Wie man ungesunde Denkfehler vermeidet

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Wenn man mit Grübeln Strom erzeugen könnte, hätte ich die Energiefrage gelöst: Man würde mich einfach an ein Grübelstromnetz anschließen, in das ich regelmäßig Energie einspeisen könnte. Dann wäre es wenigstens für etwas gut, dass ich mir den Kopf zerbreche. Ich male mir auch gern worst case-Szenarien aus. Wenn am Horizont eine Eventualität auftaucht, habe ich mich schon vorgestern auf das Schlimmste gefasst gemacht. Außerdem kann ich mich gut über Nebensächlichkeiten aufregen – eine weitere stete Energiequelle! Es reicht schon, wenn die Realität ein bisschen von meinen Vorstellungen abweicht, z. B., wenn der DPD-Bote mein Paket im Erdgeschoss abgibt, während ich im Dachgeschoss auf sein Klingeln warte.

In Kombination mit Schlaf- und Urlaubsmangel können sich diese Denk-Gewohnheiten zu Dauergereiztheit und Zynismus auswachsen. Dann kann ich mich selber nicht leiden. Das Problem an negativen Gedanken ist zudem: Sie kommen uns klein und unscheinbar vor, doch sie verfestigen und vermehren sich. Während wir glauben, dass es auf die Großereignisse im Leben ankommt, verhagelt uns der alltägliche Frust über den Job und die Nachbarn still und heimlich das Glück. Dale Carnegie beobachtete dies schon vor 70 Jahren in „Sorge dich nicht – lebe!“: „Häufig verhalten wir uns bei großen Tragödien in unserem Leben ganz tapfer – und dann lassen wir uns von Kleinigkeiten, von irgendeinem Ärger, unterkriegen, die nicht schlimmer sind als Halsweh.“ 1 Auch Eckart von Hirschhausen schreibt: „Wenn wir kleine Dinge beachten, dann für gewöhnlich, um uns zu ärgern.“ 2

Oft habe ich mir für die Zukunft vorgenommen, gelassener und sorgenfreier zu sein. Doch manche Mechanismen haben sich durch Wiederholung tief eingebrannt. Mit bloßer Willenskraft kann ich sie nicht abstellen. Diese Trampelpfade arbeiten mal für und mal gegen mich, d. h., positive Gedanken verfestigen sich genauso wie negative Gedanken. Da wäre z. B. der Glaubenssatz, nicht gut, erfolgreich oder hübsch genug zu sein oder der Glaube, stets optimale Entscheidungen treffen zu müssen. Solche Gedanken sind ein Beispiel dafür, wie falsch unser Gehirn liegen kann. Es liegt oft falsch, schreiben Jeffrey Schwartz und Rebecca Gladding. Die Psychologen haben das menschliche Gehirn mittels MRT-Scans untersucht und zeigen in „You are not your brain“ anhand ihrer Studien, warum wir die Botschaften unseres Gehirns lieber einmal öfter hinterfragen sollten, denn nur weil uns ein Gedanke plausibel vorkommt, muss er nicht wahr sein.

Glücklicherweise können wir unser Gehirn umprogrammieren, d. h., neue Pfade anlegen. Das ist allerdings schwer und langwierig. Den Anfang kann man aber machen, wenn man sich die eigenen Denkfehler vor Augen führt. Sie kosten Energie und machen zudem unglücklich. Die folgende Auswahl basiert auf Schwartz’ und Gladdings „You are not your brain“ (dt. Titel: „Du bist mehr als dein Gehirn“) sowie David Burns’ Bestseller „Feeling Good“, den sie ebenfalls zitieren.

Denkfehler Nr. 1: Schwarz-Weiß-Denken

Wir neigen zu Extremen, d. h., alles läuft super oder richtig schlecht. Daumen hoch oder Daumen runter – Der Durchschnitt taugt sowieso nicht dazu, um ihm in auf Instagram zur Schau zu stellen. Dort sind Boahr-ey-Momente gefragt anstelle von ganz-okay-Dienstagen.

