrag auf. Nach diesen Fixkosten blieben mir 600 Euro zum Leben. Damit kam ich gut zurecht.
Es dauerte nicht lange, bis mein Einkommen anstieg. Einmal im Quartal erhielt ich eine moderate Gehaltserhöhung. Dazu hatte ich mir ein nebenberufliches Gewerbe aufgebaut. Nach einem Jahr dürfte ich jeden Monat mehr als 3.000 Euro brutto verdient haben. Nach zwei Jahren war es noch deutlich mehr. Meine Ausgaben stiegen ebenfalls. Ich bezog eine eigene Wohnung und musste nun Miete, Strom, Internet und GEZ selbst bezahlen. Ich hatte mir ein Budget gesetzt und zog trotzdem in eine teurere Wohnung. Außerdem hatte ich nun eine Hausratversicherung, drei Zeitungsabos und ein iPhone mit Datentarif. Ich wechselte in ein besseres Fitnessstudio, für das ich nun 55 Euro im Monat zahlte. Ich ging häufiger in Restaurants essen, verbrachte viel Zeit in Cafés, kaufte DVDs, die ich mir nie ansah und Bücher, die ich nie las. Jedes Jahr machte ich mindestens eine große Fernreise. War ich einst mit 850 Euro ausgekommen, brauchte ich nun mindestens doppelt so viel. Später sollte es noch mehr werden.
Vor zwei Monaten begann ich, meine Ausgaben aufzuschreiben. Das hatte ich schon länger nicht mehr getan. Seitdem weiß ich, dass ich einschließlich meiner privaten Krankenversicherung etwa 2.000 Euro im Monat ausgebe. Eigentlich noch mehr, denn ich unterliege dem sogenannten Hawthorne-Effekt. Dieser besagt, dass sich ein Verhalten schon dadurch ändert, dass es beobachtet wird.1 Das heißt, seitdem ich meine Ausgaben aufschreibe, bin ich sparsamer geworden. Vermutlich hatte ich bis dahin etwa 2.300 Euro im Monat ausgegeben. Das ist zufällig ziemlich genau der Betrag, den ein durchschnittlicher Vollzeit arbeitender Single in Deutschland netto zur Verfügung hat.2 Bei einem durchschnittlichen Gehalt und meinem bisherigen Konsumverhalten würde folglich am Monatsende nichts übrig bleiben.
Doch auch wenn ich überrascht bin, wie viel Geld ich zum Leben „brauche“, so hat sich die Lifestyle-Inflation bei mir nicht vollständig entfalten können. In den letzten zehn Jahren stiegen meine Ausgaben nie so stark wie meine Einnahmen, denn im Grunde meines Herzens bin ich ein sparsamer Mensch. Zum Glück. Denn sonst ginge es mir wie Marcus, der stets von der Hand in den Mund lebte und seinem konsumgetriebenen Hamsterrad nicht entkam.
Mehr Konsum macht nicht glücklich …
Von Marcus’ Nettoeinkommen blieb nichts übrig, deshalb war er stets auf die nächste Auszahlung angewiesen und von seinen Kunden abhängig. Er konnte nicht selbst entscheiden, wofür er seine Lebenszeit und Lebensenergie aufwendet. Eine solche Lebensweise würde mich auch unglücklich machen.
Doch selbst, wenn wir nicht an einen Job gefesselt sind, sondern mit einem Haufen Geld überschüttet werden, macht es uns nicht zufriedener, dieses Geld auszugeben. Jasmin erzählte in ihrem letzten Artikel von zwei Lottogewinnerinnen, die nach dem vermeintlichen Segen Klamotten, Autos und Immobilien kauften, sich die Brüste vergrößern ließen und die Nächte durchfeierten. Glücklich machte sie das alles nicht. Beide sagten später, der Lottogewinn hätte beinahe ihr Leben zerstört. Wahlloser Konsum macht eben nicht glücklich.
… mehr Geld aber schon
Wie viel Geld wir besitzen, hat wenig damit zu tun, wie oft wir an einem gewöhnlichen Tag lächeln und wie zufrieden wir sind. Solange wir Geld nur für Konsum ausgeben, fühlen wir uns mit ihm nicht besser als ohne. Wir brauchen etwas, das nach dem Geld kommt. Für manche Menschen – mich eingeschlossen – ist das Unabhängigkeit. Der Blogger Peter Adeney sagt, jeder Dollar, den er nicht ausgibt, trage zu seinem Wohlbefinden bei. Mit Geld kauft er sich die Freiheit, sein Leben so zu gestalten, wie er es möchte, und die Freiheit von der Sorge, nicht genug Geld zu haben.3 Eine Sorge, die fast jeder kennen dürfte. Schließlich sind zwei der größten Ängste der Deutschen, dass die Renten unsicher werden und dass die Lebenshaltungskosten steigen.4 Ein gutes Sicherheitspolster und eine sparsame Lebensweise können diese Ängste eindämmen.
„Vor allem aber verschafft Geld Unabhängigkeit, für mich neben der Gesundheit das größte Privileg.“ – André Kostolany5
Unabhängigkeit war auch der ursprüngliche Antrieb Warren Buffetts, nach Bill Gates der zweitreichste Mensch der Welt6: „Geld konnte mich unabhängig machen. Dann konnte ich mit meinem Leben tun und lassen, was ich wollte. Und das Größte, was ich tun wollte, war nur für mich zu arbeiten. Ich wollte nicht von anderen Leuten herumkommandiert werden. Die Idee, jeden Tag das zu tun, was ich wollte, war sehr wichtig für mich.“7 Sein Geschäftspartner Charles Munger spricht von einer ähnlichen Motivation: „Ich hatte eine beachtliche Leidenschaft dafür, reich zu werden. Nicht, weil ich Ferraris wollte – ich wollte die Unabhängigkeit. Ich wollte sie unbedingt.“8 Beide haben heute mehr Geld, als sie für ihre Unabhängigkeit brauchen. Aber beide sind auch dafür bekannt, unter ihren Verhältnissen zu leben.
Unabhängigkeit ist für manche Menschen ein wichtiger Antrieb, ihr Geld beisammenzuhalten. Viele von ihnen organisieren sich in Communities und brennen hauptsächlich für ein Thema: finanzielle Unabhängigkeit. Sie reduzieren ihren Konsum, um freier über ihre eigene Lebenszeit bestimmen zu können, um Dinge zu machen, die ihnen Freude bereiten und um öfter Nein zu sagen. Ihr höchstes Gut ist Zeit. Von dieser Ressource haben wir alle gleich viel. Niemand kann sich mehr von ihr kaufen. Mit Geld können wir allerdings entscheiden, wie wir unsere Zeit verbringen.
Die Sparquote als Gradmesser für Unabhängigkeit
Häufig assoziieren wir Reichtum mit einem sehr hohen Gehalt. Dabei ist das in vielen Fällen zu kurz gedacht. Manche Menschen verdienen zwar viel Geld, aber geben noch mehr aus. Andere wiederum verdienen weniger und kommen mit noch weniger aus. Mein Freund Marcus entnahm monatlich bis zu 10.000 Euro aus seiner Firma und wendete diese für seinen Konsum auf. Er gab sogar mehr aus, als er einnahm, und machte Konsumschulden. Ein anderer verdient vielleicht nur 2.000 Euro netto, kommt aber mit 1.500 Euro im Monat aus. Derjenige ist freier, als Marcus es je war!
Entscheidend ist nicht allein das Gehalt, sondern welchen Anteil man davon behält: die Sparquote. Sie wird von zwei Variablen beeinflusst: den Einnahmen und den Ausgaben. Beide sind ähnlich wichtig, allerdings möchte ich die Bedeutung der Ausgaben hervorheben, denn ein gesparter Euro ist wertvoller als ein eingenommener Euro. Um einen zusätzlichen Euro in der Tasche zu haben, muss ich fast zwei Euro verdienen, wenn wir Steuern und Sozialabgaben berücksichtigen. Der gesparte Euro ist hingegen schon versteuert und genau einen Euro wert.
Wie viel sollte man sparen?
Das Buch „Der reichste Mann von Babylon“ ist ein Klassiker. Es lehrt den Menschen seit den 1920er Jahren, wie man mit Geld umgeht. Eine der wichtigsten Erkenntnisse dieses Buchs lautet: Bezahle dich selbst zuerst. Demnach solle man am Monatsanfang mindestens 10 Prozent seiner Bruttoeinnahmen zurücklegen und dieses Geld keinesfalls ausgeben. Es ist nur für einen selbst. Die anderen 90 Prozent sind für alle anderen: den Staat, den Vermieter, den Händler, den Lebensmittelproduzenten etc.
Wir Deutschen sparen allerdings nicht einmal diese 10 Prozent. Zwar lag die Sparquote in den letzten Jahren bei etwa 9,7 Prozent – allerdings vom Nettoeinkommen. Aufs Brutto bezogen, dürfte sich die Sparquote eher bei 5 Prozent bewegen.9 Bleiben wir aber beim Nettoeinkommen, da sich das besser rechnet. Wenn wir zehn Prozent unseres versteuerten Einkommens sparen, müssen wir zehn Jahre arbeiten (und sparen), um anschließend ein Jahr frei leben zu können. Hmm. Das klingt nicht nach Unabhängigkeit.
Ist da vielleicht noch mehr drin? Bei einer Sparquote von 20 Prozent müssten wir nur fünf Jahre arbeiten, um eines frei zu sein. Sparen wir sogar 50 Prozent unseres Nettoeinkommens, können wir jedes zweite Jahr ohne Arbeit auskommen. Je höher die Sparquote ist, desto länger können wir über unsere eigene Lebenszeit bestimmen. Aber ist das überhaupt möglich? Kann man so viel sparen?
Ja, kann man. Aber wer 50 Prozent seines Einkommens spart, der spare nicht einfach nur des Geldes wegen, so der Blogger Albert Warnecke. Stattdessen treffe derjenige eine Entscheidung darüber, wie er leben will.10 Mit einer so hohen Sparquote entscheidet man sich bewusst dafür, mit weniger Konsum zufrieden zu sein, sich nicht mit seinen Nachbarn zu vergleichen und nicht jedes Problem mit Geld zu lösen. Stattdessen strebt man nach Freiheit und Unabhängigkeit. Einer, der das macht, ist Oliver Noelting.
Sparsam leben, um frei zu sein
Oliver ist 28 Jahre alt und lebt derzeit in einer kleinen Stadt in England. Dort arbeitet er als Softwareentwickler in einem Industrieunternehmen. Oliver ist einer dieser Menschen, die das Leben als Student in vollen Zügen genossen haben. Mit dem Arbeitsleben wollte er sich nicht so recht anfreunden, deshalb schrieb er sich nach dem Bachelor gleich für den Master ein. Doch irgendwann hatte er auch diesen Abschluss in der Tasche. Damals sorgte er sich vor der Zeit nach dem Studium. Er hatte nichts, worauf er sich wirklich freuen konnte. Er selbst sagt, es sei eine Sinnkrise gewesen.
Durch einen Freund entdeckte er vor dreieinhalb Jahren den amerikanischen Blog Mr. Money Mustache, der von einem Leben in finanzieller Freiheit berichtet. Nachdem Oliver den ersten Text gelesen hatte, konnte er nicht mehr aufhören. Er klickte sich von einem Artikel zum nächsten, bis er alle Inhalte aufgesogen hatte. Anschließend stieß er auf weitere Blogs und las mehrere Bücher. Er hatte ein Ziel gefunden, auf das er sich freuen konnte: finanzielle Unabhängigkeit. Er nahm sich vor, zukünftig besonders sparsam zu leben und die Überschüsse zu investieren.
Olivers vielleicht größtes Glück war, dass er sich dieses Ziel steckte, als er noch wie ein Student lebte. Damals kam er mit 600 bis 700 Euro im Monat aus. Als er seinen ersten Job antrat, wollte er die Lifestyle-Inflation bewusst vermeiden und seine sparsame Lebensweise erhalten. Er dachte sich, was als Student geht, müsse auch im Arbeitsleben funktionieren. Deshalb lebt Oliver bis heute von sehr wenig Geld. Im letzten Jahr betrugen seine Ausgaben kaum mehr als 800 Euro im Monat – einschließlich aller festen und variablen Kosten. Das gelingt ihm, weil er alles ein bisschen kleiner angeht als andere.
Zusammen mit seiner Freundin lebt er in einer Wohngemeinschaft, allerdings keiner schäbigen Studenten-WG, sondern einem gemeinsam mit anderen genutzten Haus, das auf Fotos sehr luxuriös wirkt. Sein Anteil an der monatlichen Warmmiete beträgt 245 Euro. Er fährt nicht Auto, sondern Fahrrad. Anstatt eines iPhones hat er ein altes Handy. Für den privaten Gebrauch nutzt er kein Macbook, sondern kaufte sich einen leistungsfähigen gebrauchten Laptop für 300 Euro. Er kocht meistens selbst, anstatt auswärts essen zu gehen. Seine Hobbys sind Skateboarden, Gitarre spielen, Kochen, Bloggen und Programmieren – alles kostenlos. Damit das konsequente Sparen klappt, führt Oliver ein Haushaltsbuch, denn seine Kosten müsse man aufschreiben, um sie wirklich im Blick zu behalten und sich nicht selbst zu betrügen. Eine Einschätzung, die ich teile.
Als angestellter Softwareprogrammierer hat Oliver etwa 2.100 Euro netto zu Verfügung. Hinzu kommen Beiträge für eine betriebliche Altersvorsorge sowie Einnahmen aus einem kleinen Nebengewerbe. Stellt man Olivers Einnahmen und Ausgaben gegenüber, kommt man für das Jahr 2016 auf eine Sparquote von ziemlich genau 70 Prozent!11 Niemand spart so rigoros, nur um Geld anzuhäufen. Auch für Oliver ist es eine Lifestyle-Entscheidung. Sein Ziel ist nicht, viel Geld zu haben und davon luxuriös zu leben. Für ihn ist Geld nur ein Mittel für einen höheren Zweck. Auf meine Frage, was ihn zu dieser Sparsamkeit antreibt, nannte er drei Gründe:
- Er möchte finanziell frei sein. Seine Arbeit macht ihm zwar Spaß, aber die Aussicht, sein Leben lang täglich acht Stunden für jemand anderen zu arbeiten, ist für ihn nicht motivierend. Er möchte lieber selbst entscheiden, was er mit seiner Zeit anfängt. Deshalb hat er sich vorgenommen, noch vor seinem 40. Geburtstag in Rente zu gehen.
- Mit so wenig Geld auszukommen, ist für ihn eine Herausforderung, die ihm Spaß bereitet. Er macht daraus ein Spiel, bei dem er neue Fähigkeiten lernt – Kochen, Gärtnern, Handwerken –, um mit weniger Geld auszukommen. Dass er seine Erfahrungen in einem Blog aufschreibt, spornt ihn zusätzlich an, besonders konsequent zu sparen.
- Er möchte ökologisch verantwortungsvoller leben, als es die meisten Menschen heute tun. Das heißt, er möchte wenige Ressourcen verbrauchen, nicht ständig neue Dinge kaufen, die bald weggeschmissen werden, und am liebsten regional hergestellte Produkte verzehren.
