Anleitung zur Gelassenheit für alle, die sich schnell aus der Ruhe bringen lassen

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Ich persönlich bin ja eher un-gelassen. Ich mache mir schnell Sorgen, bin ungeduldig, lege (zu) großen Wert auf die Meinung Anderer und möchte alles möglichst perfekt machen.

Nicht die besten Voraussetzungen, um gelassen zu sein. Besser gesagt: Gelassenheit ist für mich eine echte Herausforderung.

Gerade weil es eine meiner größten Baustellen ist, beschäftige ich mich viel mit dem Thema. Los ging das vor zwei Jahren. Damals ging mir jegliche Gelassenheit flöten. Ich hatte Angst meine Arbeit nicht mehr zu schaffen, meiner Beziehung nicht mehr gerecht zu werden und diesen Status nicht lange auszuhalten. Ich rutschte schließlich in ein Burnout. Mit Hilfe einer Verhaltenstherapie, Entspannungsverfahren und einigen Büchern rappelte ich mich wieder auf. Auch wenn ich das Gröbste überstanden habe, fällt mir Gelassenheit nach wie vor nicht leicht.

So ist das mit allen Themen in unserem Blog. Was wir beschreiben, beherrschen wir selten in Perfektion. Doch wir befassen uns mit den Themen und lassen dich an unserem Weg teilhaben. Manchmal sind es nur kleine Fortschritte, die wir mit dir teilen möchten. So ist es auch mit Gelassenheit.

Es gibt Momente, in denen ich mich selbst mit meiner Gelassenheit überrasche. Dann gibt es wieder Tage, in denen Gelassenheit utopisch scheint – so schlecht bin ich dann drauf und versuche es gar nicht erst.

Aber Gelassenheit lohnt sich. Schließlich haben gelassene Menschen mehr vom Leben. Unsere Zeit ist begrenzt – was wir draus machen, hängt von uns ab.

Folgende Themen werden hier besprochen:

Ich begann vor zwei Jahren Bücher über Persönlichkeitsentwicklung, Glück und Gelassenheit zu lesen. Schon bald hatte ich das Gefühl, immer wieder auf die gleichen Werkzeuge zu stoßen. Sie deckten sich mit den Techniken, die meine Therapeutin empfahl und die ich im Internet las. Diese Strategien für mehr Gelassenheit fasse ich heute zusammen – und gebe meinen Senf dazu.

Zu Risiken und Nebenwirkungen: Dieser Artikel macht nicht gelassener, denn

a) er ist sehr lang (>5.000 Wörter) und

b) Lesen allein hilft nicht.

Wenn du durchhältst, bietet dieser Beitrag dir aber einen Werkzeugkoffer für den Alltag. Nicht jede Zange passt zu dir und deiner Situation. Nicht jedes Tool wirst du gleich gut beherrschen. Am besten nimmst du dir – wie ich – einen zu dir passenden Inbusschlüssel, einen dir sympathischen Schraubendreher und ein paar Schnüffelstücke (siehe Meister Röhrich) – und probierst sie aus. Es ist wie immer eine Übungsfrage.

Lass uns zunächst den Fokus darauf richten, was uns die Gelassenheit raubt und warum du folglich diesen Artikel liest:

Gelassenheitsräuber oder mentale Allergene

Wenn du es ernst mit der Gelassenheit meinst, lade ich dich zu der folgenden Übung ein: ein Allergietest für mentale Allergene ². Analysiere der Reihe nach, was dir die Ruhe raubt. Auf einer Skala von 1 (geringer) bis 10 (starker Ausschlag) habe ich meine eigene Reaktion vermerkt:

  • Ungeduld: bei Warteschlangen oder gegenüber Kindern (8 von 10 – mich nerven schreiende Kinder)
  • Hektik, Multitasking: alles muss schnell gehen (7 von 10)
  • Lärm: aus der Nachbarwohnung (3 von 10 – ich schwöre auf Oropax)
  • Harmoniebedürfnis: Streit mit dem Partner, der Familie, Freunden (10 von 10 – ganz schwierig)
  • Überlastung: wachsende To Do Liste (6 von 10 – geht, aber kann schon mal zu viel werden)
  • Pflichtbewusstsein: Steuererklärungsdeadline (8 von 10 – schuldig!)
  • Ehrgeiz: Planzahlen auf Arbeit schaffen (7 von 10 – auch schuldig!)
  • Angst: vorm Zahnarzt (1 von 10 – Mein Freund ist Zahnarzt.)
  • Eifersucht: auf den guten Freund der Partnerin (3 von 10 – war komischerweise noch nie ein großes Thema)
  • Neid, Vergleiche: auf Position der Kollegin (2 von 10 – auch nicht)
  • Pflichtbewusstsein, Ungeduld: zu spät zu kommen (8 von 10 – oh ja!)
  • Fremde Erwartungen, Urteile: nicht gut genug zu sein (8 von 10 – hmm!)
  • Harmoniebedürfnis: jemand könnte mir böse sein (9 von 10 – auch!)
  • Unzufriedenheit: Dinge sind nicht gut genug (4 von 10 – von der Laune abhängig)
  • Süchte: Alkohol, Drogen, Sex, Arbeit (2 von 10)
  • Selbstverurteilung, Schuldgefühle: schlechtes Gewissen etc. (8 von 10)

Diese Liste macht den Anschein, dass ich kein normales Leben führen kann. Das kann ich natürlich! Der Allergietest zeigt mir aber, dass ich auf viele Unruheherde anspringe. Besonders Zwischenmenschliches nimmt mir die Ruhe.