Schwarz-Weiß-Denken ist zudem bequem, denn es liefert Abkürzungen für das Gehirn. Es wäre zu anstrengend, alles immer ausgewogen und differenziert zu betrachten. Das Problem daran ist, dass man sich leicht auf das Negative einschießt. Dann beschwert man sich über alles und jeden. Der Partner treibt einen in den Wahnsinn, obwohl man den kleinen Sprachfehler anfangs noch liebenswert fand oder zumindest darüber hinwegsehen konnte. Oder man lässt kein gutes Haar mehr an seinem Job, den Kollegen oder der Wohnung. Auch bei uns selbst übersehen wir gern die positiven Seiten. Wenn etwas nicht klappt, sagen wir: „Ich wusste, dass ich das nicht kann!“ und verstärken damit unsere Glaubenssätze. Weitere typische Gedanken in schwarz-weißen Schubladen sind:

  • Momentan geht alles schief.
  • Das war ja wohl nichts.
  • Er mag mich nicht, also hasst er mich.
  • Was ich nicht perfekt kann, versuche ich gar nicht erst.

Perfektionismus ist auch eine Form des Schwarz-Weiß-Denkens. Ich weiß, wovon ich rede, denn beim Schreiben denke ich oft: Es ist nicht gut genug, also lass es! oder: Wie schlecht war das denn! Der ehemalige Echt-Sänger Kim Frank sagte darüber kürzlich in einem Interview: Wenn er auf seine frühere Arbeit zurückblicke, dann mit dem Gedanken, dass es das Beste war, was er damals im Rahmen seiner Möglichkeiten leisten konnte.3 Es geht folglich nicht um Perfektion, sondern um eine solide Leistung zur gegebenen Zeit unter gegebenen Umständen. Statt sich zu zermartern könnte man es folglich mit diesen Gedanken versuchen:

  • Ich brauche nicht immer 120 Prozent zu geben.
  • Ich tue mein Bestes.

In Graustufen zu denken ist zwar anstrengender und langweiliger als zu dramatisieren, aber langfristig gesünder. Schließlich erkennen depressive Patienten nichts Gutes mehr in ihrem Leben. Sie haben es schlichtweg verlernt und müssen es – oft in Verbindung mit einer Psychotherapie – wieder üben. Um möglichst nicht erst krank zu werden, sollte man seine positiven Gedanken verstärken. Daran versuche ich mich täglich zu erinnern, auch an schwarzen Tagen. Neulich lief z. B. unser Aquarium aus. 250 Liter Wasser ergossen sich innerhalb weniger Minuten ins Wohnzimmer. Als die Schildkröte schon auf dem Trockenen lag und wir noch mit Eimern jonglierten, dachte ich über das Glück im Unglück nach. Wir waren gerade zu Hause, nicht unterwegs oder im Urlaub. Das meiste Wasser konnten wir deshalb auffangen und unseren Untermietern so eine tropfende Decke ersparen. Zugegebenermaßen kam die Havarie nicht völlig überraschend. Ich hatte in den letzten Jahren immer mal wieder darüber nachgedacht, dass das Aquarium kaputtgehen könnte, was uns zum nächsten Denkfehler bringt: dem Schwarzmalen.

Denkfehler Nr. 2: Schwarzmalen

Übertriebener Pessimismus wirkt wie ein Sicherheitsnetz. Man will gewappnet sein, dann ist der Aufprall nicht mehr so schlimm. Auch bei sich selbst will man lieber tief stapeln, als enttäuscht zu sein. Typische Gedanken sind:

  • Das wird nie was.
  • Ich werde bestimmt verklagt.
  • Ich komme ins Gefängnis.
  • Ich bin bestimmt schwer krank. (Ich habe das mal gegoogelt …)

Ich kann schwer abschätzen, wie viel Schlaf mich dieser Denkfehler allein in den letzten Jahren gekostet hat. Der Aquarienfall hat mir aber gezeigt: Wenn es soweit ist, werden die Füße trotzdem nass. Man kann sich nicht wirklich auf den Ernstfall vorbereiten. Das Grübeln ist zwar nutzlos, aber das Adrenalin hilft, um im entscheidenden Moment zu tun, was zu tun ist.

Mit genügend Abstand kommen mir meine Befürchtungen auch oft absurd vor. Ich weiß beispielsweise noch genau, wie nervös ich war, nachdem ich meine allererste Rechnung abgeschickt hatte. Ich war mir sicher, Fehler gemacht zu haben und Probleme mit den Behörden und dem Kunden zu bekommen. Dies ist das Problem am Schwarzmalen: Man übersieht die günstigen und wahrscheinlicheren oder ebenso wahrscheinlichen Szenarien. Während man den Teufel an die Wand malt, erfüllt sich die Prophezeiung dann womöglich: Der Arbeitslose schickt keine Bewerbung ab, weil er sich keine Chancen ausrechnet. Der Autor schreibt vor lauter Selbstzweifeln nicht mehr und der Musiker lässt das Instrument verstauben.