In seinem persönlichen Umfeld redet er nicht oft über seine Lebensweise. Nicht jeder versteht, warum Oliver so sparsam lebt. Einige Menschen würden seine Entscheidungen auf sich selbst beziehen, sagt er. Sie würden sich dadurch angegriffen fühlen und schnell Argumente finden, warum sie nicht so leben könnten. Er kann sie mittlerweile im Schlaf aufsagen:
- „Mit einer Partnerin funktioniert das nicht.“
- „Mit Kindern funktioniert das nicht.“
- „Die Inflation frisst die Ersparnisse auf.“
- „So zu leben kann man nicht lange durchhalten.“
- „Ich lebe lieber heute, als für morgen zu sparen.“
Auf jeden dieser Einwände findet Oliver Antworten, die er auf seiner Website Frugalisten.de ausführlich erklärt. Er achtet allerdings darauf, den Lesern nicht vorzuschreiben, wie sie leben sollten, sondern nur von sich zu erzählen. Diese persönliche Schreibweise macht den Blog für mich so lesenswert.
Es lohnt sich, früh anzufangen
Vermögen werden in den 20ern aufgebaut, meint der Finanzwesir Albert Warnecke. In seinem Blog schreibt er: „Wer bis 40 seine Siebensachen nicht zusammen hat, braucht nicht mehr von der finanziellen Freiheit zu träumen. Der Zug ist dann abgefahren.“12 Die Gründe dafür sind vielfältig:
Zum einen schlägt die Lifestyle-Inflation in jungen Jahren noch nicht so stark zu. Man hatte weder die Zeit, noch das notwendige Einkommen, um sich einen riesigen Kostenapparat aufzubauen. Mit steigenden Verpflichtungen wird es immer schwerer, Geld zurückzulegen. Spätestens wenn man eine Familie gründet, verschieben sich die Prioritäten. Dieser Effekt ist so groß, dass sogar Warren Buffett ihn erwähnt. Über seinen Geschäftspartner Charles Munger, der zwar auch sehr reich geworden ist, aber viel später begann, Geld anzulegen, sagt Buffett: „Charlie hatte schon früh viele Kinder. Das hinderte ihn daran, unabhängig zu werden. Früh anzufangen, ohne Verpflichtungen, ist ein großer Vorteil.“13
Mindestens genauso wichtig ist der Faktor Zeit. Jemand, der im Alter von 25 Jahren beginnt, jeden Monat 400 Euro zurückzulegen – 20 Prozent von 2.000 Euro Nettoeinkommen – hat nach 10 Jahren 48.000 Euro mehr auf dem Konto als mein Freund Marcus. Der konnte zwar deutlich mehr Geld verdienen, aber keine Rücklagen bilden. Wer erst mit 35 oder 40 Jahren beginnt zu sparen, kann den Rückstand bis zur Rente nicht mehr aufholen. Dafür sorgt auch der Zinseszinseffekt. Legt der sparsame 25-Jährige seine 400 Euro am Aktienmarkt an, verfügt er nach 10 Jahren schon über inflationsbereinigte 65.324 Euro14 Nach 20 Jahren hat er bei einer gleichbleibenden Sparrate bereits 182.309 Euro angespart und seine wahre Macht entfaltet der Zinseszins erst danach. Dem Spätstarter fehlt die Zeit, das jemals aufzuholen.
Es spricht alles dafür, möglichst früh Rücklagen zu bilden. Trotzdem schieben viele junge Menschen dieses Thema vor sich her. Ein Viertel der 20- bis 39-Jährigen legt überhaupt nichts zurück.15 Von Altersvorsorge und Rentenlücke wollen sie nichts wissen. Von finanzieller Freiheit haben sie noch nie gehört. Ich kenne einige Menschen im Alter von 30 bis 40 Jahren, die zwar gut verdienen, aber kaum mehr als ein oder zwei Monate ohne Einkommen überbrücken können. Sie verpassen nicht nur die wichtigste Zeit, um fürs Alter vorzusorgen, sondern fesseln sich unnötig an ihre Jobs. Manche von ihnen sind selbständig, wie mein Freund Marcus. Für sie wäre es umso wichtiger, rechtzeitig vorzusorgen, da sie nicht in die Rentenkasse einzahlen.
Wie viel braucht man, um finanziell unabhängig zu sein?
Unter finanzieller Freiheit versteht jeder etwas anderes. Für die einen bedeutet es, im Rentenalter noch gut leben zu können. Sie wollen vor allem die Rentenlücke schließen, also die Differenz zwischen dem letzten Nettoeinkommen und der Rentenzahlung. Für die Rente selbst sparen sie ohnehin schon an, indem sie in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung verzinst sich das Geld immerhin mit einer Rendite von drei Prozent.16 Das ist überraschend gut, aber es besteht eine große Unsicherheit darüber, ob dieses Niveau noch viele Jahrzehnte gehalten werden kann. Auch diese Unsicherheit müsste man mit zusätzlicher privater Vorsorge absichern.
Selbständige müssen anders kalkulieren. Da sie für gewöhnlich nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, sollten sie schon sehr zeitig beginnen, Geld zurückzulegen. Ein 30-Jähriger Selbständiger ohne Rentenansprüche braucht jetzt schon eine Sparquote von 25 Prozent, um sich mit Mitte 60 zur Ruhe setzen zu können. Ein 40-Jähriger, der noch nichts zurückgelegt hat, muss 40 Prozent seines Nettoeinkommens sparen. Die Ersparnisse müssen sie rentabel am Aktienmarkt anlegen – anderenfalls müssten sie noch deutlich mehr sparen. Ich nehme an, dass die meisten Selbständigen keine so hohe Sparquote haben. Vermutlich werden sie diese auch nie erreichen, da die Kosten durch Familie und steigende Ansprüche noch zunehmen werden. Diese Menschen müssen sich auf ein karges Leben im Alter einstellen oder sehr lange arbeiten.
Das Königsziel der sogenannten FIRE-Community (Financial Independence and Retiring Early) ist jedoch, sich vorzeitig zur Ruhe zu setzen. Kaum jemand von ihnen will bis zum 65. Lebensjahr arbeiten. Den meisten Menschen dürfte dieser Gedanke einerseits gefallen, andererseits aber unvorstellbar erscheinen. Für Oliver Noelting ist er realistisch. Er hat sich vorgenommen, noch vor seinem 40. Geburtstag in Rente zu gehen. Dieses Ziel kommuniziert er öffentlich. Insgeheim geht er allerdings davon aus, dass er es früher erreichen wird. Wie kann das sein? Auf welcher Grundlage berechnet er sein Ziel?
Die 4%-Regel
Als ich begann, mich mit finanzieller Unabhängigkeit zu beschäftigen, stieß ich bald auf die 4%-Regel. Sie besagt: Wenn die jährlichen Ausgaben nicht mehr als 4 Prozent der Ersparnisse betragen, gilt man als finanziell unabhängig. Mit anderen Worten: Man muss das 25-fache seiner jährlichen Lebenshaltungskosten ansparen, um nie wieder arbeiten zu müssen.
Ein Beispiel: Angenommen, ich benötige 20.000 Euro pro Jahr, um meine Kosten zu decken, dann bräuchte ich Ersparnisse von 500.000 Euro. Von diesen entnehme ich jährlich 4 Prozent (20.000 Euro) für meinen Konsumbedarf. Die Regel erlaubt einen Inflationsausgleich, sodass ich jedes Jahr etwas mehr entnehmen kann. Meine Ausgaben dürfen jedoch auf lange Sicht nicht stärker als die Inflation steigen.
Allerdings darf ich die 500.000 Euro nicht aufs Girokonto legen, denn dann wären sie unter Berücksichtigung der Inflation und einer jährlichen Entnahme von 4 Prozent nach etwa 20 Jahren aufgezehrt. Stattdessen setzt die Regel voraus, dass das Geld am Aktien- und Anleihenmarkt17 investiert wird. In diesem Fall wird eine Entnahme von jährlich 4 Prozent als Safe Withdrawal Rate bezeichnet. Das heißt, man läuft nicht Gefahr, das Ersparte aufzuzehren.
Die 4%-Regel basiert auf der sogenannten Trinity-Studie, die 1998 von drei Wissenschaftlern der Trinity University in Texas veröffentlicht wurde.18 Die Studie untersuchte die Erfolgsraten von Wertpapierportfolios19 in den USA über lange Zeiträume. Ein Portfolio gilt als erfolgreich, wenn es den Inhaber trotz einer regelmäßigen Entnahme überlebt. Die Wissenschaftler analysierten verschiedene Zusammensetzungen aus Aktien und Anleihen. Als Basis für den Aktienmarkt wurde der S&P 500 Index herangezogen, der die 500 größten amerikanischen börsennotierten Unternehmen enthält. Die Basis für den Anleihenmarkt stellen amerikanische Unternehmensanleihen mit sehr gutem Rating.
Die Ergebnisse der Studie lassen sich am besten in Tabellenform lesen20, deshalb vereinfache ich hier stark: Jedes Portfolio, das zu 75 Prozent aus Aktien und 25 Prozent aus Anleihen bestand, aus dem jährlich höchstens 4 Prozent (inflationsbereinigt) der Anlagesumme entnommen wurden, war über Zeiträume von 30 Jahren erfolgreich – das heißt, es wurde nicht aufgezehrt. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Portfolio 1929 aufgesetzt und bis 1959 beobachtet wurde oder ob der Beobachtungszeitraum 1960 bis 1990 oder 1979 bis 2009 war. In jedem 30-Jahreszeitraum war ein Portfolio aus Aktien und Anleihen mit einer 4-Prozent-Entnahmerate erfolgreich. Nicht nur, dass die Portfolios nicht aufgezehrt wurden, sie gewannen sogar an Wert. Der Mittelwert eines $1,000-Portfolios betrug nach 30 Jahren $5,968 – es hatte sich also versechsfacht.
Das ist die 4%-Regel. Deshalb versuchen Menschen wie Oliver, die finanziell unabhängig werden wollen, das 25-fache ihrer jährlichen Ausgaben anzusparen. Ich finde diese Regel faszinierend und einleuchtend, allerdings ist sie aufgrund einiger Einschränkungen mit Vorsicht zu genießen:
- Die Studie berücksichtigt nur historische Portfolios. Es gibt keine Garantie, dass der Aktien- und Anleihenmarkt sich auch in Zukunft genauso stark rentieren wird.
- Die Studie berücksichtigt keine Steuerzahlungen. In Deutschland wird allerdings Abgeltungssteuer auf Dividenden und Kurszuwächse fällig. Wenn man 4 Prozent zum Leben braucht, muss man seinem Portfolio folglich 4 Prozent zuzüglich der Steuern entnehmen.
- Die Studie betrachtet nur Zeiträume von höchstens 30 Jahren. Wer aber mit 40 in Rente gehen will, muss mit längeren Zeiträumen planen. Für diese gibt es keine Studien.
Es ist also keineswegs sicher, dass Ersparnisse bei einer jährlichen Entnahme von 4 Prozent nicht aufgezehrt werden. Deshalb sollte man etwas konservativer planen. Oliver hält den oben genannten Einschränkungen entgegen, dass man in schlechten Zeiten auch seine Ausgaben vorübergehend reduzieren könne. Schließlich ist die 4%-Regel nur deshalb mit einem Risiko verbunden, weil man während eines Börsencrashs zu viel Substanz aus seinem Portfolio aufzehren könnte. Hat man das Pech, gleich am Anfang der Rentenzeit einen großen Crash zu erleben, kommt man mit einer jährlichen Entnahme von 4 Prozent eventuell nicht durch. In dieser Phase wäre es sinnvoll, die Ausgaben zu reduzieren. Kommt der Crash erst viel später, ist er nicht mehr so gefährlich.
Ein Argument sollte jedoch alle Kritiker verstummen lassen: Nur weil jemand mit 40 in Rente gehen möchte, heißt das nicht, dass derjenige für den Rest seines Lebens nie wieder auch nur einen Euro verdienen wird. Das ist sogar äußerst unwahrscheinlich. Der Mensch braucht eine Aufgabe und fast alle finanziell unabhängigen Menschen, die mir bei meiner Recherche begegnet sind, gehen weiterhin irgendeiner Tätigkeit nach, mit der sie auch etwas verdienen. Allerdings arbeiten sie nur an Projekten, die ihnen Spaß machen. Um es mit den Worten des Bloggers Peter Adeney zu sagen: „Arbeit ist besser, wenn du das Geld nicht brauchst.“21
Auch wenn ich sie mit dem nötigen kritischen Abstand betrachte, übt die 4%-Regel eine große Faszination auf mich aus, weil sie erstmals eine Zahl definiert, mit der ich die finanzielle Freiheit erreichen kann. Noch interessanter ist, dass ich anhand meiner Sparquote ausrechnen kann, wann ich das Ziel erreicht haben werde. Findige Leute entwickelten dafür einen Rentenrechner, den Oliver für deutsche Nutzer adaptiert hat.
Der Rechner setzt voraus, dass die Ausgaben für immer konstant bleiben, dass man das Geld sehr rentabel anlegt (5 Prozent Rendite nach Inflation und Steuern) und dass man während der Rentenzeit nie mehr als 4 Prozent seines Anfangsportfolios entnimmt. Daraus ergeben sich folgende Szenarien, wenn man bislang keinerlei Vermögen angespart hat:
- 10% Sparquote: 51,4 Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit
- 20% Sparquote: 36,7 Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit
- 30% Sparquote: 28 Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit
- 40% Sparquote: 21,6 Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit
- 50% Sparquote: 16,6 Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit
- 60% Sparquote: 12,4 Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit
- 70% Sparquote: 8,8 Jahre bis zur finanziellen Unabhängigkeit
Kein Wunder, dass Oliver davon ausgeht, schon vor seinem 40. Geburtstag unabhängig zu werden, denn bei seiner aktuellen Sparquote braucht er dafür nur 8,8 Jahre. Da er bereits Ersparnisse angesammelt hat, reduziert sich die Zeit sogar noch. Es kann also erstaunlich schnell gehen. Die Rechnung zeigt aber auch: mit einer Sparquote von 10 Prozent kommt man nicht weit. Greifbar werden die Zeiträume erst ab Sparquoten von 30 bis 40 Prozent. Das klingt viel, doch gerade für Selbständige mittleren Alters, die noch nichts zurückgelegt haben, sind diese Quoten Pflicht.
Richtig investieren für die Unabhängigkeit
Weniger auszugeben als man einnimmt, ist nur ein Teil des Weges in die finanzielle Unabhängigkeit. Das gesparte Geld soll anschließend weiterarbeiten, deshalb müssen Überschüsse kontinuierlich investiert werden. Wir Deutsche gelten im internationalen Vergleich zwar als Sparfüchse, aber als keine besonders klugen. Zumindest sind wir nicht sonderlich mutig. Am liebsten legen wir unser Geld aufs Konto. Je nach Erhebung findet man unterschiedliche Werte, doch sie alle bilden in etwa ab, was wir mit unseren Ersparnissen machen. Ich habe mir mal eine herausgegriffen:22
Sparbuch, Tagesgeld, Girokonto, Bausparvertrag, Kapitallebensversicherungen und Immobilien – das ist alles ziemlich deutsch. Wir scheuen das Risiko, erhalten dafür aber nur eine geringe Rendite. „Die Deutschen sparen sich um ihr Vermögen“, titelte WELT Online im vergangenen Jahr.23 Demnach rentierte sich unser Sparvermögen in den letzten Jahren mit etwa 2,3 Prozent, während die Holländer mit ihrem Ersparten eine Rendite von 4,7 Prozent erwirtschafteten und die Finnen sogar 6,9 Prozent.
