Der süße Feind in deinem Büro

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Eigentlich isst du kaum noch Süßes. Du bist bzw. warst so gut wie weg vom Zucker. Hast schon vor Wochen Diskussionen mit deiner Familie geführt, die Schokoweihnachtsmänner entsorgt, die Gummibärchen zu Freunden mitgenommen und die gut gemeinten Schnapspralinen von deiner Oma weiterverschenkt. Es war schwer genug, deine eigenen vier Wände unter zuckerfreie Kontrolle zu bringen. Ganz zu schweigen von der Welt da draußen, aber du gibst dein Bestes.

Im Supermarkt gehst du schweren Herzens, aber schnellen Schrittes, am Schokoladen-Regal vorbei und stellst dich an der süßwarenfreien Kasse an. Dein Blick schweift über Feuerzeuge, USB-Sticks, Rasierklingen und Kondome. Die lassen wenigstens deinen Blutzuckerspiegel in Ruhe.

Überhaupt ist dir die Omnipräsenz von Zucker erst bewusst, seit du dich zum weitgehenden Verzicht darauf entschlossen hast. Zucker zu vermeiden bedeutet gegen den Strom zu schwimmen in einer Brötchen-mit-Marmelade-Kultur, in der Sportler für Nutella werben, Orangensaft als gesunder Vitaminspender gilt und Coca Cola Kult ist. Es ist eine Zeit, in der schon Schulkinder fast breiter als hoch sind und die Sucht nach Schokolade eine vorzeigbare Nicht-Schwäche ist (immerhin steht Heidi Klum dazu!).

Trotz all dieser Widrigkeiten hast du deine Sucht in den Griff gekriegt und ein paar Kilos abgenommen. Zurecht bist du stolz auf dich, dein reineres Gewissen und deine lockerer sitzende Hose.

Ach, Kuchen, du Schuft.

Aber jetzt ist das alles unerheblich, denn in diesem Moment steht er vor dir: der Kuchenteller im Büro. Du bist machtlos, willenlos – ein Spielball in den Händen der Streusel. Alle guten Vorsätze sind vergessen.

Dort, wo einst Vernunft, Motivation und Entschlossenheit steckten, ist nur noch dieser wachsende Appetit. Nur eine einzige Ausnahme. Weil der Tag so stressig war. Du kannst den Blick nicht abwenden, bist wie gefesselt von diesen Leckereien, die du dir selbst nie gekauft hättest – aber jetzt sind sie schon mal hier und du nur noch eine Armlänge entfernt.

Natürlich sind es auch noch deine Lieblingssorten: Kirsch- und Zupfkuchen. Die zehn herrenlosen Stücke schmecken heute bestimmt noch durchgezogener und leckerer als gestern. Sie sehen dich mit großen Augen an und warten nur darauf, dass du schwach wirst. Dass aber auch ständig jemand Einstand, Ausstand, Geburtstag oder Hochzeit haben muss. Wie soll man sich da im Griff haben?

Dass aber auch ständig jemand Einstand, Ausstand, Geburtstag oder Hochzeit haben muss.

Unüberhörbar feuert dich das Teufelchen auf deiner Schulter an: „Los, iss was! Ein bisschen Nervennahrung macht nicht dick. Außerdem ist Obst gesund!“

Während du diese Behauptungen noch mit deinem Ratgeber-Wissen über Zucker & Co. abgleichst, versucht das Engelchen auf der anderen Schulter zu deeskalieren: „Nein, lass es! Du wirst wieder süchtig nach dem Zeug und dann fangen wir von vorne an!“

Hin- und hergerissen kramst du kurz nach rationalen Argumenten. Was, wenn du den Kuchen nicht isst? Wenn niemand ihn isst? Es ist schon nach 17 Uhr. Die meisten Kollegen gehen gleich in den Feierabend. Die denken bestimmt nicht mehr an den Kuchen. Niemand wird sich um ihn kümmern, ihn abdecken, in den Kühlschrank stellen und ihm eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen. Spätestens morgen ist er dann ausgetrocknet und landet im Müll. Und andernorts verhungern Menschen. Man kann doch keine Lebensmittel wegwerfen.

Du glaubst eine vernünftige Entscheidung getroffen zu haben und checkst kurz die Lage:

  • Zeugen? Negativ!
  • (Krümel-) Spuren, die zu dir führen würden? Unwahrscheinlich!
  • Appetit? Also, … sonst nicht, aber ähm … Positiv!

Mit einem inneren Seufzer machst du einen Schritt nach vorn, streckst den Arm aus und …

 

+++ CUT! +++

 

Patrick und ich kennen dieses Szenario. Früher waren wir diejenigen, die nichts verkommen lassen konnten und heimlich noch ein Stück Kuchen aßen (oder zwei). Im Gegensatz dazu haben wir es heute leichter. Es gibt kein großes Team und keine ständigen Kuchenrunden mehr.

Doch unsere Leser erinnern uns regelmäßig an den Alltag als Angestellte. Aus ihren Büros schicken sie uns Fotos von Süßigkeiten, Kuchentellern und Teamkühlschränken voller Schokoriegel & Co. Sie fragen um Rat, wie sie unter solchen Bedingungen abstinent bleiben können.