Es gibt Menschen, die mit mentalen Allergenen besser zurechtkommen. Sie können künftig dein Vorbild sein.

Von Gelassenheitsvorbildern lernen

gelassenheitsvorbild

Die Ruhe zu bewahren – egal, was passiert – ist in meinen Augen eine Kunst, die nur wenige Menschen beherrschen. Kennst du eine dieser raren Persönlichkeiten? Ich kenne zwei, maximal drei.

An eine dieser Personen denke ich bei diesem Artikel, denn sie ist mein Vorbild. Als Gelassenheitsanfänger finde ich es nützlich einen Gelassenheitskönner vor Augen zu haben, denn Lernen am Modell hat schon immer funktioniert. Auch wenn ständiges Vergleichen die Gelassenheit raubt, zeigt es mir doch den Unterschied zwischen ihrem und meinem Handeln.

Hast du auch einen Gelassenheitskönner vor Augen? Wenn ja, behalte diese Person im Hinterkopf, während du diesen Artikel liest. Du wirst ein paar Verhaltensweisen in den beschriebenen Techniken wiedererkennen (“Stimmt, das macht er/sie auch!”). Je stärker du die Werkzeuge in deinem Gehirn verknüpfst, desto besser wirst du dich an sie erinnern.

Mein Gelassenheitsvorbild ist ruhig, sanftmütig, diplomatisch, freundlich, (fast zu) bescheiden, selbstlos, optimistisch und verständnisvoll für Alles und Jeden.

Klingt nach einem Engel, oder? Das sind gelassene Menschen für mich auch. Sie strahlen Ruhe und Zufriedenheit aus.

Ist Gelassenheit eigentlich angeboren? Zeitweise dachte ich das und sah in meinem – offensichtlichen Gendefekt – den Grund für meine Un-Gelassenheit. Dann erfuhr ich durch meine Therapeutin: “Innere Ruhe kann man sich erarbeiten.” Also gut.

Bevor wir zu konkreten Strategien kommen, sollten wir uns ein paar grundlegende Dinge vor Augen halten.

Grundgedanken zur Gelassenheit

loslassen und gelassen werden

1. Realität ist subjektiv

Viele Menschen halten sich für rationale Wesen, die ihre Umwelt objektiv betrachten. Doch so subjektiv die Wahrnehmung – so die Realität. Das wissen alle, die schon ein Mal ein Fußballspiel verfolgt haben: War der Ball im Aus/Abseits/Tor? Wie wir das sehen, hängt u. a. von unserer Wahrnehmung, Interpretation und Motivation ab. So kommen konträre Meinungen zustande, obwohl die Spieler, Trainer, Zuschauer und Schiedsrichter dieselbe Spielminute gesehen haben.

So ist das mit allem. Mal sind wir Team A, mal Team B, mal der Schiedsrichter. Wer hat nun Recht?

Unsere Wahrnehmung ist nicht nur von unserem Wunschdenken beeinflusst. Wir erinnern uns auch unvollständig, füllen die Lücken so, wie es uns passt, und machen die gleichen Fehler, wenn wir uns die Zukunft vorstellen 5. Wir sind alles andere als rational 6. Wenn wir uns das eingestehen, können wir entspannter an viele Dinge, z. B. Konflikte, herangehen.

Wir entscheiden, was wahr für uns ist. Was real ist. Verabschiede dich von der einzigen Wahrheit, denn jeder hat eine davon im Kopf. Vielleicht macht dich das offener dafür, deine Sicht der Dinge loszulassen. Dazu später mehr.

2. Gelassenheit heißt Loslassen statt Anhaften

Gelassenheit heißt Loslassen – sowohl körperlich als auch geistig. Aber was hält uns eigentlich fest?

Anspannung rührt vom Anhaften, der (Gefängnis-) Haft der Gedanken 1, auch: „Verhaftungen“). Wir kleben an Glaubenssätzen wie: “Ich brauche …, um glücklich zu sein” oder “Ich muss … tun, um zufrieden zu sein”. Genauso halten uns Ansprüche gefangen: “Es muss perfekt werden” oder “Ich muss perfekt werden”.

Positives Anhaften bezeichnet Dinge, die wir anstreben, weil sie uns in unserer Vorstellung ein gutes Gefühl geben:

  1. Materielles: Besitz, Geld, Auto, Wohnung,
  2. Schönheit, Jugend, Idealbilder,
  3. Menschen, die wir lieben,
  4. Gesundheit, langes Leben,
  5. Image, Erwartungen, Meinungen, Anerkennung, Termine,
  6. Wohlbefinden, Genuss,
  7. Perfektionismus,
  8. eigene Erwartungen.

Natürlich sind viele dieser Dinge erstrebenswert, aber auch vergänglich. Meine Therapeutin meinte immer: “Seinen Selbstwert aus Perfektion zu ziehen ist gefährlich. Wenn Perfektionisten mal körperlich nicht so können, wie sie wollen, haben sie ein Problem.”

Anhaften bringt immer Leid mit sich, denn wir machen uns abhängig – nicht nur von uns selbst.

Wir haften auch am Tun und Lassen anderer Menschen. Sie sollen so und so sein, dieses tun und jenes lassen. Unserer Meinung nach hat ihr Leben so und nicht anders zu sein.

Dann gibt es noch Aspekte im Leben, die wir um jeden Preis vermeiden wollen. Durch die Scheu vor negativen Gefühlen entsteht Negatives Anhaften:

  1. Alter, Tod, Krankheit,
  2. Verluste, Trennungen,
  3. finanzielle Not,
  4. Feinde,
  5. Gewalt, Zerstörung,

Das Leben wäre viel einfacher, wenn wir uns vom Anhaften befreien könnten.