Insbesondere in der aktuellen Niedrigzinsphase ist es schädlich, sein Geld nur aufs Fest- oder Tagesgeldkonto zu legen. Meine Bank zahlt 0,2 Prozent Zinsen für Tagesgeld. Bei einer Inflation von derzeit etwa 2 Prozent verliere ich jedes Jahr 1,8 Prozent meines Kapitals. Einen Teil dieses Geldes habe ich schon vor zehn Jahren verdient, da ich seit 2007 spare. Geld, das damals noch 1.000 Euro wert war, ist jetzt nur noch 874 Euro wert.24 Geld, das ich heute anspare und aufs Girokonto lege, ist in 35 Jahren – wenn ich Rentner bin – nur noch die Hälfte wert. Über lange Zeiträume arbeitet die Inflation gegen mich und mit den sichersten Geldanlagen kann ich zurzeit nichts dagegen tun. Finanziell unabhängig werde ich so nicht.
Mit Immobilien übrigens auch nicht. Viele Menschen „investieren“ ihr Geld in eine Wohnung oder ein Haus, die sie selbst nutzen. Doch die Rendite von Wohneigentum ist verschwindend gering. Wer ein Haus kauft, sollte es aus Liebhaberei tun, aber nicht als Geldanlage. Der einzige Vorteil einer eigenen Immobilie ist, dass die Käufer über Jahrzehnte zum Sparen gezwungen werden. Bis der Kredit abbezahlt ist, haben sie wenig Spielraum, ihre Lebenshaltungskosten zu erhöhen. Disziplinierte Sparer hingegen fahren mit einer gemieteten Immobilie besser. Zur weiteren Lektüre empfehle ich Holger Grethes Artikel über acht Immobilienirrtümer sowie das Buch „Kaufen oder mieten?“ von Gerd Kommer.
Immerhin 20 Prozent der deutschen Sparer kaufen Investmentfonds. Diese sind deutlich riskanter als Tagesgeld, rentieren sich dafür aber auch besser. Ich war einer dieser Sparer. Im Jahr 2010 schaffte ich mein Geld zu einem Finanzberater und investierte erstmals in Aktien-, Anleihen- und Immobilienfonds. Später kam ich ein- bis zweimal im Jahr zum Depotgespräch in die Bank. Jedes Mal erklärte mir mein Berater erneut, welche Fonds ich schon im Depot hatte. Da meine Finanzen mich damals wenig interessierten, war diese regelmäßige Aufklärung tatsächlich notwendig. Anschließend empfahl er mir neue Fonds. Nach einigen Jahren war ich erstaunt, dass er immer wieder etwas Neues aus der Schublade zog. Bei diesen Terminen kaufte ich manchmal weitere Fonds, manchmal verkaufte ich bestehende Anlagen und manchmal machte ich gar nichts.
Allerdings wusste ich nie so genau, wie rentabel mein Portfolio war. Diese Zahl entdeckte ich erst vor ein paar Monaten. Demnach liegt die Rendite meines Portfolios zwischen April 2010 und Mai 2017 bei etwa 13 Prozent. Diese Zahl allein sagt jedoch nichts aus, bis man sie mit etwas anderem vergleicht. Zum Beispiel mit dem Deutschen Aktienindex (DAX), der im gleichen Zeitraum um mehr als 100 Prozent zugelegt hat.25 Fairerweise muss ich sagen, dass mein Portfolio nicht nur aus Aktienfonds besteht, daher hinkt der Vergleich. Eine Mischung aus Aktien-, Anleihen- und Immobilienfonds ist weniger riskant, dafür ist mit einer geringeren Rendite zu rechnen. Dennoch finde ich die Differenz frappierend – dafür, dass mich ein Experte beriet.
„Die Wall Street ist der einzige Ort, an den Menschen mit einem Rolls-Royce vorfahren, um sich von Leuten beraten zu lassen, die mit der U-Bahn kommen.“ – Warren Buffett26
Seit drei Monaten beschäftige ich mich fast täglich mit diesem Thema. Schon nach wenigen Tagen wurde mir klar, dass ich die Sache selbst in die Hand nehmen muss. Große Teile der Finanzindustrie leben von Menschen, die sich dem Thema Geld verweigern und es in fremde Hände geben. Im Nachhinein bin ich mir des Fehlers bewusst, mich nicht um meine Finanzen gekümmert zu haben, aber ich bereue ihn nicht, denn damals wusste ich es nicht besser.
Ein Problem ist, dass Finanzberater nicht beraten. Sie sind eigentlich Verkäufer, die nicht für mich arbeiten, sondern für sich selbst und ihre Arbeitgeber. Zwischen beiden Seiten gibt es Interessenskonflikte, bei denen ich nur verlieren kann. Ich will ein Anlageprodukt, das nur geringe Gebühren verursacht – der Verkäufer verdient aber an teuren Produkten. Deshalb bietet er die für mich besten Produkte nicht an. Ich möchte eine Anlage möglichst lange halten, um keine weiteren Transaktionskosten zu verursachen – der Verkäufer hingegen verdient am meisten Geld, wenn ich immer wieder verkaufe und etwas Neues kaufe. Da ich das Spiel sieben Jahre lang mitspielte, zahlte ich mehrere Tausend Euro Gebühren und hielt Fonds, die weit schlechtere Renditen abwarfen als der Markt als Ganzes.
Hätte ich mich nicht selbst informiert, wäre ich der Finanzindustrie nie entkommen. Nur wenige Tage bevor mir ein Licht aufging, hatte ich sogar noch teure Fonds nachgekauft. Ich glaube jedoch, dass es vor sieben Jahren noch nicht die Fülle an Informationen gab, die es heute gibt. Als ich mich selbst kümmerte, las ich zunächst den Guide über Passives Investieren sowie den ETF-Guide bei zendepot. Später verschlang ich die 30-teilige Aktienserie von Jim Collins (englisch). Für speziellere Fragen landete ich beim Finanzwesir Albert Warnecke. Anschließend rundete ich mein Wissen mit fundierten Fachbüchern ab. Diese drei kann ich empfehlen:
- Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs
- The Boglehead’s Guide to Investing
- The Little Book of Common Sense Investing
Heute denke ich, dass finanzielle Bildung das Fundament für finanzielle Unabhängigkeit darstellt. Aus meiner Sicht sollte man nur in etwas investieren, das man versteht. Versteht man nur Tages- und Festgeld, kann man eben nur so sein Geld anlegen. Erst wenn man sich darüber hinaus ausgiebig mit seinen Finanzen und seiner Altersvorsorge beschäftigt, kann man interessante Renditen einfahren, ohne dabei schlaflose Nächte zu durchleben. Je mehr ich übers Investieren lernte, desto ruhiger wurde ich dabei. Ich lernte, wie Börsen funktionieren, was Anlageklassen sind, was der Unterschied zwischen aktiven und passiven Fonds ist, wie Risiko zu verstehen ist, dass Gebühren entscheidend sind und welche Macht der Zinseszinseffekt hat. Mein Ziel ist, meine Geldentscheidungen allein treffen zu können, ohne die Empfehlungen anderer. Ich kann nur ruhig schlafen, wenn ich weiß, warum ich etwas gemacht habe.
Sich dieses Wissen anzueignen ist anfangs sehr aufwendig. Ich habe sechs Bücher und unzählige Blogartikel gelesen sowie etliche Stunden Podcasts gehört. Allerdings ist dieser Aufwand endlich. Man muss die Prinzipien verstehen, mehr aber auch nicht. Es ist nicht notwendig, Finanznachrichten zu lesen oder die Börse zu verfolgen. Im Gegenteil: Das ist sogar schädlich. Warren Buffett spricht von der Börse als „Mr. Market“. Dieser ist starken Stimmungsschwankungen unterworfen. Er lässt sich von jeder noch so kleinen Nachricht treiben. Mal ist er manisch, mal depressiv. Es sei sinnlos sich von Mr. Markets Stimmungen mitreißen zu lassen. Deswegen lässt man den Markt besser sein Ding machen und investiert nur passiv.
Passiv investieren
Die meisten Menschen, die versuchen finanziell unabhängig zu werden, investieren passiv. Das bedeutet, sie kaufen keine einzelnen Aktien, die sie aktiv auswählen müssten. Sie versuchen auch nicht den richtigen Zeitpunkt zu finden, um ihre Wertpapiere zu kaufen oder zu verkaufen. Stattdessen investieren sie in ganze Märkte, indem sie Indexfonds27 kaufen. Ein Indexfonds spiegelt den Verlauf eines Index wider – zum Beispiel den Verlauf des DAX. Seit der Deutsche Aktienindex im Jahr 1987 ins Leben gerufen wurde, durchlebte er viele Höhen und Tiefen. Doch auf lange Sicht ist seine Rendite zuverlässig positiv. In den ersten 25 Jahren rentierte sich der DAX mit 8,5 Prozent pro Jahr (inflationsbereinigt: 6,38 Prozent)28 Mittlerweile ist der DAX schon wieder fünf Jahre älter. In dieser Zeit sind die Kurse erneut deutlich gestiegen.
Viele Passivanleger investieren aber nicht nur in den DAX, da dieser die Aktien von lediglich 30 Unternehmen enthält. Sie legen ihr Geld lieber in größeren Indizes an, wie den S&P 500 mit den 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA. Noch besser ist es allerdings, einen Welt-Index zu kaufen, um noch breiter diversifiziert zu sein. Der MSCI World beinhaltet mehr als 1.600 der größten Unternehmen aller Industrienationen. So viele Aktien könnte man einzeln gar nicht halten, ohne von den Transaktionskosten erdrückt zu werden. Indexfonds erlauben also, sehr breit diversifiziert in ganze Märkte zu investieren. Man könnte diese Fonds jederzeit kaufen und verkaufen, doch passive Anleger handeln nicht. Sie kaufen Fondsanteile zu beliebigen Zeitpunkten und halten sie nach Möglichkeit für immer oder verkaufen sie erst, wenn sie das Geld im Rentenalter für ihren persönlichen Konsum benötigen.
Die meisten Indexfonds veranschlagen deutlich geringere Gebühren als aktive Fonds, die mir die Bank verkauft. Für meine Bankfonds habe ich Ausgabeaufschläge von 3% bis 5% gezahlt. Diese Gebühr wird gleich am Anfang fällig. Das heißt, wenn ich 10.000 Euro anlegen möchte, gehen davon sofort 300 bis 500 Euro an die Bank bzw. den Fondsbetreiber. Darüber hinaus berechnen aktive Fonds eine jährliche Verwaltungsgebühr, die üblicherweise zwischen 1,5% und 2% liegt. Diese Gebühr ist besonders tückisch, da ich sie als Anleger nicht sehe. Sie wird einfach vom Kurs abgezogen. Im Gegensatz dazu gibt es bei Indexfonds keinen Ausgabeaufschlag und für die wichtigsten Indizes liegt die jährliche Verwaltungsgebühr zwischen 0,05% und 0,30%. Wenn man bedenkt, dass ein Index auf lange Zeit Renditen von „nur“ 6 Prozent (inflationsbereinigt) erzielt, macht es einen riesigen Unterschied, ob ich 5% Ausgabeaufschlag und 2% pro Jahr Verwaltungsgebühr bezahle oder ob ich nur eine jährliche Gebühr von 0,3% zahle. Der aktive Fonds frisst einen großen Teil der Rendite auf.
„Wenn ich ehrlich bin, würde ich jedem Leser raten, sich in das Lager der [passiven] Anleger zu schlagen. Sie erzielen im Durchschnitt die beste Performance aller Börsenteilnehmer, denn auch von den Spekulanten gehört nur eine Minderheit zu den Gewinnern.“ – André Kostolany29
Oliver Noelting, der Frugalist, investiert sein gespartes Geld in kostengünstige Indexfonds. Sein Investmentportfolio veröffentlichte er im Blog. Es entspricht in wesentlichen Teilen den Empfehlungen Gerd Kommers, der mit „Souverän Investieren mit Indexfonds und ETFs“ die Bibel für deutsche Passivanleger geschrieben hat. Auf meine Frage, ob er beim nächsten Börsencrash in Panik verfallen oder die Krise aussitzen wird, zeigt Oliver sich zuversichtlich. Er liest viele Bücher übers Investieren und versucht den Aktienmarkt besser zu verstehen. Dieses Wissen hilft ihm dabei, seine Indexfonds auch in schlechten Phasen zu halten. Die größte Sicherheit gibt ihm aber seine Sparsamkeit. Solange er nur wenig Geld zum Leben braucht, muss es ihn nicht stören, wenn sich sein Vermögen vorübergehend halbiert.
Auch Warren Buffett schwört auf Indexfonds. Nach seinem Tod soll das Vermögen von einem Vermögensverwalter im Namen seiner Frau gehalten werden. Diesem Verwalter empfiehlt Buffet: „Mein Rat könnte einfacher nicht sein: Investiere 10% der Barreserven in kurzfristige Staatsanleihen und 90% in einen sehr kostengünstigen S&P 500 Indexfonds. Ich glaube, die langfristigen Resultate dieser Strategie werden denen der meisten Investoren überlegen sein.“30
Die Kunst, über Geld nachzudenken
„Über Geld spricht man nicht.“, heißt es im Volksmund. Man denkt offenbar auch nicht darüber nach. Ich kenne nicht viele Menschen, die ihre Ausgaben regelmäßig aufschreiben, eine feste Sparquote einhalten und ihre Überschüsse investieren. Zwar ist Geld ein sensibles Thema und jeder möchte mehr davon haben, aber letztendlich hat es kaum jemand, sondern gibt es gleich wieder aus. Was übrig bleibt, verliert auf dem Sparbuch an Wert.
Dass über Geld nicht nachgedacht wird, könnte daran liegen, dass die meisten Menschen sich nicht fragen, was sie vom Leben wollen. Sie leben ziellos vor sich hin. Dafür brauchen sie keine Ersparnisse. Wer hingegen weiß, was er will, kümmert sich um seine Finanzen. Denn Geld ist fast immer ein Mittel, um Ziele zu erreichen. Nicht, um sich davon Dinge zu kaufen, sondern die Zeit, sich seinen Zielen zu widmen. Wer nichts übrig hat, wird seine Lebenszeit und Lebensenergie für die Wünsche anderer Menschen aufwenden müssen.
Dabei könnten viele von uns zumindest zu moderatem Wohlstand gelangen. Wir müssten nur einmal über Geld nachdenken und dem einfachen Rat des Vorruheständlers Jim Collins folgen: „Gib weniger Geld aus, als du verdienst. Investiere die Differenz. Vermeide Schulden. Mach einfach nur das und du wirst reich sein. Nicht nur reich an Geld.“31
Mein Freund Marcus hat vor einigen Monaten damit begonnen. Erstmals in seinem Leben verwendet er das Wort „Sparen“. Er legt jeden Monat 10 bis 15 Prozent seines Einkommens zur Seite. Dafür hat er ein separates Konto eingerichtet, das er nicht anrührt. Das reicht nicht, um in absehbarer Zeit unabhängig zu werden. In seinem Alter braucht er eine Sparquote von etwa 40 Prozent, um sich in seinen Sechzigern zur Ruhe setzen zu können. Aber es ist ein wichtiger Anfang. Es macht ihn unabhängiger, und auch das ist viel wert. Er kann bald freiere Entscheidungen treffen und muss sich nicht alles gefallen lassen. Darüber hinaus wird er weiter in seine Unabhängigkeit investieren, um nicht erneut in einem Hamsterrad zu strampeln. Sein Ziel ist, im Alter das karge Leben zu vermeiden, das viele Menschen erwarten wird, die jetzt zu viel konsumieren.