Ich weiß nicht, ob wir es heute schaffen würden, den Kuchenteller links liegen zu lassen. Selbst für alte Zuckerentzugs-Schoko-Hasen wie uns wären solche leicht verfügbaren Vorräte eine harte Probe. Wir glauben trotzdem: Es ist möglich standhaft zu bleiben. Hier ist, was wir an deiner Stelle tun würden:

1. Nicht auf Willenskraft setzen

Etwas wirklich zu wollen, ist eine schwache Motivation, denn wir wollen so vieles. Etwas nicht zu wollen, ist noch heikler.

Wenn du dem Feind in deinem Büro widerstehen willst, solltest du dein Warum kennen und mit Wissen bewaffnet sein. Je mehr du über Zucker weißt, desto klarer wirst du Kopf sein. Du könntest dir vergegenwärtigen,

Alles Wissenswerte über Zucker haben wir in unseren Beiträgen und Büchern über Zucker zusammengefasst.

2. Gesunde Snacks an den eigenen Arbeitsplatz legen

Unbewusst essen wir eher mehr von dem, was wir sehen. Du kannst vielleicht nicht den Kuchenteller verstecken, aber du kannst gesunde Alternativen in dein Blickfeld räumen. Sorge also dafür, dass du Obst und Gemüse immer in rauen Mengen an deinem Arbeitsplatz hast. Wenn du Zeit und Lust hast, kannst du auch zuckerfreie Energieriegel backen (die deine Kollegen alle kosten werden).

Unser heutiger Arbeitsplatz ist clean. Es gibt keine Geheimfächer oder Notfallschubladen, stattdessen einen vollen Kühlschrank und einen Obstkorb mit tauglichen Snacks wie Karotten, Gurke, Kohlrabi, Bananen und Äpfeln. Von solchen echten Lebensmitteln kannst du so viel essen, wie du willst. Sie füllen den Magen und stillen deinen Appetit, wenn das Hüngerchen kommt. Außerdem tragen echte Lebensmittel dazu bei, dass du nicht ständig wieder Hunger bekommst (siehe unsere Tipps, wie du länger satt bleibst).

Wenn du die vierte Karotte isst, hast du keine Lust mehr auf einen Pickup.

Übrigens wetten wir mit dir: nach der vierten Karotte vergeht dir die Lust auf einen Pickup. Einerseits nehmen un-süße Lebensmittel den Appetit auf Süßes und andererseits ermüdet der Kaumuskel für eine Weile. Zumindest geht es uns so.

3. Verbündete suchen

Patrick und ich reduzierten vor zwei Jahren gemeinsam den Zucker in unserer Ernährung. Es war eine Mini-Challenge. Genau so könntest du dir im Büro Verbündete suchen. Bestimmt möchten auch Kollegen von dir weniger Zucker essen, sind aber hilflos und unsicher wie du. Verbrüdert und verschwestert euch! Beschließt gemeinsam nicht mehr an den Team-Kühlschrank zu gehen. Zusammen ist alles leichter, umso mehr, wenn ihr es beide gleich ernst meint.

4. Anti-Zucker-Checkliste auf den Schreibtisch legen

Damit deine Absicht nicht in Vergessenheit gerät, kannst du dir unsere Anti-Zucker-Checkliste in Sichtweite legen und jeden erfolgreichen Tag abhaken. Nach ein paar Tagen willst du die Kette wahrscheinlich nicht mehr reißen.

5. Sich gegenüber anderen verpflichten

Wenn niemand mitmachen will, kannst du wenigstens anderen von deinem Plan erzählen. Du wirst dein Wort halten wollen, wenn du regelmäßig Bericht erstatten musst. Falls dir diese Vorstellung unangenehm ist, kennst du dein Warum wahrscheinlich noch nicht. Dann solltest du nochmal zu Punkt 1 zurückgehen.

Wie wir dich unterstützen können

Wir sehen Zucker als größten Feind von einer schlanken und gesunden Lebensweise. Deshalb haben wir nicht nur ein Buch über Zucker geschrieben. Wir haben auch einen E-Mail-Kurs kreiert, in dem wir dir über 30 Tage hinweg helfen, vom Zucker loszukommen. Schon viele Leser haben diesen Kurs absolviert und uns von den verlorenen Pfunden geschrieben. Sicher kann er auch dir helfen, den süßen Versuchungen im Alltag zu widerstehen. Ob im Büro oder anderswo.

 


„Lass uns Freunde bleiben“, hörst du dich zum Kuchenteller sagen, während du sanft über die Schokostreusel streichelst. Du wunderst dich selbst über diese Worte aus deinem Mund, an dem vor ein paar Monaten in dieser Situation noch ein paar Krümel kleben würden.

Wie unbeschwert das Leben doch früher war, als du noch nicht so viel wusstest und dir deine Strandfigur egal war. Heute lauert der süße Feind überall, selbst wenn du nichtsahnend den Meetingraum betrittst.

Fast tut es dir leid, dem Kuchen einen Korb zu erteilen. Schließlich hat er alles gegeben, um dich zu bezirzen.

Doch für Erste wird es nichts mit euch beiden.

Du drehst dich um und gehst. Blickst nicht zurück, denn ein neuer Tag wird kommen. Und es wird wieder Kuchen geben.

 

Foto: Kuchenstücke von Shutterstock

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