Meine Sorgen und Ängste würde ich gern loslassen, allerdings fällt mir das alles andere als leicht. Es scheint, als würde ich dann egoistisch und unvorsichtig sein.

Ich mache mir z. B. oft Gedanken über Krankheitssymptome, auch bei Haustieren. Einerseits ist Empathie nützlich, andererseits liegt vieles nicht in meiner Hand. Mehr als mich zu kümmern und einen (Tier-) Arzt zu konsultieren, kann ich nicht tun. Das ist desillusionierend, aber auch befreiend.

Es hilft mir, mich daran zu erinnern, dass ich gerade wieder anhafte, wenn ich z. B. glaube, eine fremde Meinung sei lebenswichtig für mich oder wenn ich mir den Kopf über sinnlos ausgegebenes Geld zerbreche.

Den Gedanken einen Namen zu geben, nämlich Anhaften, verhilft mir zu mehr Distanz und Gelassenheit.

3. Loslasssen heißt Verlust, aber auch Freiheit

Wenn du loslässt, gibst du Glaubenssätze und Statussymbole auf. Das bedeutet Veränderung, vielleicht auch Verlust. Wer mag das schon? Doch stell dir vor, wie frei du wärst. Du müsstest nicht immer nach etwas streben. Nicht dieses und jenes schaffen, damit …

Dich frei zu machen von eigenen und fremden Zwängen, Erwartungen, Meinungen ist der Schlüssel für mehr Gelassenheit.

Ich sage nur: Hot Pants im Strandurlaub. Wenn ich niemanden kenne, ist es mir egal, wie ich aussehe. Die was-soll-ich-bloß-anziehen-Entscheidung fällt mir plötzlich leicht. Ich trage ein Top, das mir zu Hause peinlich wäre, hole mir noch ein Tiramisu und tanze den Club-Song mit – mich kennt ja keiner!

Freiheit fängt im Kopf an.

4. Die Tür geht nach innen auf

Früher dachte ich oft: ‘Ich muss nur noch …, dann wird alles ruhiger und ich kann entspannen.’

Die schlechte Nachricht: mit der Außenwelt hat unser Innenleben wenig bis nichts zu tun. Daran ändern der nächste Urlaub, eine Beförderung oder das nächste Wochenende nichts. Alles, was kurzfristige Entspannung verschafft, verpufft schnell. Als Gewohnheitstiere gewöhnen wir uns im Nu an Dinge.

Die gute Nachricht: Wir können die Tür von innen öffnen 1. Das ist eine gute Nachricht, denn wir müssen es zwar selbst tun, aber wir können es wenigstens selbst tun.

Es ist unsere Verantwortung. Nichts und niemand verhilft uns zu mehr Gelassenheit als unser Denken und Handeln. Genauso wenig können wir jemandem die Schuld an unserem Stress geben (Partner, Kollegen, Chef, Schwiegereltern). Schließlich lassen wir es zu, wenn uns jemand aus der Ruhe bringt.

Ich weiß, dass sich das nicht nur gut anhört.

5. Rückzug ist wichtig

Mit Whatsapp, Emails, Facebook und Instagram prasseln jeden Tag Tausende von Reizen auf uns ein.

Wer zur Ruhe kommen und sich selbst wahrnehmen – die Tür nach innen öffnen – will, muss die Umwelt mal auf lautlos stellen. Das ist ungewohnt und langweilig, aber der erste Schritt auf dem Weg zum Gelassenheitskönner. Denn dieser hat keine Angst etwas zu verpassen. Eine Schildkröte kann sich z. B. komplett in ihren Panzer zurückziehen. Das ist wahrer Rückzug 1.

Mein Gelassenheitsvorbild geht zeitig ins Bett und scheut sich nicht davor, sich aus einer Runde auszuklinken. Mir fällt es dagegen schwer, als eine der ersten zu gehen.  Obwohl ich mich gern mal zurückziehe, tue ich es ungern.  Wenn ich absage, setze ich (gefühlt) mein Sozialleben aufs Spiel. Der Preis für Allzeit-Präsenz ist ein leerer Akku nach einer durchgeplanten Woche. Kein Wunder, dass ich erschöpft schnell auf 180 bin.

6. Gelassenheit ist eine Entscheidung

Gelassenheit ergibt sich nicht von selbst. Du musst dich dafür entscheiden, denn dein Default-Modus ist meist nicht gelassen: Jemand schnappt dir den Parkplatz weg, dein Kollege macht schon wieder krank, der hupende Pizzafahrer weckt dein Kind auf. Du wirst automatisch un-gelassen.

Warum fällt es dir und mir so schwer gelassen zu reagieren? Dafür gibt es einige Gründe:

  1. Gewohnheiten: Du hast dich schon immer darüber aufgeregt – das Verhalten ist automatisiert.
  2. Ein Thema, das verbindet: Worüber soll man reden, wenn alles glattläuft? Zusammen zu schimpfen verbindet. Das ist es, was viele wirklich suchen: Etwas zu teilen – und wenn es Frust ist.
  3. Angst vor Einsamkeit: Termine abzusagen, zu Hause zu bleiben, sich abzuschotten – klingt nach Langeweile und Einsamkeit.
  4. Gelassenheit ist unheimlich: Ich weiß noch, wie über eine stets tiefenentspannt-gelassene Mitschülerin getuschelt wurde: “Die nimmt bestimmt Drogen!“ Alles andere schien unrealistisch.
  5. Angst vor dem, was bleibt: Sich über Dinge aufzuregen ist oft eine Flucht vor bzw. Ablenkung von deinem tiefsten Inneren, deinen innigsten Wünschen, Sehnsüchten, Enttäuschungen 4.
  6. Ein langer Weg: Da es so viele Quellen der Unruhe gibt, scheint der Weg zur Gelassenheit aussichtslos. Es ist leichter, es nicht zu versuchen.