Du interessierst dich für finanzielle Freiheit? Ich empfehle dir mein neues Buch: Ich gönn‘ mir Freiheit – als Buch oder eBook bei amazon verfügbar.
Ähnliche Artikel
Quellen
- Wikipedia: Hawthorne Effekt
- Das durchschnittliche Bruttogehalt von Vollzeitbeschäftigten betrug letztes Jahr 3.703 Euro pro Monat (siehe Statista). Für einen Single ohne Kinder ergibt das ein Nettoeinkommen von 2.264 Euro (siehe Brutto-Netto-Rechner).
- Mr. Money Mustache: How to Make Money Buy Happiness
- Statista: Was macht Ihnen große oder sehr große Sorgen?
- André Kostolany: Die Kunst, über Geld nachzudenken
- Forbes.com: Warren Buffett Becomes World’s Second Richest Person
- Alice Schroeder: The Snowball – Warren Buffett and the Business of Life (Zitat von mir übersetzt)
- Alice Schroeder: The Snowball – Warren Buffett and the Business of Life (Zitat von mir übersetzt)
- Statista: Sparquote der privaten Haushalte in Deutschland von 1991 bis 2016
- Finanzwesir: Es ist einfacher, 50 % seines Einkommens zu sparen als 10 %
- Frugalisten: Winterbericht 2016 – Ein Jahr Berserker-Sparen
- Finanzwesir: Vermögen werden in den 20ern gemacht
- Alice Schroeder: The Snowball – Warren Buffett and the Business of Life (Zitat von mir übersetzt)
- Bei einer inflationsbereinigten Aktienmarktrendite von 6 Prozent pro Jahr.
- WirtschaftsWoche Online: Fast jeder vierte junge Mensch spart gar nichts
- Deutsche Rentenversicherung: Rendite in der Rentenversicherung deutlich positiv
- Anleihen sind langfristige Kredite, die von Staaten oder Unternehmen ausgegeben werden.
- Später wurden die der Studie zugrunde liegenden Daten bis ins Jahr 2009 aktualisiert.
- Ein Wertpapierportfolio ist eine Sammlung von Wertpapieren, also Aktien, Anleihen und Fonds.
- Financial Planning Association: Portfolio Success Rates: Where to Draw the Line
- Mr. Money Mustache: How to be Happy, Rich and Save the World
- Statista: Welche Möglichkeiten der Geldanlage nutzen Sie aktuell?
- WELT Online: Die Deutschen sparen sich um ihr Vermögen
- Inflationsrechner
- Onvista: Kursverlauf des DAX
- Alice Schroeder: The Snowball – Warren Buffett and the Business of Life (Zitat von mir übersetzt)
- In Deutschland ist die Bezeichnung ETF noch geläufiger. Ein ETF ist ein Indexfonds, der an der Börse gehandelt wird. Wenn ich von Indexfonds schreibe, meine ich immer börsengehandelte Fonds.
- WirtschaftsWoche Online: 25 Jahre Dax – Rendite ohne Inflationssorgen
- André Kostolany: Die Kunst, über Geld nachzudenken
- Berkshire Hathaway Inc.: Shareholder Letter 2013
- jlcollinsnh.com: Manifesto
Tja, ab dem Hinweis, dass ab einem bestimmten Alter der Zug eigentlich abgefahren ist, war ich schnell durch mit dem Artikel… ich bin 50 und habe keine Rücklagen. Ich kann also jetzt nur noch als mahnendes Beispiel dienen… ;-)
Rückblickend würde ich tatsächlich sagen: Sparen klingt anfangs „unsexy“, wenn endlich das Verdienen losgeht und die schöne große bunte Welt lockt… aber (mehr/länger/anders) arbeiten zu müssen, als man will oder als einem gut tut – das ist auch ziemlich unsexy; und der Zustand begleitet dich dann länger, als dir lieb ist. Insofern: Gut, dass es solche Artikel jetzt gibt; hoffentlich findet das Thema viele LeserInnen!
Hallo Ute,
ich hoffe, du hast trotzdem noch bis zum Ende gelesen. Im letzten Absatz erzähle ich noch einmal von Marcus, der ja bisher auch nichts zurückgelegt hat, aber nun anfängt. Seine aktuelle Sparquote wird zwar nicht reichen, um in absehbarer Zeit vollkommen unabhängig zu werden, aber er wird mit jedem Monat unabhängiger, und das ist auch schon etwas wert. Das wird dir auch gelingen. Nur, weil du das ultimative Ziel der FIRE-Community nicht mehr erreichen kannst, heißt das nicht, dass es nicht lohnt noch an der Sparquote zu arbeiten :-)
Viele Grüße
Patrick
100% meine Meinung. Ich kann außerdem noch sehr das Buch „The Intelligent Investor“ von Robert Graham empfehlen. Schon 45 Jahre alt, aber immer noch superaktuell. Am besten die kommentierte Version, in der die Ratschläge auch anhand aktuellerer Entwicklungen überprüft werden.
Hallo Christoph,
danke für den Tipp! Ich habe das Buch schon auf meiner Leseliste. Mein Interesse flaut mittlerweile schon wieder etwas ab, aber ich habe mir vorgenommen, alle paar Monate noch ein Investmentbuch zu lesen, um das Vertrauen zu erhalten. Das wird dabei sein :-)
Der Einwand, dass das mit Familie nicht ginge, ist schon berechtigt. Kinder kosten richtig Geld. Da ist die Sparquote rasch dahin. Das Ziel, mit 40 nicht mehr arbeiten zu müssen verschiebt sich da schnell Richtung 60. Wenn man davon ausgeht, dass eine 4köpfige Familie pro Monat im Durchschnitt etwa 2500 EUR benötigt (also 30.000 EUR p.a.), hieße dies, dass Du bei einer Nettoverzinsung von etwa 3 % nach Kosten, Inflation und Steuern eine ganz Million EUR auf der Kante haben musst. Das ist schon ein sehr sportliches Ziel.
Wenn Du Dich darüber hinaus der Nachhaltigkeit ein wenig verpflichtet fühlst und Deine Anlagenentscheidungen dementsprechend ausrichtest, sind die oben genannten 3 % selbst in guten Börsenzeiten nicht ganz einfach zu erzielen. Letzlich partizipieren wir mit unserer Anlageentscheidung genauso wie mit jedem Konsum an dem Wirtschaftssystem, das wir in seinen Auswüchsen so gerne kritisieren.
Hallo Dieter,
es steht außer Frage – auch für Oliver –, dass Kinder Geld kosten und er seine Sparquote von 70 Prozent mit Nachwuchs nicht aufrecht erhalten kann. Ich glaube, er hat bei seinem Ziel (40. Geburtstag) schon ein Kind als Puffer eingerechnet ;-) Ich glaube auch, dass Kinder ins Geld gehen. Gleichzeitig denke ich aber, dass es vor allem in den ersten Jahren auch eine Lifestyle-Entscheidung ist. So wie Oliver jetzt extrem sparsam lebt, wird er es mit Kind genauso tun. Das muss man aber auch so wollen.
Ich weiß nicht, ob es überhaupt nachhaltiges Investieren gibt. Mein Ansatz ist: Die Welt ist auf Konsum aufgebaut und das wird sich voraussichtlich nie ändern. Egal, wie ich investiere, es wird immer so sein. Ich möchte allerdings lieber auf der (aus meiner Sicht) klügeren Seite stehen.
Viele Grüße
Patrick
In den ersten Jahren sind die zusätzlichen Kosten für ein Kind minimal, wenn man das zulässt. Wenn man sich fragt, ob man wirklich alles braucht, was einem so eingeredet wird und nicht alles neu kauft. Ich habe einen dreijährigen Sohn und wir geben kaum mehr aus als ohne ihn. Auf jeden Fall weniger als das Kindergeld. Natürlich wird sich das mit dem Älterwerden der Kinder ändern, aber so extrem teuer sehe ich Kinder nicht.
Auf jeden Fall ein toller Artikel!
Hallo Laura,
danke für diesen wichtigen Hinweis!
Durch Oliver war ich auch auf diesen Artikel gestoßen, der deine Aussage bestätigt: http://finanzglueck.de/was-kostet-ein-baby/
Viele Grüße
Patrick
Servus Patrick,
Dein Einwand ist berechtigt – ein WIRKLICH nachhaltiges Investment gibt es nicht. Aber es gibt Möglichkeiten, den Faktor nicht gänzlich außer Acht zu lassen. Es gibt sogar Banken, die sich nachhaltigem Wirtschaften verpflichten. (z.B. http://www.gls.de) Darüber hinaus gibt es Unternehmen, die das Gemeinwohl ins Blickfeld nehmen und damit tendenziell eher FÜR als MIT dem Menschen Geschäfte machen (https://www.ecogood.org/de/ ). Natürlich kann man argumentieren, das das alles nur Minderheiten sind, die sich solchen Zielen verschreiben und doch nichts bringt. Allein, jeder Mensch gestaltet seine Welt, mit allem was er entscheidet und tut.
Und Kinder kosten Geld. Viel Geld. Im Durchschnitt sind das etwa 550 EUR je Kind und Monat (Zahl von 2013 http://www.t-online.de/leben/familie/id_62541576/zdf-doku-ermittelt-was-kostet-ein-kind-.html). Berücksichtigt man die Inflation, dann sind das im Jahr 2017 schon gut 600 EUR. Es stimmt schon, wenn die Kinder ganz klein sind, halten sich die Kosten anfangs im Rahmen. Wird später aber mehr. Im genannten Link geht die Berechnung der Kosten auch nur bis zum Alter von 18 Jahren. Oftmals sind die Kinder da aber noch nicht auf eigenen Füßen…
Als Vater von 3 Kindern spreche ich da auch aus eigener Erfahrung.
Viele Grüße, Dieter
Hallo Patrick,
meine Frau und ich sind sehr große Fans von Oliver un seinem Blog Frugalisten. Seine Artikel sind einfach toll.
Wir befinden uns momentan auch auf dem Weg zur finanziellen Freiheit. Gisela Enders hat uns hierzu kürzlich interviewt :)
http://finanziell-freie-menschen.de/?p=140
Werden Healthy Habits (leider gerade erst entdeckt) nun auch in unser Leserepertoire aufnehmen :)
Viele Grüße
Pia und Martin
Hallo Patrick,
sehr guter Artikel! Jetzt habe ich auch wieder ein schlechtes Gewissen bekommen. Bin gerade 37 geworden und arbeite als freiberufliche Übersetzerin. Habe lange in Japan gelebt und bin erst im letzten Jahr wieder nach Europa gezogen. Das Thema Altersvorsorge steht ganz oben auf meiner To-Do-Liste (habe noch keinen rechten Plan, aber ein paar Ersparnisse auf dem Konto). Ich werde mir gleich mal deine Lektüreliste bestellen und liebäugle auch mit dem Gedanken von Indexfonds, bin aber blutiger Anfänger. Leider ist es schwierig, sich mit anderen Personen über dieses Thema zu unterhalten. Die meisten blocken ab (selbst gute Freunde oder Familienmitglieder). Irgendwie ist Geldanlegen (oder darüber zu sprechen) in Deutschland ein großes Tabu! Ich finde das sehr schade. Dein Artikel ist ein super Ausgangspunkt für Einsteiger. Ich werden ihn mir sicherlich noch ein paar Mal in Ruhe durchlesen. Das Ziel muss ja nicht unbedingt „Rentner ab 40/50/60“ sein. Eigentlich habe ich nichts dagegen, noch bis ins hohe Alter zu arbeiten (denn wer rastet der rostet), aber dann natürlich nur für ein paar Stunden pro Tag oder einige Tage die Woche.
Ich hoffe, du schreibst noch häufiger über dieses Thema.
Viele Grüße
Silvia
Hallo Silvia,
lange zu arbeiten, ist völlig okay. Ich möchte auch bei finanzieller Unabhängigkeit nicht nur auf der faulen Haut liegen, sondern produktiv sein. Deshalb muss man dieses Ziel nicht zu ernst nehmen. Aber absichern sollte man sich schon – vor allem als Selbständiger – und etwas mehr Freiraum ist sicher nicht verkehrt.
Ich freue mich, dich inspiriert zu haben, das Thema endlich anzugehen. Dieser Text kann wirklich nur ein Ausgangspunkt sein, mehr nicht. Ich habe schließlich viele Wochen lang Blogs und Bücher gelesen, bis ich mit dem Thema vertraut war. Das solltest du am besten auch tun. Die Ressourcen sind da :-)
Mein Umfeld ist in Sachen Geld schon vergleichsweise offen, aber ich kann bestätigen: Übers Investieren und Indexfonds zu sprechen, ist eher schwer. Die meisten interessiert’s einfach nicht.
Viele Grüße
Patrick
Hallo Patrick,
als wir 1988 unser Haus kauften, haben wir darauf geachtet, dass die Bezahlung dieser Immobilie uns nur so kurz wie möglich in Anspruch nimmt. Und tatsächlich waren wir nach etwa 20 Jahren damit fertig.
Die „Sparsamkeit“ hat sich aber weiter erhalten. Die monatlichen Zahlungen für das Haus gingen später nicht einfach in den Konsum, sondern auf Sparkonten und/oder wurden für Erweiterungen verwendet.
In den letzten Jahren erreichten wir ein Ausgaben-Level, von ca. 50% unserer Einnahmen. Das war weniger als ich heute an Einnahmen durch Rente und Betriebsrente habe.
Deshalb konnten wir es uns auch locker leisten, die mit der Altersteilzeit und dem kürzest möglichen Renteneinstieg verbundenen Abzüge in Rente und Betriebsrente zu akzeptieren..
Die dadurch gewonnene unabhängige Freizeit (seit Lebensalter 60 statt 65) könnte ich in Geld nicht aufwiegen.
Ich schreibe das, weil ich zeigen möchte, dass finanzielle Freiheit nicht zwingend Riesenvermögen erfordern, sondern manchmal auch dadurch entsteht, dass man sich auf seinen altersbedingten Berufsaustieg regelrecht vorbereitet.
Hallo Detlev,
das ist ein wunderbares Beispiel! Danke, dass du es beigesteuert hast.
Viele Grüße
Patrick
Spannend und völlig entgegengesetzt zu meiner Philosophie. Ich halte es da eher mit Gay Hendricks („The big leap“), der sagt, er habe es genau drei Wochen im Ruhestand ausgehalten – und es seien die langweiligsten seines Lebens gewesen.
Ich liebe meinen Job sehr. Ich habe viel investiert, um an diesen Punkt zu gelangen. Ich habe demzufolge – mit 31 – (noch) keine Rücklagen. Ich kann mir aber (zugegeben aus jetziger Perspektive) so gar nicht vorstellen, mich mit 60+ zur Ruhe zu setzen.
UND ich habe relativ hohe Ausgaben, für die ich mich bewusst entschieden habe: Pferd, Hund, Auto, eine schöne Wohnung. Jede einzelne davon hebt meine Lebensqualität. Ich geniesse jeden Tag, was ich haben darf.
Das heisst nicht, dass ich nicht auch spare und haushalte – aber es hat keinen „Selbstzweck“ für mich – und so scheint es mir etwas. Ja, klar, es geht um die Rente. Aber die Rente als Ziel im Leben – Das verstehe ich persönlich nicht.