Als Gegenmittel empfiehlt Dale Carnegie, was die meisten von uns schon zu Schulzeiten gehasst haben: Wahrscheinlichkeitsrechnung. Man fragt sich dabei, wie oft die bisher schlimmsten Befürchtungen eingetreten sind. Zugegebenermaßen kann man bei nächtlicher Panik nicht immer so klar denken. Dann hilft die (fast immer zutreffende) Gedankenschablone: Die letzten Male ist auch alles gut gegangen.

Wenn das nichts nützt, hilft mir Ablenkung (z. B. mit dem Einschlafen-Podcast). Oder ich tue etwas, um meine Angst zu lindern. Beispielsweise nehme ich mir für den nächsten Tag vor, mich zu einer quälenden Frage zu informieren. Überhaupt ist es gut, aktiv zu sein, anstatt passiv auf sein Verderben zu warten. Deshalb versuche ich das zu tun, was meine Situation ein kleines bisschen verbessert.

Denkfehler Nr. 3: Unechte Gefühle als Handlungsgrundlage nehmen

Schwartz und Gladding zufolge gaukelt unser Gehirn uns manchmal unechte Gefühle vor, z. B. das Gefühl, den Stress nur mit einem Bier ertragen zu können, oder das Gefühl, sich mit Schokolade trösten zu müssen. Diese Pseudo-Gefühle erwecken den Anschein, dass sie wissen, was wir brauchen. Jedoch kommen sie nicht aus unserem tiefsten Inneren. Es sind einfach nur Signale aus dem Gehirn. Synapsen, die feuern – mehr nicht. Im Endeffekt lindert weder das Bier unseren Stress, noch bringt der Schokoriegel uns den Ex zurück. Wenn wir die Assoziationen aber oft genug verstärken, wird der Zusammenhang immer wahrer. Das heißt, wir füttern ein Monster, das immer mehr Macht bekommt – bis wir wirklich nur noch mit Alkohol entspannen oder uns mit Süßigkeiten trösten können. Natürlich esse auch ich Süßigkeiten und gehe gern in den nahe gelegenen Biergarten, aber ich lasse es nicht zu einem Reflex werden, denn sowas gerät schnell außer Kontrolle. (Nicht umsonst ist mein Artikel mit Tipps, um weniger Alkohol zu trinken, einer der am häufigsten gelesenen in unserem Blog.)

Pseudo-Gefühle sind demzufolge kein guter Ratgeber, auch nicht bei Entscheidungen. Angst lenkt uns beispielsweise ab und lähmt die für Entscheidungen hilfreichen Gehirnareale.4 „Man sollte Entscheidungen aus der Fülle treffen und nicht aus Mangel“, riet mir mal jemand und meinte mit Mangel zum Beispiel Angst und mit Fülle Überzeugung. In der Praxis entscheiden wir aber leider oft aus Angst, z. B. wenn der Versicherungsvertreter Horrorszenarien ausmalt und zufällig die Super-Safe-Gold-Premium-Police dabeihat, die wir nur noch unterschreiben müssen.

Das Gefühl, die Dinge nach Entscheidungen zerdenken und analysieren zu müssen, kann übrigens auch in eine Art Sucht ausarten. Man grübelt dann nach Entscheidungen und zweifelt: Was, wenn das ein Fehler war? Hätte ich lieber Ja statt Nein sagen sollen? usw. Meistens ist alles in bester Ordnung. Das Gehirn tut lediglich, was es immer tut. Es ist zum Denken da und nicht zum Stillhalten. Neulich hatte ich beispielsweise gerade mein erstes Podcast-Interview absolviert und war sehr zufrieden, fast euphorisch. Doch wenige Momente später mischte sich mein Gehirn ein: Aber du hast ja immer noch offene Baustellen. Wieso kannst du dich freuen, solange die ungelöst sind? Solch ein Spielverderber kann mein eigener Kopf sein. Dabei dachte ich, wir stehen auf derselben Seite!