Du kennst jetzt die Grundlagen der Gelassenheit

Deine Wahrheit ist nicht die einzige.

Gelassenheit erfordert Loslassen von positiven und negativen Anhaftungen.

Loslassen heißt Verlust, aber auch Freiheit.

Die Tür geht nach innen auf.

Schildkröten sind Rückzugsvorbilder.

Gelassenheit ist deine Entscheidung.

Strategien für mehr Gelassenheit

Kommen wir nun zum Werkzeugkoffer eines Gelassenheitskönners. Um gelassen zu werden, müssen wir körperliche und geistige Anspannung loswerden. Körperliche Anspannung äußert sich z. B. in einer gerunzelten Stirn, einem verspannten Nacken und irgendwann auch im Kopf – in Form von Schmerzen. Geistige Anspannung kann auch schmerzhaft sein, wenn sie dir im Nacken sitzt und den Schlaf raubt.

Anfangs konnte ich es mir kaum vorstellen, dass körperliche Entspannung auch zu geistigem Lockerlassen führt. Ich schaffte es nie oft genug, merkte aber, dass meine Gedanken tatsächlich zur Ruhe kamen.

Ich beginne daher mit den Strategien für körperliche Gelassenheit, denn sie helfen dir auch im Kopf gelassen zu werden.

A) Körperliche Gelassenheit

entspannen und loslassen

Anzeichen/Ziele

  • ruhiger Puls
  • ruhiger, tiefer Atem
  • tieferer Schlaf
  • keine/geringere Schmerzen
  • keine/weniger Ängste und Depressionen

Strategien

  1. Atemübungen,
    • z. B. hinsetzen oder -legen, vier Sekunden lang einatmen, acht Sekunden lang ausatmen oder
    • Wechselatmung aus dem Yoga: durch ein Nasenloch einatmen, das andere verschließen, kurz beide Nasenlöcher zu- und die Luft anhalten, dann durch das andere Nasenloch ausatmen (ausführliche Anleitung hier).
  2. Entspannungsübungen, z. B. Progressive Muskelrelaxation (PMR): hinlegen, Muskelgruppen von den Füßen bis zur Nasenspitze nacheinander anspannen und locker lassen, nachspüren. Die Idee dahinter: ein Muskel entspannt leichter, wenn er vorher angespannt war. Der Kontrast fällt dir dann auch stärker auf. Mit viel Übung wird das Entspannen ohne vorheriges Anspannen leichter und die Übung damit auch öffentlichkeitstauglich (ausführliche Anleitung hier).
  3. Meditation: gilt als fortgeschrittene Variante, eignet sich aber auch für Anfänger (ausführliche Anleitung hier)
  4. Sport: Mich auszupowern hilft mir danach sehr ruhig zu werden. Erfahrungsgemäß hilft mir Ganzkörpersport wie Bootcamp mehr als gleichmäßiges Joggen, bei dem ich noch mehr grüble. Wenn du dich dazu nur schwer überwinden kannst, findest du hier nützliche Tipps.
  5. Schlafen: Ein Nickerchen zu machen statt den Fernseher laufen zu lassen, zeitig genug ins Bett zu gehen, sich den Schlaf nicht durch schweres, spätes Essen und Alkohol zu rauben – das sind Strategien, um körperlich ausgeglichener zu sein. Weitere Tipps findest du hier.
  6. Zur Ruhe kommen: Termine mit dir selbst und Nichtstun machen dich innerlich ruhig. Es beruhigt mich beispielsweise mehr, nach Feierabend zu lesen statt fernzusehen. Wenn dir das Nichtstun schwerfällt, hilft auch ein Spaziergang, ein Bad, Musikhören uvm.

Mein Gelassenheitsvorbild legt Wert auf genügend Schlaf, treibt Sport und bewegt sich im Alltag viel. Beispielsweise läuft sie zur Arbeit, obwohl sie viele Termine hat und viel Zeit im Büro verbringt. Gleichzeitig hat sie ihre Rituale und verschafft sich Ruhe im Alltag. Das sind gute Voraussetzungen, um auch mentale Gelassenheit zu erreichen.

Vielleicht kannst du diese Strategien erst umsetzen, wenn du die gleich folgenden Strategien für mentale Gelassenheit anwendest. Diese lehren dich loszulassen, z. B. die Hektik in deinem Leben oder die Bedeutung von Terminen, die dich von den Körper-Strategien abhalten.

Es ist ein Henne-Ei-Problem: Muss ich erst gelassen sein, damit ich mir die Zeit für Sport und Ruhe gönne? Oder werde ich gelassen, weil ich mir Sport und Ruhe gönne?

Wie auch immer es für dich funktioniert – beide Vorgehensweisen werden dir helfen.

B) Mentale Gelassenheit

loslassen

Anzeichen/Ziele

  • innere Ruhe
  • Optimismus/Zuversicht
  • Toleranz
  • Positivität
  • Lächeln

Strategien

1. Toleranz – einzig wahre Vorstellung loslassen

Unser Drang alles und jeden, inklusive uns selbst, zu beurteilen, macht das Leben anstrengend. Nicht umsonst gehört es zu den buddhistischen Lehren nicht zu urteilen. Im Alltag klappt das nicht zu 100 Prozent, aber selbst nur halb so oft zu urteilen, wird sich befreiend für dich anfühlen.