Und ein ganz wichtiger Punkt: Ich bin einig mit dir, dass es doof ist, in Statussymbole etc. zu investieren, die einem selbst letztlich gar nicht so wichtig sind. Sich finanziell gar so „einzuklemmen“, dass man keine Handlungsfreiheit mehr hat. Das gilt aber nicht nur im Hinblick auf die Rente, sondern belastet genau so in der Gegenwart. Ein Puffer muss einfach da sein, das ist ganz wichtig.
Eins noch. mehr so nebenbei: Ich hatte mal ein paar Aktien geerbt und die bewusst aufgelöst, weil ich es moralisch nicht in Ordnung finde, wie diese Rendite zustande kommt. Das soll keine Kritik sein – nur eine andere Seite aufzeigen, warum man sich auch gegen ein solches Investment entscheiden kann.
Hallo Anna,
schön, auch mal eine gegenteilige Meinung zu hören.
Ich wollte mit meinem Artikel nicht transportieren, dass die Rente das Ziel sein sollte. Für mich ist das Ziel die Freiheit, machen zu können, was ich möchte – ganz ohne Gelddruck. Und das am besten nicht erst im Alter von 65 Jahren, sondern schon früher. Dass das möglich ist, will ich hier kommunizieren.
Die Rente selbst – so wie die meisten Rentner sie leben – finde ich auch langweilig. Da bin ich voll auf deiner Seite. Ich habe auch vor Jahren noch gesagt, dass ich bis ins hohe Alter arbeiten möchte. Aber ich sehe, dass älteren Menschen oft die Energie fehlt, noch richtig anzupacken. Zwar kann ich mit 30 Jahren davon ausgehen, dass ich noch mit 70 arbeiten möchte, aber das heißt nicht, dass es so kommt. Ich stelle im Verlauf der Zeit auch immer wieder fest, dass mich die Arbeit nach ein paar Jahren nicht mehr so packt und es mich wieder zu etwas anderem zieht. Das geht auch nur mit einem guten Polster.
Hattest du Aktien von Rüstungs- oder Tabakkonzernen geerbt oder findest du Aktien grundsätzlich moralisch nicht in Ordnung? In diesem Fall müsste man allerdings mit nahezu allen Einkommensquellen hadern, denn überwiegend verdienen nun einmal Unternehmen das Geld, das wir für Konsum ausgeben, und verteilen es an Mitarbeiter und Eigentümer (Aktionäre). Es wäre demnach schon schwierig, überhaupt moralisch korrekt Geld zu verdienen, geschweige denn es zu investieren. Selbst wenn ich nur Geld aufs Konto packe, bemächtige ich damit Banken, Kredite auszugeben (und zwar weit höhere Kredite als meine Bareinlagen). Das hilft den Banken und den Unternehmen, aber am wenigsten mir ;-)
Viele Grüße
Patrick
Hi Patrick
Danke für deine Antwort. Ich will etwas ausholen, ich hoffe du verzeihst ;)) Das Thema fasziniert mich.
Ich muss dazu mal wieder mit Buchempfehlungen um mich schmeissen: „The last word on power“ von Tracy Goss.
Ich hoffe, ich kann den entscheidenden Punkt in Kürze herüberbringen. Es geht dabei im Wesentlichen darum, wie wir uns eine Strategie aufbauen, um mit dem Leben zurechtzukommen. Eine „winning strategy“: Die Strategie, mit der uns „alles“ gelingt. Die Strategie, mit der wir die (Illusion von!) Kontrolle und Sicherheit aufbauen.
Meine Strategie z.B. ist, dass ich meine Antenne im Leben immer auf die Frage ausrichte: „Was ist der Kern des Problems?“ und dann versuche ich diesen Kern möglichst nachhaltig und umfassend anzupacken.
Diese Strategie funktioniert vordergründig super: Ich habe die Illusion von Kontrolle, bekomme unheimlich viel in den Griff und habe viel Erfolg damit.
ABER: a) Es ist eine Illusion. Das Leben ist nicht kontrollier- und vorhersehbar. Und b) Die Strategie aufrecht zu erhalten saugt je länger je mehr Energie. Unterm Strich macht sie unglücklich, weil sie limitiert.
Und diese finanzielle Freiheit und Sicherheit ist in meinen Augen genau eine solche Illusion. Wir sind nie wirklich frei, weil wir in einer nicht perfekten Welt leben. Wir verfolgen unsere ausgeklügelten Strategien und weichen unbewusst dem wahren Problem aus – Nämlich, dass es keine definitive Sicherheit, Freiheit und Kontrolle geben kann in unserer Welt.
Ich finde diese Aussage von Bea sehr schön: „Aber ich mache mich nicht verrückt und glaube, dass sich immer eine Lösung finden wird. Und ja, bei Bedarf könnte ich auch einfacher leben und werde das bei Bedarf auch machen.“ – So sehe ich das auch. Die Menschen in meinem Umfeld, die sich unglücklich machen, sind nicht die mit wenig Geld (auch die Alten nicht!), sondern die, die sich mental einsperren.
Ich finde die Bereitschaft, zu verzichten, nein zu sagen, sich auf das Wesentliche zu beschränken viel wichtiger als ein präventives Polster. Du siehst, warum ich teilweise absolut mit deinem Artikel konform gehe. Nur schiesst er für mich persönlich knapp am entscheidenden Punkt vorbei.
@Aktien: Ich finde das Prinzip von Aktien ursprünglich gut! Aber Grosskonzernen allgemein heute geht es in meinen Augen viel zu sehr um den Gewinn und das Geld an sich. (kleines Beispiel Nestlé + Trinkwasser…) Das Geld wird eben nicht fair verteilt, schon lange nicht mehr. „Kleine Arbeiter“ werden kaum je fair bezahlt. Das stört mich.
Selbiges übrigens mit dem Geld verdienen an sich: Man tauscht Leistung gegen Geld, manchmal auch viel Geld – finde ich völlig fair und richtig. Aber nicht mehr, wenn es um den schnöden Mammon ohne moralische Werte dahinter geht. Und das tut es oft dieser Tage bei grossen Konzernen.
Hi Anna,
danke für den Buchtipp! Ich hab ihn mir abgespeichert, vielleicht lese ich das Buch mal.
Ich glaube, ich verstehe die grundsätzliche Idee, um die es dir geht. Und wie bei Bea auch antworte ich: Warum soll nicht beides gehen? Warum soll man nicht vorsorgen und sich trotzdem nicht verrückt machen? Ich habe z. B. Oliver als sehr entspannten Typen erlebt, der wirklich Spaß an der Sache hat. Das Geld, das er zurücklegt und investiert, schreibt er mental ab, so als sei es gar nicht da. Er hat keinen Grund, sich darum zu sorgen, gerade weil er mit so wenig auskommt und ihm die Lebensweise auch gefällt. Ich schrieb ja im Text, dass es eine Lifestyle-Entscheidung ist. Nicht nur, weil ich es woanders gelesen habe, sondern weil ich es selbst spüre. Bis zu einem gewissen Grad fühlt es sich (für mich) gut an, meinen Konsum einzuschränken. Ich spare aber auch nicht 70 Prozent ;-)
Vielleicht wollen wir letztendlich auch ähnliche Dinge, gehen nur andere Wege :-)
Viele Grüße
Patrick
Ich denke, wir sind so weit weg voneinenander nicht, nein.
Ich stelle mir die Frage allerdings immer noch umgekehrt: „Warum muss ich denn „so“ sparen, wenn es gar nicht so wichtig ist?“
Ich glaube, beides zu haben – spirituelle, innere Freiheit und „bewusstes Sparen, um frei zu sein“ – widerspricht sich im Kern.
Aber wie du auch sagst: Viele Lebenswege sind möglich. :)
Hallo Patrick,
einerseits finde ich Deinen Artikel wieder sehr interessant und gut recherchiert – wie immer!!! Dennoch möchte ich noch zwei Aspekte anmerken:
Was machen die tausenden Menschen, die sich mit ihrem Mindestlohn bei Zeitarbeitsjobs kaum über Wasser halten geschweige denn etwas zurücklegen können, oder die vom Staat sogar noch zusätzlich unterstützt werden müssen? Der prozentuale Ansatz dürfte hierbei unsinnig sein, sowohl beim Sparen als auch beim Ziel, welches erreicht werden sollte. Ich gehöre zwar nicht dazu, dennoch habe ich nie so viel verdient, um größere Beträge dauerhaft sparen zu können.
Die andere Sache ist, dass ich gelernt habe, im Jetzt zu leben und nicht zu glauben, dass ich erst glücklich sein werde, wenn a,b,c eintritt. Damit meine ich nicht den Super-Fernseher oder ähnlichen Wohlstandsmüll, sondern Erlebnisse. Also reise ich lieber jetzt, denn wer weiß, ob ich das Rentenalter überhaupt erlebe oder ob ich dann noch gesund bin oder ob dann Fliegen überhaupt noch bezahlbar ist? Meine Erinnerungen an tolle Erlebnisse kann mir keiner nehmen. Es ist also eine Gratwanderung, was mir persönlich wichtiger ist. Klar hätte ich gern mehr auf dem Konto und werde hoffentlich mehr sparen, wenn die Kinder nicht mehr finanziert werden müssen. Aber ich mache mich nicht verrückt und glaube, dass sich immer eine Lösung finden wird. Und ja, bei Bedarf könnte ich auch einfacher leben und werde das bei Bedarf auch machen.
Hallo Bea,
deine Fragen sind berechtigt, und ich habe dazu auch eine Meinung. Es freut mich, dass du etwas dagegenhältst, da das spannender ist, als wenn alle meiner Meinung sind ;-)
Solche Gegenargumente sind allerdings genau das, was Oliver erfährt, wenn er anderen Menschen von seinen Ideen erzählt. Ihnen fällt nur ein, warum das alles nicht geht. Das Problem mit dieser Einstellung ist, dass es für diese Menschen schon deshalb tatsächlich nicht gehen wird.
Ich glaube, zielführender ist es, sich zu fragen, wie man diese Ideen auf sich selbst anwenden kann, auch wenn die Ausgangslage eine andere ist. Das gilt prinzipiell für alles, was wir bei Healthy Habits schreiben. Wenn ich Olivers Geschichte vorstelle, ist mir klar, dass die meisten Leser nicht männlich, 28 Jahre alt und kinderlos sind und als Softwareentwickler arbeiten. Die wenigsten werden sich zu 100 Prozent darin wiederfinden. Aber alle könnten sich fragen: „Was bedeutet das für mich?“
Ich möchte zuerst auf den leichteren Teil deiner Frage antworten: Ich würde niemandem empfehlen, aufs Reisen zu verzichten. Ich bin selbst schon viel gereist und bereue nichts davon. Aber gibt es nur Reisen oder Sparen? Oder kann man nicht reisen und trotzdem sparsam leben? Mr. Money Mustache schlägt vor, sich bei jeder Ausgabe zu fragen: „Wie glücklich macht mich das?“ Deshalb gibt er weiter Geld für Konsum aus, der ihn spürbar glücklicher macht. Reisen dürfte für die meisten Menschen dazugehören. Viele andere Dinge wahrscheinlich eher nicht. Und Reisen ist nicht gleich Reisen. Die meisten meiner Freunde verreisen jedes Jahr – aber ihre Ausgaben beim Reisen unterscheiden sich signifikant. Manche lassen sich einen Urlaub zu zweit 2.000 Euro kosten, andere 5.000 Euro, 8.000 Euro oder auch mehr als 10.000 Euro. Mich persönlich würde eine 10.000-Euro-Reise aber nicht fünfmal glücklicher machen als eine 2.000-Euro-Reise. Für mich ist also die Frage nicht Reisen ODER Sparen, sondern ich will Reisen UND Sparen :-)
Zum ersten Teil deiner Frage: Was ist mit den Geringverdienern und Menschen, die gerade so über die Runden kommen? Ich glaube, für die ist dieser Artikel genauso wichtig wie für alle anderen auch. Eine Sparquote von 70% ist für Geringverdiener nicht machbar – völlig klar. Vielleicht sind für manche nicht einmal 10% drin. Wer nur Mindestlohn verdient, hat zunächst einen größeren Hebel auf der Einnahmeseite. Denen würde ich auch meine Artikel über Talent und Bewusstes Lernen empfehlen.
Nun nehmen wir mal an, jemand verdient 1.000 Euro netto und schafft durch einen Jobwechsel, Branchenwechsel oder eine Beförderung eine Steigerung auf 1.200 Euro netto. Diese Person wird die Mehreinnahmen vermutlich komplett für Konsum ausgeben, weil sie sich endlich mehr leisten kann. Ihr kommt aber wahrscheinlich nicht in den Sinn, diese 200 Euro zurückzulegen. Damit verpasst sie eine Sparquote von immerhin 16,6%. Vielleicht kann sie ihre Einnahmen durch Weiterbildungen oder eine Nebenbeschäftigung auf 1.500 Euro steigern. Dann könnte sie – auf ihren ursprünglichen Lifestyle bezogen – schon 500 Euro sparen, oder 33,3%. Bei dieser Sparquote hätte sie nach drei Jahren Arbeit schon ein Jahr Freiheit gespart. Nach 25 Jahren könnte sie sich zur Ruhe setzen – gesetzliche Rentenansprüche noch nicht einmal mitgerechnet. Aber das ist alles Theorie. Denn in der Praxis wird diese Person ihre Lebenshaltungskosten steigern, sobald sie höhere Einnahmen erzielt und wir werden über diese Person sagen: „Ist ja klar, dass sie nichts sparen kann. Sie verdient nur 1.500 Euro netto“.
Ich sage nicht, dass jemand für immer und ewig mit 1.000 Euro auskommen soll. Aber ich möchte mit diesem Thema aufzeigen, dass mehr möglich ist, als für immer und ewig von der Hand in den Mund zu leben – unabhängig davon, wie viel man verdient.
Beste Grüße
Patrick
Lieber Patrick, ich lese seit einiger Zeit Deinen Blog. Ich finde Deine Arbeit beflügelnd. Ich selbst bin etwas spät auf den Trichter gekommen, wie ich mich unabhängiger machen kann, habe es jedoch letztes Jahr geschafft. Ich bin alleinerziehende Mutter von zwei Kindern. Es geht trozdem, obwohl eine Sparrate von 40 % utopisch ist. Ich habe mich aber für das minimalistische Prinzip entschieden, gehe nur 20 Stunden arbeiten und geniesse meine restliche Zeit für mich und die Kinder. Es gibt soviele Dinge, die kein oder nur wenig Geld kosten. Ich persönlich bin viel zufriedener, weil ich mich nicht mehr so gefangen im System fühle. Meinen Kindern versuche ich das Sparen und die finanzielle Freiheit direkt von Anfang an nahe zu legen, damit sie weniger rudern müssen und freier sind, als ich lange Zeit. Danke für diesen Artikel. Peggy
Hallo Peggy,
schön zu hören, dass dich meine Arbeit beflügelt :-)
Mir geht’s bei diesem Thema um die Freiheit, tun zu können, was ich möchte. Dafür hast du dich offenbar auch entschieden, nur auf eine andere Weise. Das finde ich gut!
Viele Grüße
Patrick
Hallo
Ich habe sehr lange auch über meine Verhältniss gelebt.Aber ich habe auch immer an meine Rente gedacht und habe mir dafür einen Rentenervertrag abgeschlossen wiel ich wenig der Staatlichen Rente traue.
Ich habe dann aber angefangen mir nur dann etwas zu kaufen wenn ich es wirklich brauche und wenn ich es bezahlen kann.
