Weniger Süßigkeiten essen – wie man Serienabende, Stress und sozialen Druck übersteht

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Süßigkeiten sind meine größte Baustelle. Diese Aussage würden fast alle Teilnehmer*innen unseres Anti-Zuckerkurses unterschreiben. Bei Schokolade und Keksen können sie einfach nicht Nein sagen. Dieses Luxusproblem haben wir der Neuzeit zu verdanken, d. h. der modernen Lebensmittelindustrie. Schließlich lacht uns der Süßkram heute überall an – an der Kasse, am Kiosk, im Automaten am Bahnsteig.

Da Süßigkeiten dick machen und sich die Fastenzeit für einen Entzug anbietet, nehmen sich viele Menschen für nach dem Fasching vor, künftig weniger Schokolade & Co. zu essen. Sie verlassen sich meistens auf ihre Willenskraft, d. h., sie wollen weniger Süßes essen. Leider ist unsere Willenskraft begrenzt und spätestens um 20:15 Uhr erschöpft, wenn man es sich auf der Couch gemütlich macht. Kommt dann noch eine Portion Stress dazu und liegt die Schokolade schon bereit – dann können nur noch Profis widerstehen.

Weniger Süßes zu wollen, ist also nicht die Lösung. Bessere Chancen hat man, wenn man die Gewohnheit umprogrammiert. In diesem Beitrag stelle ich Strategien vor, die Patrick und mir im Laufe der Jahre geholfen haben. Der Fokus liegt auf Gewohnheiten, denn der Mensch ist nun mal ein Gewohnheitstier.

Auch die Erfahrungen von Anti-Zuckerkurs-Teilnehmer*innen habe ich einfließen lassen. Du kannst dir herauspicken, was für dich realistisch und nützlich ist. Da wir alle sehr verschieden sind, gibt es kein Universalrezept, das für jede Person immer funktioniert. Schließlich gibt es Stressesser*innen, andere naschen aus Einsamkeit, wieder andere aus Gruppenzwang.

Beim Lesen wirst du merken, welcher Ansatz für dich sinnvoll sein könnte. Es ist ratsam, wenigstens 30 Tage eine Veränderung einzuüben, um aus dem Gröbsten raus zu sein. So lange dauert es in etwa, bis du dir eine neue Gewohnheit antrainierst bzw. eine alte veränderst.

Aus den Augen, aus dem Sinn – Tipps für zu Hause

Die Verfügbarkeit von Süßigkeiten ist das Hauptproblem. Wenn sie überall herumliegen, ist die Hürde zu niedrig und man greift irgendwann zu. Denn was wir ständig sehen, ist auch im Kopf präsent. Man bekommt Appetit, Sehnsucht usw. Man macht sich deshalb das Leben leichter, wenn es keine Süßigkeiten im Haus gibt. Falls du dich umschaust und viele Überbleibsel von Weihnachten, Ostern etc. entdeckst, dann hast du etwas Arbeit vor dir. Du kannst die Süßigkeiten jetzt entweder noch schnell aufessen – und dir den Start in den Entzug so richtig schwer machen. Oder du machst es dir leicht und wirst die Süßigkeiten los. Du kannst sie verschenken oder wegwerfen. Ja, es ist Verschwendung, aber du rettest die Welt nicht, indem du dir die Süßigkeiten jetzt noch reinstopfst. Oftmals hast du sie dir nicht einmal selbst rausgesucht, sondern hast sie geschenkt bekommen. Ob sie jetzt im Müll oder in deinem Magen landen, spielt keine Rolle.

Viele haken an dieser Stelle ein mit: „Aber meine Kinder…“ oder „Mein*e Partner*in…“ Es ist natürlich schwieriger, wenn du mit anderen Süßigkeitenfans zusammenwohnst. Es wäre schade, dein Vorhaben aufzugeben, nur weil sie nicht mitziehen. Außerdem liegt der Impuls nahe, auch sie bekehren zu wollen. Aber man sollte nicht versuchen, andere zu verändern, während man noch mit sich selbst ringt. Stattdessen ist es überzeugender mit gutem Beispiel voranzugehen.

Trotzdem braucht es eine Lösung für den familiären Süßigkeitenschrank. Erfahrungsgemäß hilft es, deiner Familie zu erklären, warum und wie du versuchen möchtest, weniger Süßes zu essen. Oftmals haben sie Verständnis und werden dich dabei unterstützen, wenn du deinen Punkt klar genug machst.