Ich versuche mich als Anthropologin, d. h. Menschenkundlerin, zu üben. Statt mich über jemanden aufzuregen, versuche ich zu denken: “So ist also dieser Mensch.” Als hätte ich stundenlang hinter einem Busch ausgeharrt, um eine Beobachtung der seltenen Spezies Mensch zu machen. Zu beobachten erzeugt mehr Distanz als ein Urteil zu fällen 2.

Genauso sollten wir beobachten ohne besitzen zu wollen. Uns an Dingen ohne Hintergedanken erfreuen. Nicht überlegen, wie wir es uns unter den Nagel reißen können 1.

Wir können unsere Mitmenschen beobachten ohne sie beeinflussen zu wollen. Du möchtest schließlich auch nicht korrigiert und umerzogen werden 1.

Toleranz ist nicht immer leicht. Es hilft, die Unschuld in jemandem zu erkennen 2. Lärmende Kinder, Milch-vergessende Partner, besorgte Mütter und anhängliche Schwiegereltern haben keine bösen Absichten. Die Suche nach der Unschuld in meinem Gegenüber nimmt mir den Wind aus den Segeln, wenn ich mich hochschaukele.

Mein Gelassenheitsvorbild ist der diplomatischste Mensch, den ich kenne. Sie versetzt sich immer in die jeweilige Person und sagt etwas wie: “Vielleicht wollte sie …” oder “Er hat bestimmt gedacht, …”

2. Kommunikation – Bedürfnis nach Aufmerksamkeit loslassen

Zwischenmenschliches ist ein großer Posten in unserem Leben, der sowohl für Ärger als auch für Freude sorgen kann.

Viele Menschen fühlen sich unverstanden, bemühen sich aber nicht andere zu verstehen 2. Kein Wunder, dass wir uns gegenseitig aufregen!

Mach den ersten Schritt für mehr Gelassenheit im Gespräch – und du wirst eine noch nie gefühlte Ruhe verspüren 2:

  1. Zuhören: Oft warten wir nur darauf endlich dran zu sein. Manche zittern schon, weil sie es kaum aushalten. Gute Zuhörer sind selten, doch Menschen lieben sie. Probiere es aus: Lehn dich zurück und stell dich darauf ein wenig bis nichts zu sagen. Es entspannt! Du brauchst keine Gesprächspause abzupassen, niemanden zu unterbrechen, sondern kannst den Gedanken des Anderen aufmerksam folgen.
  2. Nicht im Mittelpunkt stehen wollen: Jeder ist der Hauptdarsteller in seinem eigenen Film. In einem Gespräch kann es nur einen Mittelpunkt geben. Indem du gut zuhörst, überlässt du anderen die Aufmerksamkeit und lässt dein Aufmerksamkeitsanhaften los. Du wirst merken, wie ruhig du wirst, weil du nicht den Anspruch hast, andere mit deiner Story zu übertrumpfen oder zu korrigieren.
  3. Dem anderen Recht geben: Widerstehe dem Drang zu korrigieren, zu kritisieren oder Schuld zuzuweisen. Hör einfach zu und finde die Wahrheit in den Aussagen deines Gegenübers. Statt zuerst etwas Gegenteiliges zu sagen, könntest du im ersten Satz ein Argument für die Meinung deines Gesprächspartners wiedergeben. Es ändert alles, glaub mir.
  4. Freundlich sein: Hast du dein Geltungsbedürfnis auf lautlos gestellt, wirst du automatisch wohlwollender und freundlicher – ein Stück mehr Geber. Geber sind glücklicher. Noch glücklicher macht es anonym zu geben, d. h. jemandem zu helfen, ohne davon zu erzählen 2.

Mein Gelassenheitsvorbild erzählt ungefragt wenig bis nichts. Sie hört zu und fragt nach. Obwohl sich dadurch manchmal das schlechte Gewissen bei mir meldet, sind Gespräche mit ihr sehr angenehm. Ich gehe mit mehr Energie heraus, während andere Gesprächspartner mir Energie entziehen.

Obwohl ich gern viel erzähle, versuche ich mich immer wieder an diese Techniken zu erinnern. Dadurch habe ich öfters einen Aha-Moment mitten im Gespräch. Während ich einen Moment zuvor noch einhaken und widersprechen wollte, fällt mir dann ein: “Hör einfach zu!”

3. Perfektionismus – beste Lösung loslassen

Perfektion loszulassen ist sinnvoll, da sowieso meist das Pareto-Prinzip gilt, d. h. in 20% deiner Zeit (mit 20% deiner Mühe) erzielst du 80% des Ergebnisses. Die letzten Prozente zur Perfektion kosten unverhältnismäßig viele Nerven.

Das Ziel der folgenden Strategien ist nicht mehr Effizienz und Produktivität, sondern Stressvermeidung.

  1. Bei einer Entscheidung/Aufgabe: Zerbrich dir nicht den Kopf, sondern nimm beherzt die zweit- oder drittbeste Lösung. Meistens reicht das.
  2. An dir selbst: Das Rummäkeln am eigenen Körper kenne ich gut. Doch Schönheits-, Schlankheits- und Jugendwahn sind vergängliche Anhaftungen, erinnerst du dich? Wir können unser Alter nicht festhalten. Während du dir Gedanken um deine Figur machst, wartet das Leben nicht auf dich. Für dich selbst gelten die gleichen Dinge wie für deine Mitmenschen:
  3. Facetten akzeptieren statt wetterfest machen: Wie bei einem Haus, an dem es immer etwas zu tun gibt, fallen uns nach und nach auch die Mängel an unserem Partner auf. Was uns in der ersten Zeit nicht gestört hat, kritisieren wir immer offensiver. Das erzeugt gleich zwei Probleme: Unser Partner fühlt sich schlecht und wir uns irgendwann auch. Wir lenken unsere Aufmerksamkeit immer stärker auf die Makel statt auf die Vorzüge des Partners und sehen deshalb irgendwann nur noch Baustellen 2. Es wird dich gelassener machen, wenn du den Wunsch loslässt, den anderen ändern zu wollen. Wir akzeptieren seine Facetten einfach, denn von uns selbst wissen wir, dass Perfektion ein anstrengende Illusion ist. Wahrscheinlich kommt er/sie auch so klar.