Ich habe meine Monatlichen belastung immer im Kopf.
Und zu Peggy möchte ich sagen.
Sorge bitte für deinen Rente vor.Denn sonst gehst du in die Altersarmut.
Lasse dich beraten wo du sparen kannst.
Nachtrag zum meinen Kommentar.
Ich habe es von meinen Eltern gelernt.Das mit dem Sparen.
Ich lege für meine Altersversorgung ca. 30 % zurück.
Hallo Heinrich,
30% sind eine disziplinierte und sehr angemessene Größenordnung. Altersarmut wird wahrscheinlich kein Problem für dich sein :-)
Viele Grüße
Patrick
Hallo Patrick,
das war ein Artikel ganz nach meinem Geschmack! Ich finde sparen unheimlich interessant, da ich es von meinen Eltern gelernt habe und seit ich ca. 12 Jahre alt war ein Haushaltsbuch betreibe (mit selbstgestrickter Excel Tabelle meines Vaters).
Danke auch für die Inspiration mit Investition in Fonds und dergleichen. Damit muss ich mich wohl noch mal genauer auseinander setzen.
Herzliche Grüße
Jessi
Hallo Jessi,
wenn du dich damit auseinandersetzt, nimm dir viel Zeit dafür. Das Thema mag nicht für jeden spannend sein, aber es ist wichtig, es zu verstehen, bevor man sein Geld investiert. Sonst macht man alles nur schlimmer ;-)
Viele Grüße
Patrick
Hallo Patrick, danke dir für den so super recherchierten Beitrag! Nach solch Inspiration u. Ideen suche ich gerade… ;-) Habe irgendwie viel zu wenig über Geld nachgedacht die ersten Jahre meines Berufslebens – irgendwie fand ich das immer „uncool“ – im Moment leben, Gesundheit u. Reisen, das war und ist mir das Wichtigste. Aber demnächst werde auch ich mich mal mehr mit dem Thema Aktien und Fonds auseinandersetzen. Danke für diesen Input!
Hallo Anja,
ich verstehe das. Ich denke auch erst seit Kurzem intensiv über Geld nach. Vorher gab es stets andere Themen für mich, die deinen sehr ähnlich sind. Aber jetzt war es mal an der Zeit und ich glaube, es lohnt sich.
Viele Grüße
Patrick
Hi Patrick,
dein Artikel ist ein wahrer Rundumschlag. Wer sich mit seinen Finanzen beschäftigt, landet irgendwann schnell auch beim Thema Minimalismus und Gesundheit (denn Geld ist nicht alles). Alle Themen können recht gut miteinander harmonieren. Oli zeigt auf seinem Blog gut, wie man mit wenig Geld gut leben kann. Er ist trotzdem viel unterwegs und genießt das Leben. Selbst mit Mindestlohn kann man sparen. Mit Kindern wird es, zugegeben, immer schwierig. Aber angenommen, man hat 1100€ netto zur Verfügung: 500€ Miete, 200€ Essen, 100€ Fahrkarte. So bleiben noch 300€ im Monat bzw. 3600€ im Jahr. Davon könnte man sogar 1600€ für Urlaub, Kleidung und Elektrik ausgeben und hätte trotzdem 2000€ im Jahr gespart. Je nach Region ist weniger Miete und geringere Bahnkosten dank Fahrrad möglich. Ich bin ein Fan vom studentischen Lebensstil. Man braucht den ganzen Konsum nicht bzw. kann sich auf wenige Dinge konzentrieren (Elektrik, Sport, Reisen, Serien, Fußball etc) und sollte sich nicht unbedingt die teuersten Hobbys auf der Welt aussuchen, die mehrere 100€ jeden Monat verschlingen. Geld zu investieren ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Aber alleine überhaupt mehrere 1000€ als Reserve zu haben, ist schon sehr entspannend. Und wenn man sich erst mal ans Sparen gewöhnt hat, erscheint auf die Börse nicht mehr übel.
Hallo Patrick,
dass mit dem Sparen hört sich auf dem Papier immer so toll an. Nur so einfach umsetzbar ist es nicht.
Ich hab ein Netto-Einkommen, bei dem ich jetzt so über die Runden komm. Wenn ich auf meine Abrechnung schaue, so werde ich, sollte ich die Rente erreichen, wahrscheinlich in die Kategorie Altersarmut reinfallen. Ja es ist doch so toll dieses, ja man sollte doch monatlich noch was für das hohe Alter zurücklegen. Ganz ehrlich ist mir einfach nicht möglich. Ich spare monatlich einen bestimmten Betrag, damit wenn irgendwelche unvorhersehbaren Ausgaben sind ich einfach kein Kredit aufnehmen muss.
Jetzt wenn ich noch mehr sparen sollte, dann muss ich mein komplettes soziales Leben einstellen, da ich mir nichts mehr leisten könnte. Ich hab mich dagegen entschieden und zwar bewusst. Ausschlaggebend waren Begegnungen, die ich in den letzten Jahren. Da hat eine Bekannte von mir Ihren Mann im Alter von 60 Jahren verloren, ein weiterer Bekannter hat nach seiner Scheidung mit Ende 40 bei Null nochmals anfangen müssen. Früher hab ich auch so gedacht, dass wenn ich in Rente bin, dann werde ich das und das machen usw. Jetzt denke ich relativ kurzfristig. Ich lebe bewusst jeden Moment, weil ich nicht weis, wie lange ich arbeiten muss bzw. wie lange ich leben darf. Ich mach jedes Jahr eine Studienreise. Es ist eine teure Reise für den Preis kann eine ganze Familie in der Türkei 2 Wochen All-Inklusive verreisen. Jedoch ist dies der einzige Luxus, den ich mir im ganzen Jahr leiste. Der Luxus ist, dass sich ein paar Tage jemand anderes um alles organisatorische kümmert. Dies muss ich das ganze Jahr sonst selber machen. Ich muss somit z.B. nicht an einer Kasse stehen, damit ich in ein Museum reinkomme. Hierfür ist mein Reiseleiter zuständig. Ebenfalls bekomme ich Informationen zum Thema Kultur. Ich habe somit Zeit, die Zeit im Urlaub zu genießen.
Daheim erlaube ich mir mit Freunden und Bekannten fortzugehen ins Kino oder irgendwo zum Italiener.
Ich habe in den letzten Jahren 5 Kleidergrößen verloren, damit war es notwendig das ich mir neue Klamotten kaufen musste und wollte. Ich kaufe nicht in irgendwelchen Boutiquen, aber dennoch sind einige von hundert Euros drauf gegangen. Natürlich hätte ich auch mit Schlabberlook durchs Leben gehen können, aber wieso? Ich kaufe mir tatsächlich neue Sachen, wenn auch keine teure.
Dieses aktuelle hier und jetzt müsste ich aufgeben, um ein vielleicht zu finanzieren. Nein, dass werde ich nicht machen.
Was ich faszinierend finde, dass viele ältere Menschen, die ich kenne, die sagen, du hast komplett recht, jetzt solange du es kannst das Leben zu leben.
Umfassender Beitrag. Lesenswert.
Den Einwand, dass Gering-Verdiener nicht Sparen können, würde ich aber nicht als Ausrede abtun. Die Jobs der Menschen nahe am Mindestlohn sind oft recht unsicher und eine Neubeschäftigung nicht nahtlos möglich. Insbesondere als Zeitarbeiter im Niedriglohnsektor. Zwischenzeitlich als SGBII Empfänger zu landen ist eben sehr wahrscheinlich und hier wird Vermögen ab ca. 9.000 Euro (wenn ich noch up-to-date bin) auf den Satz angerechnet. Insofern würde ich bei der Perspektive mein Erspartes auf unter 10.000 Euro belassen. Wobei zu sagen gilt, 10.000 Euro müssen bei z.B. 1.000 Euro netto auch erst mal angespart werden, keine Frage. Das nur nebenbei, die Zielgruppe dieser Blogs ist sowieso eine andere.
Ich spare jedes Monat auch. Nur das reicht nur für Notfälle, wenn z. B. der Kühlschrank kaputt geht oder sonstige Anschaffungen zu leisten sind. Nur es sind noch die laufenden Kosten, die ich alleine bezahlen muss. Von was soll ich noch für die Rente sparen. Ich hab bisher noch nie einen Kredit aufgenommen oder mein Konto überzogen.Ich sehe es nicht ein, dass ich mich komplett einschränke im meinem ganzen Leben für ein Rente, die ich vielleicht erreiche. Sehe ich das Lebensdauer, die meine Verwandtschaft erreicht hat, dann ist es 71 bis maximal 75 Jahre. Derzeit haben wir ein Rentenalter bis 67 Jahre. Bis ich zur evtl. Rente komm, sind wir bestimmt bei 70 Jahre, somit hab ich 1-5 Jahre. Al
Hallo Adelheid,
ohne dich und deine Lebensumstände genau zu kennen. In meinem Beitrag stimme ich dir aber doch im Großen und Ganzen zu:
Wer nahe am Mindestlohn verdient, mag Sparen und auf die Seite legen, ja. Aber nicht für die Rente, sondern generell als Reserve, die man im Leben vielleicht mal braucht.
Hallo Chris,
sorry, wenn ich dein Kommentar anders aufgefasst hab.
Hi Patrick,
Ein spannender Artikel wieder mal. Ein paar Aspekte zum Thema fehlen mir allerdings.
Für mich ist das Thema Unabhängigkeit auch eines der Wichtigsten. Ebenfalls finde ich die Strategie des passiven Investierens sehr interessant. Wobei sich Renditen sicherlich deutlich toppen lassen, würde man zur passenden Zeit aus den Aktienanlagen in sichere Anlagen wechseln und später dann, nach dem nächsten Börsencrash, wieder zurückkehren. Aber das soll gar nicht mein Thema sein.
Sehr sinnvoll finde ich das passive investieren allgemein für den Vermögensaufbau. Für die Altersvorsorge kommt das ganze sicherlich in vielen Fällen an Grenzen. Beispielsweise bei dem Thema Krankheit. Arbeitsunfähigkeit. Nicht ohne Grund sind Altersvorsorgeverträge, ob nun gesetzlich oder privat, im Kollektiv geregelt. Das heißt, dass das Risiko des Einzelnen auszufallen, eingepreist ist. Und dafür das Kollektiv auf einen Teil der Renditen verzichtet. Somit ist sichergestellt, dass trotz Krankheit Ziele erreicht werden können.
Das Thema Steuern und Co hast du in einem Nebensatz ganz kurz erwähnt. Obwohl nach dem passiven Investment Ansatz jeder für sich spart, bleiben wir ja doch Teil des Kollektivs. Und da kommt ein großes Problem auf dich zu …
Mal angenommen, du hast die Disziplin, 20 oder 30 Jahre so viel Geld zu sparen. Und gleichzeitig weißt du um die Gesetzmäßigkeiten der Politik und die Löcher in den Kassen. Vermutlich wird kein Sozialminister in der Zukunft sagen – na super, der Patrick hat 40 % seines Einkommens monatlich zur Seite gelegt. Somit ist sichergestellt dass wir uns um den nicht kümmern müssen.
Nein, das ganze Gegenteil wird eintreten! Wortgewandt wird man erklären, warum man für alle Patricks dieser Welt, die deinem Modell gefolgt sind, die Steuern und Abgaben nach und nach immer weiter erhöhen muss. Denn selbst wenn du es schaffst, für dich das Vermögen welches du brauchst, anzusparen, bist du immer noch Teil dieses Kollektivs.
Vor zehn Jahren waren ja Erträge aus Investmentfonds nach einem Jahr steuerfrei. Heutzutage schlägt die Abgeltungssteuer zu, mit insgesamt ca 27 %. Am Ende weiß der Staat, das Kollektiv, immer, wo es Geld zu holen hat. Es betrifft eher nicht die Superreichen, sondern eher diejenigen, die sich beizeiten Gedanken gemacht haben und Geld zur Seite gelegt haben. Oder beispielsweise eine Immobilie erworben haben. Wenn man sich mit Immobilienbesitzern unterhält, die vielleicht schon seit einigen Jahrzehnten dabei sind, so sind diese doch ganz schön abgegessen. Von all den ganzen Zusatzabgaben, die immer wieder dazu kommen. Und da kommt ein großes Problem von Immobilien zum Tragen – wie der Name schon sagt, sind sie halt nicht mobil. Ich kann sie nicht einfach mitnehmen, in ein anderes Land oder ähnliches. Mit dem angesparten Vermögen verhält es sich ein wenig ähnlich. Der Staat hat immer seine Augen darauf.
Ich bin mir sehr sicher, dass dem Staat nicht die Fantasie fehlen wird, weitere Abgaben für Aktien Besitzer, Investmentsparer und weitere auf dem Weg zu bringen.
Ein weiterer Aspekt, der mir mindestens ebenso wichtig ist… Mir klingt das Ganze doch sehr – verbissen? Bei dem Beispiel, welches du in einem Kommentar erwähnt ist, wo ein Geringverdiener von 1000 auf 1500 € im Einkommen steigt und dann die Chance hat, 33 % zu sparen… sorry, aber solche Gedanken finde ich weit abseits von jeder Realität. Und Menschen, die tatsächlich so handeln, kann ich mir in meinem täglichen Umfeld nur schwer vorstellen.
Vielleicht geht ja sogar alles gut. Vielleicht wird man dann aber auch am Tag X, wenn es soweit ist dass das Sparziel erreicht ist, von einer grandiosen Enttäuschung überrascht? All die Entbehrungen über die Jahre, und dann so ein Leben, vielleicht begleitet von Krankheiten oder ähnlichem? Vielleicht der Erkenntnis – während ich auf viel Konsum verzichtet habe, viele Reisen nicht gemacht oder sonstiges verpasst habe, mich auf meinen Sparziel fokussiert habe – ja, da ist mein Leben an mir vorbei gelaufen und nun kann ich dieses leider nicht mehr nachholen.
Das Leben ist ja immer noch das was dir passiert, während du andere Pläne machst, nicht wahr? Ich persönlich finde Sparsamkeit eine schöne Tugend. In vielem, was du geschrieben hast, hätte ich die Sorge, dass es in Geiz übergeht.Geiz gegenüber mir selbst und gegenüber anderen.
Am Ende ist Geld wertlos, ein Stück bedrucktes Papier. Wir messen diesem unterschiedlich viel Wert bei. Für mich ist Geld auch ein Transportmittel zum Austausch von Energien. Der Bäcker produziert ein Brot, ich zahle dafür Geld und stelle damit einen Ausgleich her. Ich erbringe für meinen Klienten eine Dienstleistung. Den Energieausgleich stellt er her über das Geld. Für welches ich mir wieder Brot kaufen kann. Für welches der Bäcker bei meinem Klienten einkauft. Oder meine Dienstleistung in Anspruch nimmt.
Wenn ich nur ganz verbissen Monat für Monat Jahr für Jahr spare, spare und spare für mein großes Ziel… und das Leben hat gerade andere Pläne… dann komme ich früher oder später vielleicht doch an den Punkt, mich sehr zu ärgern. Ärgern über – verpasstes Leben? Damit Wirtschaft funktionieren kann, muss Geld auch im Umlauf sein. Somit kann der Ansatz sicherlich für den ein oder anderen funktionieren, aber nicht für eine Volkswirtschaft oder große Teile derselbigen.