Wut ist übrigens auch nicht immer echt. Trotzdem bringt sie uns dazu, eine gepfefferte E-Mail an den Chef zu schicken und es schon Sekunden später zu bereuen. Es ist eben schwierig, den Moment auszuhalten und nichts zu tun. Noch schwerer ist es, die wahren Gefühle unterhalb der Wut zu erkennen. Vielleicht fühlt man sich eigentlich minderwertig, weil die Situation an die Kindheit oder einen Konflikt mit einer anderen Person erinnert. Oder man ist einsam und will dieses Gefühl betäuben. Wenn man das wahre Gefühl nicht identifizieren kann, ist Abwarten jedenfalls die beste Entscheidung, denn mit der Zeit verliert alles seine Wucht. Für wütende E-Mails gilt: nicht abschicken, sondern mindestens einen Tag warten. Meiner Unzufriedenheit über den DPD-Boten habe ich trotzdem Luft gemacht. Besser gefühlt habe ich mich nach meiner Nachricht an den Kundendienst aber ehrlich gesagt auch nicht.

Denkfehler Nr. 4: Unrealistische Erwartungen

Zu hohe Erwartungen machen unzufrieden, denn Glück = Realität – Erwartungen. Wer beispielsweise denkt, dass er auf seiner Südostasienreise ganz sicher keine Magenprobleme bekommt, wird wahrscheinlich enttäuscht. Und wer glaubt, im Internet mit Leichtigkeit viel Geld verdienen zu können, auch. Weitere utopische Vorstellungen sind an den folgenden Gedanken erkennbar:

  • Jeder Tag muss etwas Besonderes sein.
  • Ich will so aussehen wie die bei Instagram/YouTube …
  • Die anderen müssen sich für mich interessieren.
  • Mein Partner muss mich auf Händen tragen.

Ungesund ist nicht nur die vorprogrammierte Enttäuschung. Laut Schwartz und Gladding sind Sehnsüchte auch kontraproduktiv, denn sie sind meistens zu hoch gesteckt. Das Modelfoto am Kühlschrank zeigt keinen Weg zu 90-60-90 auf. Wer so aussehen will, aber Welten davon entfernt ist, gibt seine Ambitionen schnell frustriert auf und nimmt sich noch ein Eis aus dem Tiefkühlfach. Niedrigere Erwartungen führen eher zum Erfolg und sind dabei weniger zermürbend. In der Praxis heißt das für mich: Ich stelle mir lieber ein paar Regeln auf, als dass ich an utopischen Vorbildern verzweifle. Kuchen gibt es nur zu besonderen Anlässen, Soft Drinks und Süßigkeiten kaufe ich gar nicht erst (bekomme aber genügend geschenkt). Solche Regeln werden zu Gewohnheiten und fühlen sich bald auch nicht mehr wie Verzicht an. Wen das Kühlschrankfoto doch motiviert: kein Problem! Wichtig ist, dass man sich selbst kennt und bei Laune hält. Und das ist eine individuelle Geschichte.

Denkfehler Nr. 5: Gedankenlesen

Wenn man etwas nicht weiß, füllt das Gehirn die Lücken. Es malt sich z. B. aus, was die andere Person gerade denkt oder was sie antreibt. Diese Form von Spekulation ist beispielsweise an den folgenden Gedankenfetzen erkennbar:

  • So wie er guckt, denkt er garantiert, dass …
  • Er meldet sich nicht, also …
  • Er hat zwar gesagt, dass …, aber in Wirklichkeit …
  • Der Chef ist schlecht drauf. Bestimmt geht es der Firma schlecht.

Unkritisch ist, dass man sich einen Reim auf die Zwischentöne oder Körpersprache der anderen macht. Es ist auch kein Problem, dass man seiner Fantasie freien Lauf lässt. Es wird nur dann gefährlich, wenn man seine Interpretation als die einzig wahre ansieht. Denn beim Gedankenlesen liegt man oft falsch. Das sage ich auch für die Hochsensiblen unter uns, die zwar oft sehr empathisch, aber selbstverständlich keine Wahrsager sind. Unser Gedankenkarussell produziert viel Gutes, aber auch viel Ausschuss. Wenn man sich von seinen Vermutungen leiten lässt, ohne sie zu überprüfen, faucht man womöglich den nicht grüßenden Nachbarn an; dabei hat der einen zuvor übersehen oder war in Gedanken. Oder man rechtfertigt sich, weil man Kritik erwartet. Dabei will der Gegenüber etwas ganz anderes besprechen. Gesünder und sozialverträglicher sind beispielsweise die folgenden Gedanken:

  • Ich kann nicht (mit Sicherheit) wissen, was er denkt.
  • Ich frage mal nach, was er denkt.