Als Wettbewerbstierchen und Selbstoptimierer bin ich oft perfektionistisch unterwegs. Auch das Wetterfest-machen kenne ich aus meinen bisherigen Beziehungen. Mein Gelassenheitsvorbild hingegen sieht die Schwächen des Partners humorvoll. Sie wiegt sie sofort mit den vielen Stärken auf und führt ihre eigenen Schwächen an.

4. Stimmungen – Gedanken zu- und loslassen

Die Macht der Gedanken ist groß. Was wir immer wieder denken, schleift sich ein. Trampelpfade entstehen. Das kann uns helfen – oder zermürben. Wenn dich negative Gedanken runterziehen, helfen dir folgende Strategien:

  1. Negative Gedanken ignorieren bzw. zügeln: Du kannst dich entscheiden nicht hinzuhören. Falls dir das schwer fällt, kannst du deine Gedanken zumindest zügeln. Das Ziel ist, dass sie nicht zu einer Lawine werden. Du kannst ihnen kurz zuhören, dann “Stopp!” sagen und sie bewusst loslassen. Dazu kannst du eine Faust ballen und sie wieder lockerlassen 4.  Hier sind zehn weitere Ideen, wie du mit negativen Gedanken umgehen kannst.
  2. Vorbeiziehen lassen: Ein Tief geht vorbei, auch wenn es sich nicht danach anfühlt. Komm nicht auf die Idee, in einem Loch dein Leben zu analysieren. Da kann nichts Gutes rauskommen 2.
  3. Dankbarkeit üben: Wenn du vor lauter Ärger nur noch Probleme wahrnimmst, wird dein Weltbild sehr dunkel. Du kannst allerdings gegensteuern und dich in positiver Wahrnehmung üben. Patrick und ich schreiben dazu seit anderthalb Jahren jeden Abend drei gute Dinge auf 4.
  4. Erwartungen: Wenn du erwartest, dass das Leben gerecht und Menschen freundlich sowie dankbar sind, wirst du jeden Tag enttäuscht. Wenn du diese Haltung loslässt und versuchst das Beste draus zu machen, sieht die Sache anders aus.
  5. Einstellung zu Problemen: Wenn du am liebsten ein problemfreies Leben hättest, ist jeder Tag ein Kampf. Ändere deine Einstellung zu Problemen und sieh sie als Teil der Übung. So wirst du nicht immer vor ihnen wegrennen oder sie bekämpfen wollen 1.

Ich hätte gern ein problemfreies Leben, aber irgendwas ist immer. Auch mein Gelassenheitsvorbild erlebt Pannen und muss Probleme deichseln. Sie sieht es als Teil ihres Jobs und hat trotzdem immer einen humorvollen Spruch auf den Lippen.

5. Umdeuten – eine Interpretation loslassen

Es ist nicht alles schlecht, aber es kann den Anschein haben, wenn du schon länger nur noch das Negative siehst. Wenn du gelassener werden möchtest, wirst du am Reframing nicht vorbeikommen.

  1. Reframing: Als ich neulich die positiven Seiten eines Stimmungstiefs beschrieb, war das ein Beispiel für Reframing (Umdeuten). Das ist ein gängige Technik, die auch Therapeuten anwenden. Sie versuchen dich dazu zu bringen, die Lernmöglichkeit in einer negativen Situation zu erkennen. Das geht tatsächlich immer. Es klappt besser, je öfter du es übst. Auch bei akuter Einsamkeit wendet Patrick diese Technik an.
  2. Arschengel: Eine Psychologin fragte mich mal, ob ich in einer Person, die mir damals das Leben zur Hölle machte, den Arschengel sehen könne. Den Engel im Arsch*** sozusagen: jemand, der extra auf der Welt wäre, damit ich meine Lektion lernen könne. Mein Arschengel war für mich der Anlass, zu überlegen, was ich im Leben wollte. Er war eine Übung, um mich abzugrenzen, Nein zu sagen. Damals war das ein schwacher Trost für mich, schließlich scheiterte ich immer wieder am Abgrenzen. Je mehr Zeit verging, desto klarer wurde mir aber die Wahrheit in meiner positiven Interpretation. Indem ich kündigte, hatte ich mich letztendlich entzogen. Das war auch ein Weg, um damit fertig zu werden. Ich hatte gelernt.

Es mag schwer sein, das Positive in Verlusten und Trennungen zu erkennen. Wenn du willst, schaffst du es aber. Das ist kein sinnloses Schönreden, sondern hilft die Chemie in deinem Kopf wieder richtigzustellen.