Einen Aspekt noch zum Schluss – seitdem ein Italiener Chef der Europäischen Zentralbank ist, haben wir eine unglaublich lockere Geldpolitik. Im Endeffekt werden Märkte mit Geld überschwemmt, welches keinen Gegenwert mehr hat. Wenn zu viel Geld im Umlauf ist, ist eine Folge dessen Mittel- oder langfristig immer wieder Inflation. Von daher lauert spätestens an dieser Stelle noch mal eine gigantische Gefahr für das Konzept.
Ich finde es im Fazit sinnvoll, privaten Vermögensaufbau in Form von passivem investieren anzugehen. Als Altersvorsorge taugt das Instrument für mich nur bedingt. Darüber hinaus wünsche ich mir weniger Menschen, die verbissen 30, 40 oder noch mehr Prozent ihres Einkommens zwanghaft sparen, über Jahrzehnte. Klar, das Leben besteht nicht nur aus Konsum. Aber ganz sicherlich auch nicht aus einem zwanghaften fixiert sein auf einen Tag X. Der vielleicht nie kommen wird. Soweit meine Gedanken zu diesem spannenden Thema.
Ich wünsche dir ein entspanntes Pfingstwochenende und viele weitere gute Ideen für spannende Blogbeiträge!
Uff, was für ein Roman… Dem Grundtenor kann man natürlich nur zustimmen. Aber vielleicht wäre es besser gewesen, den Inhalt in zwei oder gar drei Artikel zu teilen, um einfacher einem roten Faden zu folgen.
Persönliches Feedback: Ich bin nun mit Mitte 30 im 10. Berufsjahr, und wenn meine Prognose stimmt werden meine (Brutto) Kapitalerträge in diesem Jahr meine Warmmiete und „Grundlebensmittel“ decken, und damit die größten Posten bei meinen Ausgaben.
Möglich gemacht hat das, wie im Artikel beschrieben, die Kombi von einem inzwischen (laut deiner Statistik) überdurchschnittlichem Gehalt und trotzdem immer noch quasi studentischem Lebensstil.
Wo genau das mal hin führen soll, das weiß ich noch nicht. Aber es ist wirklich sehr beruhigend zu wissen, dass ich im Falle einer spontanen Kündigung weder ausziehen noch hungern muss, und das völlig ohne Stütze.
Danke für dein Feedback! Ich arbeite daran, auch in langen Texten einem roten Faden folgen zu können :-)
Und Glückwunsch zu deiner finanziellen Absicherung!
Hallo Patrik,
das ist ein Artikel, in dem Du eigentlich darüber schreiben wolltest, wie man sein Geld anlegt, denn damit hast Du Dich beschäftigt. Als Nebenthema und Überschrift wird ein anderes Thema genannt, nämlich warum / wie / ob man sparen soll, der Sinn des Sparens.
Zum Geldanlegen hast Du sicher recht. Ich habe mich damit noch nicht beschäftigt, es klingt aber sehr plausibel, und einige Argumente sind auch ohne Fachwissen verständlich.
Zum Sinn des Sparens ist es schwieriger, auf Deinen Artikel zu antworten. Du zitierst Gründe und nennst sie Ausreden. Wir mit unserer Großfamilie leben zum Beispiel immer noch auf studentischem Niveau, Du kannst Dir sicher vorstellen, daß sich bei einem Verdiener der Standard sogar senkt (Anzahl der Familienmitglieder mal 800€ ist bei nur 3 Kindern schon ein Einkommen von 4000€, das nicht alle Verdiener erreichen). Natürlich kann man immer irgendwie sparen, zB auf Biogemüse verzichten und die Kinder kein Instrument lernen lassen, um mal unsere Luxusausgaben zu nennen. Aber dann müßte man auch ein Wort darüber verlieren, wann man die Grenze zwischen einem Leben in der Gegenwart und einem Leben, das nur noch in die Zukunft (Gesundheit, Ausbildung der Kinder) investiert, erreicht ist. Und man soll ja auch für ein sinnvolles Leben im Hier und Jetzt das bewußt gestalten, was einem wichtig ist, und nicht nur auf später hoffen. Insofern hätte es Deinem Artikel gutgetan, diese Punkte klarer zu trennen, und auch klarzustellen, daß Du unterschwellig davon ausgehst, daß ein Mindeslebensstandard zum Sparen dazugehört, und daß Du Dich damit vornehmlich an Kinderlose richtest. In einer Großfamilie rechnen sich zum Beispiel auch viele Dinge ganz anders: Selbstkochen aus Grundzutaten lohnt sich viel mehr, was Energie, Zeitaufwand und Resteverwertung angeht. Das Haus muß mindestens 7 Zimmer haben, solche Wohnungen gibt es nicht zu mieten. Der Hauskredit für 7 kleine Zimmer ist übrigens gleichhoch wie die Miete für 4 Zimmer, deshalb war für uns bauen billiger als mieten. Die Lebensqualität auf dem Land ist eine andere als im Beton, gerade für Kinder, die sich ohne Verkehr bewegen müssen. Dafür muß man aber auch ein Auto finanzieren, das 7 Plätze hat. Selbstveständlich schneide ich den Kindern die Haare selbst, bastele viel, koche selbst, und eine DVD ist billiger als 5x Kino-Eintritt, wir tragen gebrauchte Kleidung, und unsere Kinder sind immer die einzigen, die zur Einschulung keinen neuen Ranzen für 130€ bekommen… Für uns gelten Gruppenkalkulationen, die Deine Musterrechnungen so nicht widerspiegeln können.
Unser Haus war übrigens nach 12 Jahren abbezahlt: Viel Eigenkapital (Bausparverträge, Erbe), und ein Kredit mit 3% Tilgung und jährlich 2000€ Sondertilgungsrecht. Ich gebe Dir recht, daß ein Hauskredit über 25 Jahre Käse ist: Wenn er abbezahlt ist, fangen die Reparaturen an. Dann lohnt sich ein Hausbau nur, wenn man mehr Platz braucht als anzumieten ist. Aber wir wohnen jetzt definitiv günstiger (können auch Solar-Warmwasser und eigenen Strom erzeugen) als zur Miete, von der Lebensqualität mal ganz abgesehen. Und damit meine ich nicht, daß wir die teuerste Innenausstattung hätten!
Ich glaube, das ist ein Punkt, der auch noch fehlt: Bei Deinem Freund erwähnt Du den gehobenen Lebensstandard. Aber nicht, wie man sparen soll, wenn man den Lebensstandard gar nicht angehoben hat, und es trotzdem nicht reicht. Da wirst Du zumindest nicht richtig konkret, zitierst nur Deine Vollversicherungen und regelmäßige Konsumausgaben.
Ein Artikel über Versicherungen wäre vielleicht auch eine Idee, denn m.E. ist Hausrat, Haftpflicht und Unfallversicherung bei Kindern sehr wichtig. Wer weiß, was andere da so alles noch versichert haben? Natürlich verdienen Finanzberater, und als solche bezeichnen sich auch Versicherungsverkäufer, an jedem Abschluß. Ungefähr so viel, wie ein Monatsbeitrag der abgeschlossenen Versicherung. Bei Lebensversicherungen zahlt man übrigens die ersten 3 Jahre nur die Provision ab.
Wir sind gerade am Überarbeiten unserer Finanzen. Insofern müssen wir halt erstmal klären, wo wir vielleicht noch etwas sparen können, und dann werde ich sicher noch öfter auf Deinen Artikel zurückgreifen, um mich einzulesen, wie wir das Geld anlegen. Vielen Dank, daß Du Dein Wissen mit uns teilst!
Viola
sorry, noch was: Der Grund, warum jemand mit 40 in Rente gehen möchte, ist mir unverständlich: Wer mit seiner Arbeit unzufrieden ist, hat den falschen Job. Ich verstehe, daß man sich finanziell absichern möchte, damit man entscheiden kann, was man tun will, aber das Klischee vom Reihenhaus und dem ungeliebten Firmenarbeitsplatz finde ich unglücklich.
Super Artikel, Glückwunsch! Auch ich war früher (leider) Kunde von Fondsvermittlern und habe dadurch Geld verloren. Eine bessere Performance hätte ich durch ETFs, die ähnliche Anlageziele haben, erreicht. Toller Artikel, den ich nur empfehlen kann, weiter so!
Hallo,
ein sehr schöner Artikel, der viele Aspekte berücksichtigt.
Eine klare Leseempfehlung für jeden, der sich bisher noch keinerlei Gedanken um seine Ziele und Finanzen gemacht hat.
Hier meine Story in Kurzform:
Ich habe bis zu meinem 25. Lebensjahr von Tag zu Tag gelebt und nie ein Ziel im Leben gehabt, außer dass ich irgendwann mal Kinder haben wollte. Als ich meine heutige Frau kennen lernte und 2010 mit ihr zusammen zog machte ich eine großartige Entwicklung durch. Ich lernte viel über Politik, Wirtschaft, Geldschöpfung, Investieren und Minimalismus. Dank der Literatur von Dirk Müller, Gerald Hörhan, Benjamin Graham, Gerd Kommer, dem Finanzwesir, Mr Money Mustache und dem frugalen Oli bin ich heute mit 32 ein anderer Mensch. Ich habe ein konkretes Ziel und arbeite darauf hin. Natürlich wisst ihr, was das Ziel ist: FIRE! :-)
Nebenbei habe ich meine Leidenschaft, nämlich das Investieren, zu meinem Nebenberuf gemacht und helfe heute anderen Menschen, ihre Finanzen zu ordnen. Sobald mein Vermögen groß genug ist, werde ich meinen Hauptjob im Hamsterrad verlassen und mich nur noch meiner Selbstständigkeit widmen. Und vermutlich noch weitere Projekte starten. Aber darüber mache ich mir erst Gedanken, wenn es soweit ist.
Ich wünsche euch allen gutes Gelingen!
Viele Grüße
Benjamin
PS: Ich habe einen Sohn und kann bestätigen, dass Kinder nicht teuer sind. Wenn ich die ganzen Geschenke aus der Verwandschaft und das Kindergeld gegen die Kosten aufrechnen würde, (ich könnte ja mal ins Haushaltsbuch schauen) komme ich vermutlich +-0 raus! Mein Sohn ist gerade 2 geworden.
Lieber Patrick,
vielen Dank für Deinen tollen Artikel, der das Thema finanzielle Unabhängigkeit und aktive Altersvorsorge sehr gut verbindet.
Bei den Möglichkeiten des Investierens bist Du auf Immobilien nur kurz eingegangen und das auch nur aus der Sicht der Eigennutzer. Unter diesem Blickwinkel muss ich Dir Recht geben.
Aber, das Investieren in Immobilien zum Vermieten sieht hinsichtlich der Rentabilität viel besser aus.
Mit 20 bis 40% Eigenkapital kannst Du aktuell den restlichen Betrag für die Investition als Darlehen mit einem Zinssatz von 1,5 bis 2,5% bekommen. Gleichzeitig ist eine Mietrendite von 4 bis 5% und in guten Lagen noch darüber möglich. Damit wird Dein eigenes Geld mit 4 bis 5% und mehr verzinst. Für die restlichen Mittel, die Du Dir als Darlehen beschafft hast, kannst Du die Zinsdifferenz noch auf der Habenseite verbuchen. Außerdem tritt durch die Steuerabschreibung ein weiterer positiver Effekt hinzu, der bei mittlerem und hohem Einkommen unbedingt zu beachten ist. Insgesamt (1. Verzinsung des Eigenkapitals, 2. Verzinsung des Fremdkapitals und 3. Steuerersparnis) ergibt sich eine Gesamtverzinsung des von Dir eingesetzten Eigenkapitals, die nicht unter der von gut gehenden ETF – Fonds liegen dürfte.
Allerdings gibt es auch bei dieser Investitionsvariante einige Dinge zu beachten. Man muss sich mit der Materie beschäftigen und die Marktlage kennen, denn man möchte ja keine „Schrottimmobilie“ erwerben. Die Rendite verringert sich etwas, wenn man nach der Investition die notwendige Verwaltung einer Hausverwaltung überlässt. Aber, so kann man sich zurücklehnen und abwarten…, so wie mit Fonds, die man für sich arbeiten lässt, ohne sich kümmern zu müssen.
Manche betrachten Darlehen auch als mentale Belastung und als Gegenteil einer finanziellen Unabhängigkeit. Das muss man akzeptieren. Aber, wenn die Immobilie deutlich mehr wert ist, als das Darlehen, dann ist man auf der sicheren Seite und kann entspannt sein.
Du weißt ja, ich habe meine ganze Altersvorsorge auf Investitionen in eigene Immobilien, nicht in Immobilienfonds, gegründet. Mit den bisherigen Erfolgen bin ich recht zufrieden :-).
Beste Grüße
Volkmar
Hallo Volkmar,
da gebe ich dir vollkommen recht. Ich beschäftige mich derzeit auch mit Immobilien und durch den Fremdkapitalhebel kann man viel bewegen. Ich glaube aber auch, dass man sich noch wesentlich tiefer einarbeiten muss bzw. in der Anfangsphase alles komplizierter ist, als einfach einen Indexfonds zu kaufen (was wiederum auch dazu führen kann, dass Leute leichtsinnig Fonds kaufen, ohne sie zu verstehen).
Ich finde beides interessant :-)
Viele Grüße
Patrick
Hallo, erstmal ganz toller Blog! Bin über eins eurer Zuuckerbücher auf euch gekommen. Das Thema Sparen etc. interessiert mich sehr, ich befinde mich grade in einem Zweitstudium, das finanziell mir nix bringen wird und habe zwei kleine Kinder. Also: Geld ist für mich nur Mittel zum Zweck. Kann auch keine finanziellen Sprünge machen. Aber zumindest etwas riestern… Mein Mann und ich sind immer knapp unter oder knapp über dem Medianeinkommen gewesen, könnten aber trotzdem fast 30% unseres Jahresbruttoeinkommens sparen. Jetzt, nach dem Wegfall meines Einkommens durch Elternzeit und Studium natürlich weniger. Wir investieren aber auch ordentlich, am meisten in Bildung… Weswegen wir unsere Ersparnisse auch nie fest investieren wollten, da wir immer mal größere Ausgaben hatten… Ich finde, dass man viel offener über Geld sprechen sollte, aber es darf auch nicht zu amerikanisch werden, wenn du verstehst. So ein Zwischending ist wichtig: Im Hier und Jetzt leben, aber auch nicht immer nur am Limit leben. Und für 50% und mehr Menschen in Deutschland ist Sparen tatsächlich nicht möglich oder nur in geringen Dosen, da sie unter die Armutsgrenze (60% des Medianeinkommens) fallen. Da hilft die beste Selbstoptimierung nicht. P.S. Die Zeit, die man mit Privatinvestments etc. verbringt, ist oft kostbarer als die Rendite…… Alles Abwägungssache….
Sehr schöner Artikel. Da steckt viel Mühe drin. Auch die Quellen und Links gefallen mir sehr gut. Bitte weiter so. Hat Spaß gemacht zu lesen.
Viele arbeiten nicht, um zu leben, sondern sie leben, um zu arbeiten.
Genuss muss nicht immer mit Konsum zusammen hängen.
Das ist schon mal der erste Schritt in Richtung Befreiung vom Hamsterrad, den du hier gut aufgezeigt hast.
Grüße
Karsten
Gute Stragegie, um dem Hamsterrad zu entkommen.
Ich habe das Thema bisher nicht recherchiert, lebe aber seit Jahren wie ein Student wegen der Freiheit und Unkompliziertheit mit einer Sparquote von 60% bei einer 20-Stunden-Woche.