Wenn Wegwerfen keine Option ist, kann man sich darauf einigen, nichts offen herumliegen zu lassen. Es hilft oft, wenn zumindest nichts im Sichtfeld liegt. Beispielsweise kann man Süßes im Keller lagern oder wenigstens in einer entfernteren Schublade. Eine Teilnehmerin verstaute die Süßigkeiten im Keller und erhöhte damit die Hemmschwelle. Ich wiederum denke kaum an die weit unten verstauten Chips, da ich sie nie zu Gesicht bekomme.

Eine noch kreativere Variante ist, Schokolade einzufrieren. Weit unter dem Tiefkühlspinat, zwischen den Brötchen und Kühlakkus – dort kann die Schokolade schlummern und darauf warten, dass du an sie denkst. Im Falle des Falles musst du dann auch noch warten, bis sie aufgetaut und essbar ist. Das erhöht die Hemmschwelle und die Wahrscheinlichkeit, dass dir das alles zu nervig ist.

Aushungern vermeiden – Tipps für Mahlzeiten zu Hause

Für den Zuckerentzug ist es mit am wichtigsten, dass du dich satt ist. Das klingt widersprüchlich, doch es torpediert dein Vorhaben, wenn du ständig latent Hunger hast. Das Sättigungsgefühl hängt wiederum von der Magenfüllung ab und ist eine Gewohnheitsfrage. Wenn man immer sehr viel isst, braucht man auch mehr zum Sattsein – bis man sich umgewöhnt. Iss dich also mit möglichst gesundem Essen richtig satt, sodass du nicht aus Hunger in Versuchung gerätst, wenn du am Bäcker vorbeikommst.

Möglichst gesund – damit ist vor allem Gemüse gemeint, insbesondere grünes Gemüse. Es hat die geringste Energiedichte, sodass du davon so viel essen kannst, wie du willst. Dann brauchst du auch keine Kalorien zu zählen. Außerdem vermeidest du so große Schwankungen deines Blutzuckerspiegels. (Mehr dazu, wie Zucker im Körper funktioniert.)

Im Gegensatz dazu machst du dir die Sache mit süßen Mahlzeiten unnötig schwer. Ich bin zwar selbst ein großer Milchreis-Fan, aber ich weiß auch, dass ich spätestens zwei oder drei Stunden danach wieder Appetit und Hunger bekomme. Außerdem gewöhnen uns Grießbrei, Hefeklöße etc. an Zucker und an das ständige Verlangen nach einem süßen Kick. Das gilt natürlich auch für ein süßes Frühstück. Mit einem süßen „Knuspermüsli“ oder Marmelade startest du schon mit einer Achterbahnfahrt des Zuckerspiegels in den Tag und signalisierst deinem Körper schon morgens, dass du ohne Zucker nicht klarkommst. Besser ist es, wenn du mit einem gesunden und zuckerfreien Frühstück in den Tag startest.

Es mag spießig klingen, aber ich mache mir mittlerweile einen Essensplan, kaufe gezielt dafür ein und koche mehrmals in der Woche. Wenn ich das Ganze stattdessen meinem spontanen Ich nach Feierabend überließe, würde ich wohl kraftlos auf der Couch versacken und Quatsch essen. So wird das einfach nichts, denn spontan bin ich zu erschöpft. Ich muss mir im Voraus einen Plan machen, damit ich abends keine Entscheidungen mehr treffen muss. So kann ich in kurzer Zeit ein Essen zusammenwerfen, für das ich die Zutaten da habe. Wenn man sich einmal entschieden und die Lebensmittel vorrätig hat, will man sie natürlich auch verbrauchen und nicht verderben lassen. Ich koche häufig Suppen und Eintöpfe, weil sie ergiebig sind und ich mehrmals davon essen kann. Ansonsten habe ich unsere Rezeptesammlung in der Schublade als einzigen Fundus für Rezepte. Mehr Auswahl macht es nur noch schwerer, daher beschränke ich mich auf diese Zusammenstellung.