Gedankenlesen ist eng verwandt damit, die Dinge zu persönlich zu nehmen. Zusammen sind diese beiden Denkfehler unschlagbar, wenn es darum geht, das Gedankenkarussell anzutreiben.

Denkfehler Nr. 6: Es hat mit mir zu tun

Der Gedanke Es hat mit mir zu tun ist aus zwei Gründen mein Lieblingsdenkfehler. Erstens begegnet er mir oft bei mir selbst und meinen Mitmenschen. Zweitens kann man ihn mit Hirnscans untersuchen, d. h., es gibt eine plausible und organische Ursache, weshalb wir Dinge zu persönlich nehmen. Wir denken dann z. B.:

  • Er grüßt nicht. Bestimmt kann er mich nicht leiden.
  • Die Nachbarn laden uns nie ein, weil sie uns blöd finden.
  • Ich habe den Auftrag nicht bekommen, weil ich nicht gut genug bin.
  • Der Artikel hat nur zehn Likes auf Facebook, weil ich so schlecht schreibe.
  • Mein Foto hat so wenige Likes, weil ich hässlich bin.

Mitverantwortlich für diesen Denkfehler ist ein Gehirnareal, das uns im Kontext mit einer Situation betrachtet und beurteilt, ob wir involviert sind oder nicht. Soweit, so gut. Wird dieses Areal überaktiv, lässt es uns zu oft glauben, dass wir verwickelt sind. Daraufhin beziehen wir alles auf uns. Unter Umständen kommt dann noch ein überaktives, sogenanntes Oh-oh-Zentrum dazu. Dieses Areal ist eine Art Gefahrensensor. Es meldet sich zu Wort, wenn etwas nicht stimmt. Wenn beide Areale quasi heißlaufen, fühlt es sich ständig so an, als wäre etwas nicht in Ordnung und als ob es uns selbst liegt. Dann glauben wir: Hier läuft etwas falsch und das ist meine Schuld.

Das erklärt, warum manche Menschen glauben, dass die Welt sich um sie dreht. Denn wenn man dem Es-liegt-an-mir-Gedanken immer glaubt, mutiert man zum überempfindlichen Egozentriker. Man bezieht alles auf sich, zettelt unnötige Konflikte an und wird früher oder später wirklich nicht mehr eingeladen. Man darf diesem Trampelpfad daher nicht immer nachgehen, denn sonst wird es immer schlimmer. Folgende alternative Gedankenvorschläge habe ich:

  • Die Situation hat höchstwahrscheinlich nichts mit mir zu tun.
  • Die Person könnte einen schlechten Tag haben.
  • Jeder ist der Hauptdarsteller in seinem eigenen Film.

Denkfehler zu enttarnen ist sowohl eine Kunst als auch eine Frage der Ausdauer. Am besten macht man sich laut Schwartz und Gladding im ersten Schritt eine gedankliche Notiz, wie z. B.: Ah, ich denke gerade in schwarz-weiß oder Ich nehme das gerade zu persönlich. Dieses Einordnen schafft bereits Distanz. Außerdem raten die Psychologen dazu, die eigenen Gedanken aus der Perspektive eines weisen Beraters zu betrachten. Was würde z. B. ein guter Freund sagen? Außenstehende sind nicht verwickelt, können daher besser abwägen und uns auf Denkfehler hinweisen. Ebenfalls hilfreich finde ich den Ansatz, seinen Fokus zu verschieben – raus aus den Schubladen, weg von Horrorszenarien und Sehnsüchten hin zu vernünftigen Erwartungen und echten Gefühlen.

Vielleicht kann unser Gedankenkarussell irgendwann Strom erzeugen. Bis es soweit ist, werde ich mir noch oft den Kopf zerbrechen. Wenigstens lasse ich mich nur noch selten lähmen. Diesen Beitrag habe ich beispielsweise zig mal überarbeitet. Beinahe hätte der Perfektionismus gewonnen, aber ich habe weitergemacht und das Thema Stück für Stück vorangetrieben. Es hat lange gedauert, aber offensichtlich zum Ziel geführt. Denn gerade hast du diesen Artikel zu Ende gelesen. Danke!

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Quellen

  1. Dale Carnegie: Sorge dich nicht – lebe!, S. 99
  2. Eckart von Hirschhausen: Glück kommt selten allein, S. 229
  3. Wie schließt man ein altes Leben ab? – Kim Frank im Podcast-Interview
  4. University of Pittsburgh: Just Made a Bad Decision?

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