6. Dinge weniger wichtig nehmen – Bedeutung loslassen

Wenn uns etwas ärgert oder sorgt, scheint es uns in diesem Moment extrem wichtig. Es gibt allerdings Techniken, um dich daran zu erinnern, dass die Bedeutung nicht so hoch ist, wie es den Anschein hat:

  1. Räumliche Distanz: Manchem hilft räumlicher Abstand, um sich mental zu distanzieren. Rausgehen, ein Tapetenwechsel, wegfahren und jemanden besuchen – all das kann helfen, die Dinge wieder klarer zu sehen.
  2. Zeitliche Distanz: Stell dir vor, dass du in genau einem Jahr nochmal über das aktuelle Thema nachdenkst. Wie wichtig ist es dann noch? Wie wichtig ist es in drei oder fünf Jahren?
  3. Letzter Tag: Es scheint paradox, die Bedeutung von Dingen loszulassen, indem du dir vorstellst, heute sei dein letzter Tag. Die Idee ist aber ein Thema zu relativieren. Die meisten Stressquellen würden dich kalt lassen, hättest du nur noch einen Tag zu leben.
  4. Verpassen: Mir fällt es selbst schwer etwas absichtlich zu verpassen. Doch den Selbstwert aus der Anzahl der Termine zu ziehen ist gefährlich. Ich hetze von einer Sache zur nächsten und vergesse dabei mich selbst 1. Termine, Einladungen, Treffen sind schön und gut, doch wenn es zu viel wird, stressen sie.
  5. Minimalismus: Materielles Anhaften lässt dir keine Ruhe. Du kannst deinen Konsum aber auch runterfahren und dich kritisch mit Besitz auseinandersetzen. Jedes Ding, das du besitzt, ist eine Beziehung, die du hast. Was löst es in dir aus, wenn du es in der Hand hältst? Du wirst sehen, dass viele Dinge gemischte oder negative Gefühle wie Schuld, Wut oder schlechte Erinnerungen wecken. Sich ihrer zu entledigen macht gelassen und frei.
  6. Mehr ist nicht besser: Es lohnt sich nicht, immer mehr Dinge oder Geld anzuhäufen. Geld macht nur so lange glücklich, bis die Grundbedürfnisse gedeckt sind. Auch bei den meisten Gütern ist der Grenznutzen abnehmend (Erklärung hier). Statt dich in deiner Karriere und Gehaltserhöhungen zu verbeißen, solltest du dich auf die Dinge konzentrieren, die mehr wert sind als Geld.

Distanz half mir vor anderthalb Jahren eine wichtige Entscheidung zu treffen, nämlich meinen Job aufzugeben. Vieles schien wichtig: mein Ruf, meine Loyalität, meine Kollegen, meine Eignung für die Stelle, Jobalternativen – doch nichts war so wichtig wie meine Gesundheit.

Nach dem Prinzip letzter Tag lebe ich tatsächlich, indem ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe und mit Healthy Habits hauptberuflich ein Herzensprojekt betreibe.

Auch mein Gelassenheitsvorbild macht sich frei von Materiellem. Sie braucht nicht viele Dinge, Marken oder Statussymbole, um glücklich zu sein. Erlebnisse sind ihr wichtiger.

7. Konflikte weniger persönlich nehmen – persönliche Bedeutung loslassen

Du glaubst, deine Kollegen lästern über dich, deine Familie kritisiert dich vor allen, du streitest dich mit deinem Partner – Konflikte sind Gelassenheitsräuber. Zu mehr Ruhe verhilfst du dir, wenn du dich an zwei Dinge erinnerst:

  1. Nicht du persönlich: Du bist nicht persönlich gemeint. Wenn dich jemand beschimpft, hat das mehr mit ihm zu tun als mit dir. Tim von myMonk verrät in einem seiner meistgelesenen Artikel einen wichtigen Gedanken: “Es ist seine Geschichte, sein Verhalten, sein Problem, sein Zorn, sein Misstrauen, seine Ignoranz, sein enges Herz, sein enger Verstand. Lass es dort, wo es hingehört – bei ihm.” Wie man Dinge weniger persönlich nimmt, erklärt Tim ausführlicher in seinem Buch.
  2. Subjektive Realität: Du erinnerst dich daran, dass wir beim Fußball nicht einer Meinung waren? Realität ist subjektiv, auch bei dem Konflikt, über den du grübelst. Es ist aussichtslos, in Diskussionen die eine Wahrheit herauszuarbeiten und deinen Gegenüber umstimmen zu wollen. Er hat seine Realität und du deine. Das hat nichts mit dir persönlich zu tun.

Mit diesen beiden Gedanken kann ich Ärger schneller loslassen, beispielsweise wenn mich ein Autofahrer beschimpft. Die ersten Minuten ärgere ich mich, dann wird mir klar: Er hat die Situation anders erlebt und glaubt die Wahrheit zu kennen. Sein Frust hat nichts mit meiner Person zu tun.

8. Ruhe bewahren – Hektik loslassen

Alles muss schnell gehen heutzutage. Wir machen vieles gleichzeitig und möglichst schnell. Kein Wunder, dass wir unser Leben als oberflächlich empfinden. Entschleunigung lautet die Devise!