Die Salzstangen kannst du übrigens gleich mit in den Keller räumen, denn auch sie helfen nicht beim Entzug von Süßigkeiten. Vielleicht kennst du den abwechselnden Appetit auf Süßes und Salziges bei einem langen Fernsehabend. Salzige Snacks entziehen außerdem das Wasser im Körper, sie regen den Appetit an und verstärken den Hunger. Wir können also nicht aufhören und haben am nächsten Tag ein schlechtes Gewissen. Dann zweifeln wir an unseren Vorsätzen und geben womöglich auf. Nichts gekonnt!

Last but not least in dieser Reihe steht der Genuss fürs Auge und für den Magen: es braucht schöne Mahlzeiten, die die Seele befriedigen. Es darf ruhig auch mal deftig sein, denn Fett ist wichtig fürs Sättigungsgefühl. Obwohl Blätterteig z. B. nicht das gesündeste Lebensmittel auf Erden ist, koche ich öfter damit. Lieber gönne ich mir etwas Schönes, als dass ich zehn Minuten nach dem Essen denke: „Und was esse ich jetzt noch, das schön ist?

Wenn naschen, dann gesund – Tipps für Snacks zu Hause

Es wird leichter, keine Süßigkeiten zu essen, wenn du stattdessen auf gesunde Snack-Alternativen zurückgreifen kannst. Bewährt haben sich z. B. Gemüsesticks oder Reiswaffeln (natürlich ohne Schokolade). Denn häufig wollen wir etwas nebenbei knabbern oder den aufkommenden Hunger befriedigen. Dabei ist es quasi egal, ob wir einen Klumpen Schokolade einwerfen oder ein Stück Gurke kauen. Gemüse macht aber kein schlechtes Gewissen im Nachgang und ist im Übrigen auch vorteilhafter als Snack im Vergleich zu Obst (mehr zum Thema Fruchtzucker).

Hilfreich sind v. a. Snacks aus festen Lebensmitteln, wie z. B. rohe Karotten oder Kohlrabi. Kauen erschöpft nämlich die Kaumuskulatur. Und wenn du erstmal fünf Karotten gegessen hast, wirst du auf eine Packung Cookies weniger Lust haben als vorher.

Typische Nasch-Situationen werden immer schwierig bleiben. Wenn du also einen Filmabend geplant oder Freunde zu Besuch hast, dann wirst du wahrscheinlich Snacks anbieten wollen. Auch hier kannst du gesunde Alternativen schaffen. Ansonsten solltest du solche Gelegenheiten reduzieren – so gut es geht. Ich habe in den letzten Monaten immer mal wieder eine Netflix-Pause von ein bis zwei Wochen eingelegt. Es bot sich an, da ich gerade eine Serie beendet hatte und von noch keiner neuen Serie gefesselt war. Plötzlich hatte ich nicht nur abends wieder mehr Zeit. Ich fühlte mich auch wieder mehr am Hebel, den Abend zu gestalten. Oftmals fühlte ich mich auch erholter, der Feierabend kam mir länger vor, wenn ich ihn mit Gesprächen oder einem Buch füllte, anstatt eine Folge nach der anderen durchzusuchten. Die Schwierigkeit: man muss sich etwas überlegen; man muss aktiv werden und kann sich weniger treiben lassen. Aber es lohnt sich, sich aktiv für etwas anderes als Fernsehen, Netflix oder YouTube zu entscheiden. Man kann einen Abend-Spaziergang machen, ein ausführliches Bad nehmen, telefonieren, entspanntes Yoga machen (z. B. mit Mady Morrison auf YouTube) oder endlich mal den Roman fertig lesen, der schon lange auf dem Nachtschrank liegt.

Ablenken – Tipps für akuten Appetit

Manchmal reicht es auch schon, den Ablauf zu verändern, indem man direkt nach dem Abendessen die Zähne putzt. Wenn sich einmal die Minze im Mund breitgemacht hat, hat man automatisch weniger Lust darauf, wieder alles mit Schokolade zu verschmieren. Dann müsste man ja wieder die Zähne putzen.

Auch wenn du gut vorsorgst, wirst du wahrscheinlich trotzdem in Situationen mit akutem Heißhunger geraten. Hilfreich finde ich dann Mundspüllösung oder Kaugummis (fordert wiederum die Kaumuskulatur). Kaugummi enthält zwar Süßstoff und andere ungesunde Sachen, aber hin und wieder ist er trotzdem gesünder als eine Familienpackung Eiscreme zu löffeln.