Mann sollte sich allerdings im Klaren sein, dass es einem die Partnersuche erschwert, sparsam mit seinen Ressourcen umzugehen, kein Auto zu besitzen etc. Klar, du kannst dir erzählen so Goldgräber auszusortieren aber letztendlich entsprichst du einer übergewichtigen Frau und musst das anderswo wettmachen.
Hallo Nick,
eine so hohe Sparquote mit einem Teilzeitjob klingt sehr interessant :-)
Ich sehe meine eigene Sparquote als nicht sehr starr an. Wenn es meinem persönlichen Glück hilft, mehr Geld auszugeben, dann würde ich das auch tun. Die Partnersuche wäre sicher so ein Aspekt.
Viele Grüße
Patrick
Hallo Patrick,
ja, finanzielle Unabhängigkeit als ultimatives Ziel erscheint mir sinnlos. Wenn ich Geld-, Energie- und Zeitfresser eliminiere, dann um meine begrenzten Ressourcen anderweitig sinnvoller einzusetzen.
Die Frage ist, was du mit deiner begrenzten Zeit anfangen willst und wie du allem einen Sinn gibst. Ernest Becker beschreibt es wunderschön in The Denial of Death:
There is the type of man who has great contempt for „immediacy,“ who tries to cultivate his interiority, base his pride on something deeper and inner, create a distance between himself and the average man. Kierkegaard calls this type of man the „introvert.“ He is a little more concerned with what it means to be a person, with individuality and uniqueness. He enjoys solitude and withdraws periodically to reflect, perhaps to nurse ideas about his secret self, what it might be. This, after all is said and done, is the only real problem of life, the only worthwhile preoccupation of man: What is one’s true talent, his secret gift, his authentic vocation? In what way is one truly unique, and how can he express this uniqueness, give it form, dedicate it to something beyond himself? How can the person take his private inner being, the great mystery that he feels at the heart of himself, his emotions, his yearnings, and use them to live more distinctively, to enrich both himself and mankind with the peculiar quality of his talent? In adolescence, most of us throb with this dilemma, expressing it either with words and thoughts or with simple numb pain and longing. But usually life sucks us up into standardized activities. The social hero-system into which we are born marks out paths for our heroism, paths to which we conform, to which we shape ourselves so that we can please others, become what they expect us to be. And instead of working our inner secret we gradually cover it over and forget it, while we become purely external men, playing successfully the standardized hero-game into which we happen to fall by accident, by family connection, by reflex patriotism, or by the simple need to eat and the urge to procreate.
Viele Grüße
Nick
Hallo Patrick,
vielen Dank für deinen umfassenden Artikel! Ich muss jedoch gestehen, als es dann doch recht konkret um die Anlage der Ersparnisse ging flüchtiger gelesen zu haben – jedoch froh darüber bin, für die Thematik des Sparens sensibilisiert worden zu sein. Aktuell bin ich Studentin, 19 Jahre alt und lebe mit 680€ monatlich, von denen ich jeden Monat 150€ spare und auch seit meinem Auszug vor einem Jahr ein Haushaltsbuch führe. Mein Traum ist es, einen amerikanischen Schulbus auszubauen oder in einem Bauwagen zu wohnen. Mit 13.000€ Ersparnissen (größtenteils Geldgeschenke, Erbe, ein Studentenjob in den Semesterferien) bin ich, wie ich finde, gut dabei, möchte aber nach der größeren Investition nicht ohne Rücklagen dar stehen.
Als Sparfuchs und Minimalistin möchte ich nicht viel Geld in Literatur zu dem Thema investieren. Daher hoffe ich, dass du mir, neben der Blogempfehlung in deinem Artikel, noch ein paar Tipps mit auf den Weg geben kannst. Für mich sind Finanzen noch Neuland und daher bin ich dankbar für Blogempfehlungen, die sich für Unwissende eignen.
Lieben Dank
Tamara
Hi Tamara,
die aus meiner Sicht besten Blogs (Mr Money Mustache, Frugalisten, Finanzwesir) habe ich im Artikel schon erwähnt. Außerdem kannst du mal bei Finanzglück.de vorbeischauen oder hier: http://finanzblogroll.de (da findest du die meisten deutschen Finanzblogs).
Viele Grüße und viel Erfolg beim Erreichen deiner Ziele
Patrick
Hallo Patrick,
danke für den tollen und sehr anschaulichen Artikel (bisher kannte ich hauptsächlich deine Reiseberichte)! Da ich schon immer recht sparsam lebe, hat das Thema großes Interesse bei mir geweckt. Mittlerweile habe ich mich auch schon mit Begeisterung durch alle Artikel auf Frugalisten.de durchgearbeitet und mit der „Kommer-Bibel“ angefangen. Gar nicht so einfach, sich in die Thematik einzuarbeiten. Ähnlich wie du habe ich jahrelang auf Empfehlung irgendwelche Fonds gekauft. Deine 13% Gewinn kann ich sogar deutlich unterbieten (8,8% in 7 Jahren), grummel. Aber damit wird bald Schluss sein! Mich würde interessieren, was du mit deinem alten Portfolio gemacht hast? Hast du nun alles in ETFs investiert? Ich sehe das Problem, dass beim Verkauf Steuern anfallen…
Hallo MelB,
danke für deinen Kommentar. Es freut mich, dass dein Interesse geweckt wurde und du dich gleich so motiviert informierst. Ich hab den Oliver von Frugalisten.de kürzlich mal getroffen. Wir hatten ein gutes langes Gespräch über die Thematik.
Ich habe mittlerweile alle Altlasten (aktive Fonds) verkauft und das Geld anschließend gleich in ETFs investiert. Ich hatte viele Fonds, bei denen es fast keine Wertentwicklung gab. Die lebten nur von den Ausschüttungen, die sowieso versteuert wurden. Nur ein Fonds war mit 35% im Plus, da habe ich halt Steuern drauf gezahlt. Aber ich denke, das wird sich schon rechnen. Ich plane ja mit einem Horizont von 30+ Jahren. Wenn der aktive Fonds jährlich 1,5-2% an Kosten abzweigt, summiert sich das über die Jahre auf viel höhere Beträge als die einmal gezahlten Steuern. Aber klar, ständig umschichten sollte man auch nicht.
Ich wünsche dir noch viel Spaß bei der Recherche und beim Investieren!
Das Problem ist dass man dem Hamsterrad nicht entkommen kann. Man darf maximal 5% des Jahresbrutto im Jahr als Altersvirsorge sparen. Spart man mehr und ein Angehöriger wird pflegebedürftig dann wird man enteignet.
Einzige Alternative ist es Teilzeit zu arbeiten.
Weniger Konsum, weniger arbeiten und dafür mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben. Das ist alles schön und gut. Ich arbeite 20Std. die Woche, bekomme zwar nur den Mindestlohn, bin aber dennoch mit meinem Job und meinem Leben zufrieden. Kein Auto, kein Smartphone, keine teuren Reisen, keine Playstation usw. und all diese Dinge brauche ich auch nicht um glücklich zu sein. Aber jahrelang 40% Prozent vom Einkommen sparen für das „Irgendwann“ oder „Vielleicht“ käme mir dennoch nie in den Sinn. Da müsste ich ja Vollzeit arbeiten und ich arbeite doch um leben zu können und nicht umgekehrt. Ich genieße lieber das Hier und Jetzt, gönne mir am Wochenende einen schönen Ausflug mit einem gepflegten Essen und einem Bierchen dazu und im Frühjahr und im Herbst fahre ich jeweils für ein paar Tage in die Alpen und gönne mir dann auch mal ein 4 Sterne Hotel. Scheiß drauf…denn nur das Hier und Jetzt zählt!
Und überhaupt finde ich es schon ziemlich unrealistisch was hier so geschrieben steht. 40 Prozent des Einkommens für die Privatrente zu sparen, so kann nur einer daher reden der überdurchschnittlich verdient. Sag mal einem durchschnittlichen Mindestlöhner hier in Leipzig, der vllt auch noch ein Kind hat, er soll 40 Prozent vom Lohn sparen. Der wird dir was husten :-)
Hallo Neffe,
prinzipiell sehe ich das mittlerweile genauso wie du. Für mein nächstes Buch beschäftige ich mich weiter mit dem Thema und spreche dafür auch mit Menschen wie dir, die bewusst Teilzeit arbeiten (oder andere Modelle verfolgen), um jetzt zufrieden zu sein – nicht später.
Ich teile allerdings nicht deine Einschätzung, dass die hier genannten Beispiele unrealistisch seien. Zum einen ist es für einen Selbständigen, der mit 40 Jahren noch nichts angespart hat, schlichtweg notwendig 40 Prozent seines Einkommens zu sparen (darauf bezieht sich diese Zahl), um im Alter von 65 Jahren auswärts weiter ordentlich leben zu können. Zum anderen frage ich, weshalb soll eine Sparquote von 40 Prozent für einen Durchschnittsverdiener unrealistisch sein, wenn du doch selbst mit 20 Stunden in Teilzeit und einem Mindestlohn-Stundensatz gut über die Runden kommst? Dann müsste doch bei einem Vollzeitjob und ein paar Euro mehr die Stunde ordentlich was hängen bleiben. Das tut es aber für gewöhnlich nicht, da oft die Ausgaben mit dem Einkommen steigen.
Viele Grüße
Patrick
Sehr ausführlicher und spannender Artikel, lieber Patrick!
Ich erkenne mich in vielen Punkten wieder. Ich mache zwar einiges – wie Rücklagen fürs Alter zu bilden (besonders wichtig, da ich selbständig bin und das privat tun muss) oder 10% meines (Netto-)Einkommens monatlich aufs Tagesgeldkonto zu schaffen. Allerdings zapfe ich meine Ersparnisse gerne bei Bedarf auch an. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ich jemals nicht arbeiten werde. Dafür erschaffe ich zu gerne Dinge. Klar ist es schön, wenn man es zum Spaß tun kann und nicht weil man muss! Aber mein persönliches Ziel im Leben ist es eher, absolut unabhängig von einem Chef zu sein und um Geld zu verdienen nur das zu tun, was mir Spaß macht. Und das habe ich bereits jetzt erreicht :-)
Liebe Grüße,
Bernadette
Hallo Bernadette,
schön, dass du das erreicht hast. Damit hast du schon mehr als viele andere :-)
Ich würde allerdings nicht unterschätzen, dass sich Prioritäten im Leben ändern können und auch die Lust und Fähigkeit, so viel zu arbeiten, dass man immer genug Einkommen generiert. Seit dem Artikel hat sich meine Einstellung auch derart geändert, dass ich noch lange weiterarbeiten möchte, allerdings weniger als früher und ich kann mir vorstellen, dass irgendwann auch weitgehend Schluss ist. Vielleicht erst mit 60, aber dann habe ich – wenn alles gut geht – auch noch 30 Jahre vor mir, in denen ich keine Rente beziehe.
Viele Grüße
Patrick
Hallo Patrick, ich habe dein Interview im Podcast vom Finanzrocker gehört, es ist wirklich toll. Dein Buch über finanzielle Freiheit habe ich schon vor Wochen gelesen und es spricht mir in einigen Punkten aus der Seele, vor allem das Thema: wofür will ich denn frei sein? Was kommt denn dann? Ich habe bereits einige Personen in meinem Umfeld in den weich gepolsterten Vorruhestand gehen sehen und deren Entwicklung beobacht – es wird langweilig! Weil niemand plant, was er dann mit der Freiheit anfangen will, nur ja keine Verpflichtung mehr und die Zeit kann man mit Fitness und Reisen schon gut rumgehen lassen. Jeder wie er mag, nur findet nichts Spannendes, keine Entwicklung mehr statt. Und am Ende auch kein Wunsch mehr danach, weil es anstrengend sein könnte. Ob man damit in Summe glücklicher ist als zuvor wage ich zu bezweifeln…. und das wäre doch auch ein Projekt wert: was braucht es zu einem erfüllten Leben und wie kommt man dahin?
Liebe Grüße Petra
Hallo Petra,
schön, dass dir das Interview mit Daniel gefallen hat. Mir hat’s auch Spaß gemacht. Wie du ja weißt, komme ich zu dem gleichen Schluss: Nur frei sein und gar keine Verpflichtungen mehr einzugehen, kann schnell langweilig werden. Verpflichtungen haben auch etwas Gutes.
Viele Grüße
Patrick
Hallo Patrick,
herzlichen Dank für deinen wirklich tollen Artikel!!
Früher Workaholic und Konsumschla**e par excellence: gern auf dem Rückweg einer 19-stündigen Geschäftsreise 7,84€ für ein RedBull ausgegeben, weil man sich so toll und crazy businessmäßig wichtig vorkam.
Jetzt bin ich fassungslos über meine eigene Dummheit …
Ich will nicht mehr fremdbestimmt durch die Gegend rennen, das eigene Leben verpassen, um Quatsch zu kaufen, den ich gar nicht brauche und Sachen zu machen, die stumpfsinnig sind.
Weg von „Leben um zu Arbeiten“ hin zu „Arbeiten um zu Leben“.
Los gehts mit 38. Und nein, es ist mit Sicherheit nicht zu spät, weil ich nie wieder so jung sein werde, um anzufangen. Und weil man durch Selbstbestimmtheit sehr viel für sich und seinen Selbstwert tut.
Patrick, vielen Dank für den Artikel. Mir hat er sehr geholfen und ich werde ihn mir noch ganz oft durchlesen!!
kochen ist nicht kostenlos…………
Hallo Patrick
Super Artikel. Den werde ich sicher an Leute weiterleiten, die ein wenig Inspiration brauchen.
Ich glaube jedoch, dass der Fehlerteufel zugeschlagen hat: „Wenn wir zehn Prozent unseres versteuerten Einkommens sparen, müssen wir zehn Jahre arbeiten (und sparen), um anschließend ein Jahr frei leben zu können“. Müsste es nicht eher so sein, dass man nur neun Jahre arbeiten müsste um ein Jahr frei leben zu können? Schließlich benötigt man ja nicht 100% des Einkommens zum leben, sondern nur 90%.
„Bei einer Sparquote von 20 Prozent müssten wir nur fünf Jahre arbeiten, um eines frei zu sein“. Hier müsste es wohl vier statt fünf Jahre heißen.
In diesem Satz ist es dann korrekt: „Sparen wir sogar 50 Prozent unseres Nettoeinkommens, können wir jedes zweite Jahr ohne Arbeit auskommen.“
Vielleicht möchtest Du das noch korrigieren. Dann klingt das Sparen für manch einen sicher noch verlockender ;-)
Gruss
Mirko
P.S.: Meinen Kommentar darfst Du gern wieder löschen. Mit Deiner Korrektur würde er ja hinfällig werden.
Guter Post! Nichts gegen passives Investieren … wer allerdings Interesse am Thema Aktien&Investieren entwickelt, kann durch „milde“ aktive Strategien im Aktienbereich (z.B. warum nicht in BRK B, Warren Buffet’s Berkshire Hathaway investieren oder andere bekannte Investoren wie Phil Town/R#1 Investing, Bill Ackmann/Pershing Square Holdings, etc. kopieren/“klonen“ auf Neudeutsch, Portfolios können auf youtube, dataroma, cheaper than gurus, … verfolgt werden) oder im Optionsuniversum (sogenannte Stillhalterstrategien/“Verkauf“ von Optionen ermöglichen einen konstanten Cashflow bei kalkulierbarem Risiko) sogenannte „Überrendite“ generieren.