  1. Eigener Rhythmus: Gelassenheit erfordert seinem eigenen Rhythmus zu folgen, denn Kontrollverlust über das eigene Zeitmanagement ist ein großer Stressfaktor. Wenn du gelassener sein willst, solltest du daher nicht ständig auf externe Reize reagieren. Das tust du, indem du Push-Benachrichtigungen deaktivierst, Ruhezeiten festlegst und dir Zeitfenster für Email, Whatsapp & Co. einplanst 1.
  2. Monotasking: Multitasking ist eine Illusion. Wir schaffen nicht mehr, wenn wir Dinge gleichzeitig tun. Unsere Aufmerksamkeit springt dabei ständig hin und her. Das verwirrt unseren Geist. Besser ist es, eins nach dem anderen zu erledigen.
  3. Langsamkeit: “Schnell noch aufs Klo und dann reiten wir los!” Schnell und gelassen schließen sich allerdings aus. Wieder machen uns die Schildkröten was vor: sie gehören zu den langsamsten Tieren, leben aber auch sehr lang. Wenn das mal nichts heißt. Als Übung kannst du dir ein oder zwei Dinge am Tag vornehmen, die du absichtlich langsam erledigen willst. Wenn du es vergisst: zurückspulen und nochmal 1!
  4. Achtsamkeit: Wir sind das einzige Tier, was ständig an morgen, nächste Woche und nächstes Jahr denkt 5. So kannst du dir jede Gelassenheit rauben, denn du denkst schon prophylaktisch an alle eventuellen Probleme in den nächsten drei Jahren. Ich bin darin sehr gut. Körperliche Aktivitäten wie Abwaschen oder Wäscheaufhängen werden als gute Achtsamkeitsübungen beschrieben. Das Ziel ist, es mit seinem ganzen Bewusstsein zu tun. Auch Meditation ist eine gute Achtsamkeitsschule.
  5. Beobachten und Abwarten: Watchful Waiting (beobachtendes Abwarten) ist ein Begriff aus der Medizin. Dabei beobachten Ärzte eine diagnostizierte Krankheit aufmerksam, behandeln aber erst, wenn Symptome auftreten. Vielleicht hilft dir der Gedanke, wenn du dir – wie ich – Sorgen um ein Problem der Zukunft machst. Oft hilft es abzuwarten, denn Probleme lösen sich ab und zu von allein. Selbst wenn nicht, hat niemand etwas davon, wenn du dir schon zwei Wochen länger Sorgen gemacht hast.

Aus Erfahrung weiß ich, wie schwierig Monotasking und absichtliche Langsamkeit sind. Ich versuche daher feste Routinen aufzubauen, beispielsweise morgens in Ruhe aufzuräumen – egal, was ansteht. Meine innere Ruhe ist dabei entscheidender als die 20 Minuten, die ich verloren habe.

Unsere besten Ideen hatten Patrick und ich bei ausführlichen Gesprächen. Teilweise frühstücken wir drei Stunden, obwohl wir viel zu tun hätten. Es macht uns zufrieden und wir können unangenehme Dinge gelassener wegstecken.

Wie schon erwähnt, geht mein Gelassenheitsvorbild oft zu Fuß zur Arbeit. Sie geht einen Umweg, was immer wieder empfohlen wird.

9. Belastung senken – Ehrgeiz loslassen

  1. Belastbarkeit senken: Viele Produktivitätsblogs und -bücher zeugen davon, dass wir gern immer mehr schaffen wollen. Das Gegenteil würde gelassener machen. Wir sollten unsere Belastbarkeit eher senken, damit wir unsere Grenzen spüren und zeitiger auf die Bremse treten 2.
  2. Es geht nicht um Leben und Tod: Auch wenn es sich so anfühlt, auf Arbeit geht es selten um Leben und Tod. Da mögen sich deine Chefs oder Kunden noch so aufplustern 4.
  3. Gesunder Egoismus: Weil sie so Recht hat, nochmal das Zitat meiner Therapeutin: „Kollegen wechseln, Körper und Geist nicht. Mit ihnen müssen Sie auskommen.“ In der Praxis heißt das: Wenn du krank bist, bleib zu Hause. Wenn du ein freies Wochenende brauchst, gönn dir Ruhe. Tu, was gut für dich ist, und richte dich nicht zuerst nach anderen. Die Meinung der anderen sollte dir nicht wichtiger als dein eigenes Wohlergehen sein. Du wirst es nicht allen Recht machen können. Wenn du dir das vor Augen hältst, wird es dir leichter fallen, eher Feierabend zu machen und es einfach mal gut sein zu lassen.
  4. Verantwortung übernehmen: Viele reden ständig darüber, wie müde und erschöpft sie sind, ändern aber nichts. Wenn du gelassener werden willst, musst du deine Akkus aufladen. Dazu musst du Verantwortung für dich übernehmen und aktiv werden, d. h. echte Veränderungen treffen, statt nur darüber zu reden.

Jetzt hab ich aber ausgeholt! Nun, Gelassenheit ist ein großes und wichtiges Thema. Ich hoffe, dass du ein paar neue Erkenntnisse aus diesem Beitrag gezogen und ein paar Werkzeuge in deinen Koffer gepackt hast.

Mehr Gelassenheit würde uns allen guttun. Wer gelassen ist, steckt andere damit an. Wir brauchen deshalb mehr Gelassenheitsvorbilder! Damit du eines wirst, wünsche ich dir viel Erfolg beim Umsetzen der Strategien!

Meine Quellen

Gelassenheit ist eng verwandt mit dem Thema Glück, denn Gelassenheit führt zu einem glücklicheren Leben! Daher sind auch einige Glücksbücher die Grundlage für diesen Artikel. Damit du weißt, worauf meine Gedanken beruhen, und wenn du genauer nachlesen möchtest, nenne ich dir meine Quellen:

  1. Die 7 Geheimnisse der Schildkröte” von Aljoscha Long, Ronald Schweppe
  2. Alles kein Problem” von Richard Carlson
  3. Glück kommt selten allein” von Dr. Eckart von Hirschhausen
  4. Happiness Advantage” von Shawn Achor
  5. Ins Glück stolpern” von Daniel Gilbert
  6. Denken hilft zwar, nützt aber nichts” von Dan Ariely

Fotos: Junge Frau zu HauseLoslassen im SandDas Leben ist die BalanceJunger Mann auf SofaFrau auf Bergspitze von Shutterstock

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