Ansonsten ist Ablenkung dein Freund und Helfer. Meist reichen 15 Minuten, um im Kopf die Schienen zu wechseln. Man konzentriert sich auf eine andere Sache, fängt eine neue Aufgabe an – schon lässt der Gedanke an Süßigkeiten nach. Aber diese Zeit zu überstehen – das ist die Kunst. Wenn ein Spaziergang möglich ist, kann der helfen und räumliche Distanz schaffen. Ansonsten sucht man sich eine andere Beschäftigung, wie z. B. die Blumen gießen, aufräumen, das Bett machen. Manche mögen Handarbeit. Ich widme mich da lieber dem Abwasch. Meist fällt mir dann irgendetwas ein, das ich noch erledigen will, und der Heißhunger ist vorbei.

Keine flüssigen Süßigkeiten – Tipps zu Getränken

Manchmal nascht man, weil man eigentlich Durst hat. Man hat z. B. Appetit auf saftige Gummibärchen. Dabei braucht der Körper schlichtweg Wasser. Das ist ohnehin der größte Clue der Lebensmittelindustrie: Wir brauchen eigentlich nur Wasser. Alles andere ist Marketing. Wir sollten also so viel Wasser wie möglich trinken. Wenn das für dich noch keine Selbstverständlichkeit ist, fang hiermit an, denn es füllt den Magen, senkt den Appetit und deinen Blutzuckerspiegel.

Wenn dir Wasser partout zu langweilig ist, wirf Minzblätter, Gurken- oder Zitronenscheiben in die Wasserkaraffe. Das peppt den Geschmack auf und ist auch etwas fürs Auge. Ein schönes Gefäß ist übrigens auch optisch ansprechender. Ich stelle immer wieder fest, dass ich mehr trinke, wenn ich ein Glas verwende, als wenn ich nur eine Wasserflasche neben mir stehen habe.

Im Winter fällt es mir persönlich schwerer, genug Wasser zu trinken. Dann ist Tee mein Freund – natürlich ungesüßt, denn sonst verstärke ich nur das Verlangen nach Süßem. Im Laufe des Tages trinke ich ein bis zwei Kannen. Wenn der Mittagshunger sich früher meldet als geplant, kann ich eine Tasse trinken und etwas Zeit gewinnen.

Wenn du es ernst meinst, vermeide auch Alkohol im Kampf gegen die Süßigkeitensucht. Er regt den Appetit an und macht dich lockerer. Das ist kurzfristig nett, aber deine Willenskraft schwindet, du wirst leichtsinniger und unvernünftiger. Es sind v. a. die alkoholisierten Abende, an denen du irgendwann alles über Bord wirfst, die Schokolade längst gegessen ist und denkst: „Jetzt ist auch alles egal!“

„Und führe uns nicht in Versuchung“ – Tipps für unterwegs

Was außer Haus passiert, kannst du kaum kontrollieren. Daher ist es wichtig, sich zu wappnen, d. h., Hunger und Durst zu vermeiden. Ich nehme mir Wasser mit, wenn ich länger als zwei Stunden unterwegs bin. Außerdem habe ich ein paar Entscheidungen getroffen. Eine davon ist beispielsweise, dass ich dem Appetit höchstens dann nachgebe, wenn ich zu 100% überzeugt bin. Dabei bin ich sehr wählerisch. Z. B. habe ich früher Kugeleis gegessen, obwohl ich davon gar nicht so begeistert bin. Sahne ist viel mehr mein Ding. Also genehmige ich mir im Sommer lieber eine Portion Sahne, als sinnlos Eis zu essen, das ich nicht unbedingt brauche. Wenn Genuss, dann wenigstens richtig.

Falls du gefährdet bist für die Versuchungen beim Bäcker, am Kiosk usw., triff eine klare Entscheidung: Zumindest während deines Entzugs wirst du keine Süßigkeiten kaufen und alles ablehnen, was dir angeboten wird. Später kannst du ein Level finden, das für dich okay ist.

Beim Einkaufen laufe ich auch erst gar nicht durch die Gänge mit Süßigkeiten. Warum soll ich meine Willenskraft herausfordern? Wer diese Selbstkontrolle nicht schafft, kann ggf. den/die Partner/in einkaufen schicken, um gar nicht erst in die Nähe von entsprechenden Regalen oder Theken zu kommen.

