Meine etwas andere Bucket List

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Eine der häufigsten Fragen, die ich als Reiseblogger höre: „Welche Ziele stehen noch auf deiner Bucket List?“ Gemeint ist eine Wunschliste mit Reisezielen. Jeder zweite Reiseblogger hat eine solche Liste. Sie muss sich allerdings nicht aufs Reisen beschränken, sondern kann auch Lebensziele enthalten. Viele Menschen pflegen so eine Liste, ob schriftlich oder in ihren Köpfen. Beliebte Wünsche sind: mit Delfinen schwimmen, den Grand Canyon sehen, ein Tattoo stechen lassen, ein Buch schreiben.

Ein paar Beispiele für Bucket Lists:

Solche Artikel mit Reise- und Lebenszielen werden häufig gelesen, kommentiert und in den Himmel gelobt. Für Blogger sind sie ein sicheres Mittel, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Dass die meisten Ziele nie in die Tat umgesetzt werden, sondern in den Tiefen des Internets verschwinden, ist zweitrangig. Ambitionierte Träume kommen gut an, denn die Leser wollen mitträumen. Deshalb ist aus Bucket Lists längst ein Geschäftsmodell geworden: 1000 Places to see before you die ist ein Klassiker unter den Geschenkideen. Die Buchläden stehen voll mit ähnlichen Büchern, darunter 101 Dinge, die man getan haben sollte, bevor das Leben vorbei ist. Solche Werke gibt es auch speziell für Männer, Frauen, Paare, Eltern und viele andere Zielgruppen. Träume lassen sich eben gut verkaufen.

Allerdings nähren Bucket Lists die Angst, etwas zu verpassen. Dieses menschliche Phänomen namens FOMO (Fear of missing out) wird durch moderne Kommunikation mit Smartphones, in sozialen Netzwerken und Blogs nur noch verstärkt. Wenn andere kommunizieren, was sie gerade erleben oder zumindest vorhaben, wirkt das eigene Leben langweilig. Dann wird es Zeit eine eigene Bucket List zu erstellen, um die Illusion zu bewahren, alles wäre gut, wenn wir nur noch ein paar Länder bereisen und Erlebnisse sammeln würden. Der Lebensdruck wird enorm und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Lifestyle nur noch größer.

Ich bezweifle, dass jemand glücklich wird, der seine Bucket List abarbeitet. Menschen schätzen das zu erwartende Glücksgefühl zu hoch sein. Ist ein Ziel erreicht, fühlt es sich kurz gut an, doch dann muss es weitergehen zum nächsten Ziel. So sind wir gestrickt, wir können uns nicht lange an einer Sache erfreuen. Glücklich macht das nicht. Weder die Delfine, noch das Tattoo auf der Haut oder das geschriebene Buch. Bei Letzterem kann ich aus Erfahrung sagen, dass die Freude nur kurz anhält.

Keine Sorge, ich empfehle nicht, untätig herumzusitzen und auf das Ende zu warten. Ich möchte lediglich infrage stellen, ob es wirklich Dinge und Erlebnisse sind, die wir wollen. Ich denke, es sind die Gefühle, die wir mit ihnen verbinden. Wir möchten uns beachtet fühlen, wichtig sein, geliebt werden, etwas mit anderen teilen, glücklich sein. Warum also nicht mal eine Liste mit den Dingen erstellen, die wir wirklich wollen?

Meine Bucket List mit Dingen, die ich im Leben erreichen möchte:

1. Werte leben: Ich möchte im Einklang mit meinen Werten leben. Das heißt, ehrlich zu sein, keine faulen Kompromisse einzugehen und meine Seele nicht zu verkaufen. Berufliche Unabhängigkeit und ein hohes Maß an Freiheit sind dafür ein brauchbares Mittel zum Zweck.

2. Beziehungen: Ich möchte mich zu Menschen zugehörig fühlen, indem ich ihnen ein guter Freund, Partner, Bruder, Sohn, Enkelkind, Kollege und Vorbild bin. Ich möchte andere lieben und geliebt werden.

3. Werte schaffen: Ich möchte diese Welt mit einer positiven Bilanz verlassen. Das bedeutet, meine Fähigkeiten derart einzusetzen, dass sie anderen Menschen – allen voran jenen in meinem Umfeld – helfen.

4. Gesundheit: Ich möchte bis ins hohe Alter gesund und fit sein, sodass ich auch die letzten zehn Jahre noch genießen kann. Passend dazu lese ich gerade ein Buch über Hundertjährige. Ob ich aus deren Lebensweise Rückschlüsse auf mich ziehen kann, liest du hier.

5. Selbstliebe: Ich möchte mich auch selbst wertschätzen. Vermutlich wird dies eine Folge der anderen vier Punkte sein.

Meine Wunschliste hat einen Nachteil: Ich kann die Ziele nicht abhaken und mich aufs nächste stürzen, denn ich werde nie fertig sein. Meine Wünsche erfordern immer wieder Anstrengung. Dafür sind sie ehrlich, denn ich verstecke sie nicht hinter materiellen Dingen und Erlebnissen. Wann immer meine Lebensweise sich an diesen Wünschen orientiert, wird das Glücksgefühl tiefer und nachhaltiger sein, als wenn ich mit zehn Touristen in einen Pool voller Delfine springe, ein beliebiges Motiv auf meiner Haut verewige oder ein (weiteres) Buch schreibe.

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