„Wie, du isst keinen Kuchen?!“ – Tipps für Besuche

Aus vergangenen Zucker-Challenges wissen wir, dass der soziale Faktor nicht zu verachten ist. Deine Mitmenschen werden deinen Süßigkeitenentzug kritisch beäugen, hinterfragen und schlimmstenfalls sabotieren. Damit muss man rechnen und am besten im Voraus mit dem Umfeld kommunizieren. Eltern, Großeltern und Schwiegereltern sollten beispielsweise erfahren, dass du nichts mehr geschenkt haben möchtest. Sie sollten wissen, dass du beim gemeinsamen Filmabend eine gesunde Alternative brauchst. Du kannst sie dir ja auch selbst mitbringen und brauchst somit niemanden zu belasten.

Wenn man bei Zusammenkünften in meiner Familie unangekündigt keinen Kuchen mitisst, kann das mittelschwere Krisen auslösen. Daher würde ich Gastgeber*innen immer eine Chance geben, sich darauf einzustellen und ggf. Alternativen zu schaffen. So muss ich mich weniger verteidigen oder verhandeln. Manchmal hört man aber auch: „Ja, ich sollte auch mal weniger Zucker essen.“ Oft ist Kuchenessen eine Tradition, die niemand hinterfragt. Nicht wenige Menschen würden aber eigentlich lieber etwas Herzhaftes oder auch gar nichts essen. Wieder andere Gastgeber*innen werden erst durch solche Umstände angestachelt, etwas ganz anderes vorzubereiten wie z. B. herzhafte Muffins. Am Ende bleibt dann die Torte stehen, während alle Muffins aufgegessen wurden.

Käse vs. Kuchen – Tipps für die Arbeit

Als ich noch angestellt war, musste auch ich mich mit Süßigkeiten auf der Arbeit auseinandersetzen. Da gab es eine Schale mit Schokoriegeln im Meetingraum, später kam ich an Snack-Automaten im Gang vorbei und es gab Kuchenrunden zu Geburtstagen. Es ist schwer, sich zurückzuhalten und stattdessen auf einer Karotte herum zu kauen. Aber es ist möglich: man kann den Anfang machen und statt Kuchen eine Runde Obst- oder Käsespieße zum Geburtstag ausgeben. Davon werden nicht alle Kolleg*innen begeistert sein, aber manche werden die Abwechslung begrüßen. Erfahrungsgemäß heißt es dann auch oft: „Gut, dass es mal etwas anderes gibt als Kuchen.“

Das gleiche gilt übrigens für Getränke: wenn es in der Teeküche nur süßen Früchtetee gibt, bringt man sich eben einen Kräutertee mit, der den Appetit weniger anregt. Es lohnt sich meiner Erfahrung nach, nicht den billigsten Beuteltee zu kaufen, sondern etwas mehr für einen losen Biokräutertee zu investieren. Schließlich geht es hier um deine Gesundheit und du willst dir die ganze Nummer etwas schmackhaft machen.

Mit Zucker im Kaffee ist es so eine Sache. Man könnte sagen: wenn dir Kaffee pur nicht schmeckt, warum trinkst du ihn dann? Falls du dich nicht an die zuckerfreie Variante gewöhnen kannst, solltest du vielleicht über eine Alternative nachdenken. Das kann Tee sein oder eine heiße Schokolade (aus Backkakao und heißem Wasser). Oder du probierst mal eine Golden Milk mit Kurkuma.

Stress lass nach – Tipps für mentale Entspannung

Viele naschen nicht einmal, weil sie explizit Appetit auf Schokolade haben. Vielmehr essen sie, um Alltagsstress zu kompensieren, weil sie Trost brauchen oder weil es an Glücksmomenten fehlt. Sich diese Gründe bewusst zu machen, ist ein sinnvoller erster Schritt. Ich habe früher in einem Ernährungstagebuch notiert, wie ich mich vor und nach dem Essen gefühlt habe. Oft ging ich aus schlechter Laune heraus zum Kühlschrank. Der Nachteil: wenn die Schokolade erst einmal im Magen ist, sind die negativen Gefühle immer noch da. Dann gesellt sich noch das schlechte Gewissen dazu.

Die sog. Gefühlsarbeit ist meiner Erfahrung nach sehr wichtig beim Süßigkeitenentzug – aber auch ein langer Weg. Man übt, die eigenen Gefühle zu erkennen, zu akzeptieren und ggf. zu kommunizieren. Man versucht die Traurigkeit, den Ärger oder die Angst sein zu lassen, anstatt sie mit Süßigkeiten managen zu wollen. Man kann sie ohnehin nur kurz übertünchen. Grundlegende Konflikte und Probleme lassen sich auch mit einem Snickers nicht lösen.

Wer häufig angespannt ist – und wer ist das nicht? –, dem helfen Entspannungsübungen und Meditation. Das ist übrigens auch die Empfehlung von Psychotherapeut*innen. Wir sammeln im Laufe des Tages immer mehr Stress an, den wir kaum wieder loswerden. Erst am Ende des Tages auf der Couch entlädt er sich. Dann fällt alles ab – zusammen mit den guten Vorsätzen und dem Vorhaben, weniger Süßes zu essen. Daher helfen kleine Entspannungssessions über den Tag verteilt.

Ich weiß, wovon ich rede, denn ich meditiere seit mehreren Jahren jeden Tag – mindestens 5 Minuten. Seit ein paar Monaten leite ich Kolleg*innen 2x pro Woche zu einer 15-minütigen Entspannungs-/Meditationsübung an. Die Erkenntnis: es fühlt sich gut an. Nach der Pause fühlen wir uns frischer und ausgeglichener. Es fällt uns nicht immer leicht, uns diese Pause mitten am Tag zu nehmen. Aber die Gruppe schafft Verbindlichkeit. Alternativ kann man z. B. mit der Headspace-App mit anderen zusammen meditieren oder meine Audio-Anleitungen nutzen.

Wer mit Meditation und Entspannungsübungen nichts anfangen kann, sollte sich andere Quellen für Entspannung und gute Laune suchen. Phasenweise verliere auch ich aus den Augen, was mir eigentlich gut tut. Dann muss ich mich nochmal von Grund auf fragen: Was würde mich jetzt glücklich machen? Hier ein paar Ideen: ein ausführliches Bad nehmen, mit einem lieben Menschen telefonieren, Körperpflege, eine Massage, Sex, Lesen oder Musik hören.

Auspowern gegen den Appetit – Tipps für körperliche Entspannung

Was beim Süßigkeitenentzug zu selten thematisiert wird, ist körperliche Entspannung. Denn es ist in meinen Augen viel schwieriger, gesund zu essen und nur selten zu naschen, wenn man ein Couch-Potato-Dasein führt. Wenn ich beispielsweise mal krank bin oder verletzt und mich nicht ausreichend bewegen kann, werde ich unzufrieden und bekomme einen ungesunden Appetit.

Außerdem erhöhen Sport und Bewegung den Grundumsatz. Das ist die Menge an Energie, die der Körper zum Überleben benötigt. Je höher dieser ist, desto mehr verbrennt man. Mir hilft beispielsweise 2x intensiver Sport pro Woche, um mein Gewicht zu halten. Ich habe auch weniger Appetit durch die Bewegung. Vielleicht kennst du diese ereignisreichen Tage, an denen du den ganzen Tag aktiv warst und nicht einmal an Essen gedacht hast? Im Gegensatz dazu meldet sich der Hunger manchmal schon kurz nach dem Frühstück, wenn ich den ganzen Tag im Home Office verbringe.

Fast noch wichtiger ist der Effekt für das Körpergefühl: durch Sport und Bewegung fühle ich mich besser. Die Hose passt und ich bin motivierter, auch die Vorsätze in Sachen Süßigkeiten nicht vollkommen einreißen zu lassen. Ich bekomme sogar Appetit auf gesunde Sachen. Manchmal habe ich auch mehr Hunger durch die Aktivität, aber das ist kein Problem, solange ich gesunde Mahlzeiten esse.

Kümmere dich um deine Verdauung! – Tipps für „unten rum“

Ja, du hast richtig gelesen. Quasi niemand redet über die Verdauung, um von Süßigkeiten loszukommen. Dabei hängen unsere Psyche und das Verdauungssystem eng zusammen. Einerseits beeinflusst die mentale Situation die Verdauung. Das wissen alle, die schon mal in einer Prüfungssituation waren und vorher plötzlich nochmal schnell zur Toilette mussten.

Andererseits bewirkt eine gut funktionierende Verdauung, dass man sich gut fühlt. Wenn also auf Toilette alles gut klappt, fühlt man sich wohl. Hat man stattdessen ständig Blähungen, Bauchschmerzen oder Durchfall, belastet das auch die Psyche (mehr dazu in „Darm mit Charme“1). Und die Psyche ist schließlich sehr wichtig für unseren Süßigkeitenentzug, wie ich schon ausgeführt habe.

Flohsamenschalen waren für mich der beste Tipp, den ich je in einer Arztpraxis bekommen habe. Wikipedia2 erklärt zu dieser Ballaststoffquelle:

Flohsamenschalen sind die Samenhülsen der Wegericharten Plantago indica, Plantago afra (Synonym: Plantago psyllium), daher auch der Name Psyllium (lateinisch psyllium Floh).

Ich nehme sie entweder im Jogurt, im Smoothie oder in Wasser eingerührt jeden Tag zu mir und sorge damit dafür, dass meine Verdauung gut funktioniert. Egal, ob man eher zu Durchfall oder Verstopfung tendiert, Flohsamenschalen regulieren das.

Sowieso sind Ballaststoffe wichtig für die Ernährung: Sie helfen satt zu bleiben. Hier liegt eine große Baustelle für die meisten Menschen hierzulande, denn der Gemüseanteil in unseren Mahlzeiten ist meist zu gering. Dadurch fehlen auch die Ballaststoffe, um nachhaltig satt zu bleiben.

Nicht aufgeben – Tipps zum Dranbleiben

Rückschläge sind beim Süßigkeitenentzug keine Seltenheit. Oft sind ein paar Faktoren zusammengekommen: Stress auf der Arbeit, ein Konflikt, eine durchwachte Nacht. Solche Schwächephasen sind menschlich. Der Mensch ist nun mal keine Maschine. Daher schaffen die wenigsten den perfekten Entzug. Wir sollten uns davon nicht entmutigen lassen, sondern daraus lernen: Woran lag es? Wie können wir uns besser wappnen?

Manchmal hilft es, die Rückschläge mit anderen zu besprechen. Oder noch einmal von vorn anzufangen und zu überprüfen: Ist mir der Entzug wirklich wichtig? Habe ich ausgemistet? Fehlt mir Entspannung? Meist wird schnell klar, woran es lag und womit man das nächste Mal gegensteuern kann.

Wo fange ich an? – Tipps für das Ändern von Gewohnheiten

Nun bist du fast am Ende dieser langen Anleitung und fragst dich vielleicht: Wo soll ich denn jetzt anfangen? Daher möchte ich dich mit vier konkreten Schritten entlassen:

  1. Ziel setzen und Verlauf tracken: Lade dir die Anti-Zucker-Checkliste runter und trage die Süßigkeiten ein, auf die du in den nächsten 30 Tagen verzichten möchtest. Je konsequenter du bist, desto leichter wird es mit der Zeit.
  2. Mache dir einen Plan: Mache dir einen Essens- und Kochplan, z. B. mit Hilfe von Rezepten im Internet oder unserer Rezepte-Sammlung. Besorge dir auch gesunde Snacks.
  3. Verbindlichkeit und Unterstützung: Hole andere mit ins Boot und schaffe so Verbindlichkeit: Vielleicht zieht ein*e Freund*in mit und ihr könnt euch gegenseitig unterstützen. Wenn sich im Umkreis niemand anbietet, kann es auch helfen, sich in Foren oder Facebook-Gruppen auszutauschen. Du kannst Blogger oder YouTuber verfolgen und dir durchlesen, wie Zucker Patrick dick und krank machte. Du wirst sehen: du bist nicht allein.
  4. Ausmisten: Werde alle Süßigkeiten los, die dich zu Hause in Versuchung führen. Erfahrungsgemäß ist das der erste bewährte Schritt in ein süßigkeitenärmeres (oder -freies) Leben. (Lies gern unsere Artikel zum Thema Ausmisten.)

Wenn du noch schwankst, ob du es wirklich angehen solltest, dann lass dir Patricks Worte in „Ausgezuckert“ auf der Zunge zergehen:

Die Ratschläge, die du in diesem Buch findest, befolge ich selbst – mal konsequent, mal weniger –, denn ich bin immer noch zuckersüchtig. Ich erwarte nicht, dass sich das jemals ändert. Aber ich kann heute gut damit leben und mich mit festen Routinen davon abhalten, zu viel Zucker zu konsumieren. Wenn ich das kann, dann kannst du das bestimmt auch.


Wenn du etwas mehr Unterstützung brauchst, sieh dir den 30-tägigen Anti-Zucker-Kurs oder den 10-wöchigen Abgespeckt-Kurs an. Auf der Übersichtsseite zum Thema Zucker findest du außerdem noch viele weitere hilfreiche Artikel.

Hier nochmal alle Tipps in der Übersicht:

  1. Miste aus und werde los, was du nicht mehr essen willst.
  2. Räume Süßigkeiten aus deinem Sichtfeld.
  3. Friere Schokolade ein und mache es dir so komplizierter, Süßigkeiten zu essen.
  4. Iss dich satt mit möglichst gesunden, selbst gekochten Mahlzeiten.
  5. Iss so viel grünes Gemüse, wie du möchtest.
  6. Vermeide süße Mahlzeiten wie Milchreis, Pfannkuchen, Hefeklöße usw.
  7. Mache dir einen Koch-/Essensplan für die nächsten Tage und kaufe dafür ein.
  8. Vermeide sehr salziges Essen wie z. B. Salzstangen.
  9. Gönn dir optisch ansprechende Mahlzeiten und (gesunden) Genuss.
  10. Hab keine Angst vor Fett (aus gesunden Quellen) – es ist ein wichtiger Sättigungsfaktor.
  11. Habe immer gesunde Snacks zu Hause, wie z. B. zuckerfreie Energieriegel.
  12. Iss kauintensive Snacks wie z. B. Karotten oder Kohlrabi.
  13. Reduziere typische Nasch-Gelegenheiten wie Serien-Abende auf der Couch. Suche dir alternative schöne Beschäftigungen, die dich glücklich machen.
  14. Putze dir direkt nach dem Abendessen die Zähne, wenn du danach sonst noch naschst.
  15. Probiere Kaugummi oder Mundspüllösung bei akutem Heißhunger auf Süßes.
  16. Lenke dich bei akutem Appetit für 15 Minuten ab.
  17. Bewege dich bei akutem Appetit und schaffe räumliche Distanz.
  18. Mache etwas mit den Händen, wenn du einen akuten Jieper hast.
  19. Vermeide Durst.
  20. Trinke so viel Wasser wie möglich.
  21. Peppe dein Wasser mit Kräutern oder Obstscheiben auf.
  22. Verwende eine Karaffe bzw. ein Glas, das dich zum Trinken animiert.
  23. Vermeide Alkohol.
  24. Triff Entscheidungen, wie du mit Süßigkeiten außer Haus umgehen willst.
  25. Sei wählerisch.
  26. Vermeide Versuchungen im Supermarkt.
  27. Vermeide Hunger und Durst außer Haus (sei vorbereitet).
  28. Beziehe dein Umfeld mit ein und sprich mit ihnen, dass du von Süßigkeiten loskommen möchtest.
  29. Bring die gesunde Alternativen mit, wenn es bei Familienfeiern und Filmabenden sonst nichts gibt.
  30. Biete statt Kuchen herzhafte Snacks auf der Arbeit an.
  31. Vermeide süße Getränke auf der Arbeit.
  32. Mache dir deine Gefühle bewusst: warum naschst du? Wie geht es dir davor und danach?
  33. Schaffe dir tagsüber Gelegenheiten zur Entspannung.
  34. Probiere Meditation oder autogenes Training z. B. mit einer App, einem Podcast oder meinen Audio-Anleitungen aus.
  35. Bewege dich so viel wie möglich.
  36. Treibe mindestens 2x pro Woche intensiven Sport, sodass du aus der Puste gerätst.
  37. Kümmere dich um deine Verdauung.
  38. Setze dir ein Ziel für die nächste Woche: womit willst du anfangen?
  39. Schaffe Verbindlichkeit: erzähle anderen von deinem Vorhaben, damit du so einen Grund mehr hast, es durchzuziehen.
  40. Tracke deinen Erfolg mit einer Checkliste.
  41. Lass dich nicht von Rückschlägen entmutigen.

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Quellen

  1. Giulia Enders: Darm mit Charme (Werbung)
  2. Wikipedia: Flohsamenschalen

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