Auf unsere 17 Anzeichen dafür, dass dein Leben zu lang ist, erhielten wir einiges Feedback. Darunter auch Stimmen, die wissen wollten, was so schlimm daran sei, am Computer zu spielen oder vor dem Fernseher zu entspannen. Außerdem werden wir oft gefragt, warum Lesen besser sein soll als fernzusehen.
Vor ein paar Jahren hätte ich vermutlich die gleichen Fragen gestellt. In meiner Jugend habe ich ganze Wochenenden vor dem Computer verbracht und Fußball-Manager gespielt. Ein Spiel, bei dem eigentlich nichts passiert. Ich klickte mich nur durch Statistiken und gewann nach einer langen Nacht die Deutsche Meisterschaft.
Später löste ich mich von Computerspielen, aber verbrachte viel Zeit vor dem Fernseher. Ein typischer Sonntag begann um 10 Uhr mit der Zusammenfassung der Bundesliga-Spiele vom Vortag, deren Ergebnisse ich längst kannte. Anschließend lauschte ich zwei Stunden lang alten Herren, die über Fußball diskutierten („Doppelpass“). Mit etwas Glück lief an dem Wochenende auch Formel 1, so dass ich nur den Sender zu wechseln brauchte. Danach war der Tag fast vorbei. Ich zappte weiter durchs Programm oder vertrödelte noch etwas mehr Zeit im Internet. So sah ein fauler Sonntag bei mir aus. Nicht nur einer, sondern viele.
Ich mochte diese Dinge und ich mag sie immer noch. Würde ich einen Fußball-Manager auf meinem Laptop installieren, könnte ich stundenlang spielen. Ich könnte auch immer noch jeden Sonntag das Geschwafel im „Doppelpass“ gucken und irgendwie Zeit mit dem Fernsehprogramm totschlagen. Ich mag das. Genauso wie ich Schokolade mag und Eiscreme und bei Facebook herumhängen und E-Mails abrufen. Diese Dinge sind einfach, bequem und ich weiß, was ich von ihnen zu erwarten habe.
Aber hier ist das Problem: Ich mag mich nicht, wenn ich diese Dinge tue. Ich mag nicht den Menschen in mir, der träge vor dem Fernseher hängt, sich in virtuelle Welten vertieft oder sich beim Essen gehen lässt. Was nützt mir ein kurzer Moment der Zufriedenheit, wenn ich mich anschließend frage, was ich bloß mit meinem Leben anstelle? Langfristig leidet mein Selbstwertgefühl darunter, dass ich Dinge tue, bei denen ich mich selbst nicht mag. Ich bin dann nicht mit mir im Reinen. Das ist jedoch eine grundsätzliche Voraussetzung dafür, glücklich sein zu können.
Man könnte davon ausgehen, dass wir uns auf natürliche Weise von Dingen angezogen fühlen, die unser Selbstwertgefühl stärken und unsere langfristigen Ziele unterstützen. Doch das Gegenteil scheint der Fall. Unsere täglichen Handlungen sind oft nicht mit dem vereinbar, was wir wirklich mit unserem Leben anfangen wollen:
- Wir wollen schlank sein, aber essen ungesund
- Wir wollen fit sein, aber nehmen für kurze Strecken das Auto
- Wir wollen ein Instrument spielen, aber schauen Fernsehen
- Wir wollen gute Freunde haben, aber melden uns nicht bei ihnen
Das passiert immer wieder, jeden Tag. Daher habe ich mich gefragt, ob unser Leben nicht zu lang ist, wenn wir Zeit für Dinge haben, bei denen wir uns selbst nicht mögen.
Nun habe ich mir mal Zeit genommen, darüber nachzudenken, in welchen Situationen ich mich selbst mag.
Ich mag mich selbst, wenn ich ..
- .. frische Lebensmittel selbst zubereite
- .. auf Fleisch verzichte
- .. mit wenig Zucker auskomme
- .. nicht jedem Appetit nachgebe
- .. jeden Tag 10.000 Schritte gehe
- .. Fahrrad fahre statt Auto
- .. mir Zeit zum Spazierengehen nehme
- .. mein Bodyweight-Workout durchziehe
- .. trotz Regen und Kälte zum Fußballspielen fahre
- .. in der Natur wandern gehe
- .. jemandem uneigennützig helfe
- .. Freunde zu mir nach Hause einlade
- .. bewusst unter Leute gehe
- .. ein Buch lese
- .. einen nützlichen Artikel schreibe
- .. ein Buch schreibe
- .. etwas lerne (z. B. Spanisch, Gitarre, ein Handwerk)
- .. mich mit neuen Ideen auseinandersetze
- .. etwas ausprobiere, vor dem ich Angst habe
- .. unvermeidliche Aufgaben angehe, anstatt sie aufzuschieben
- .. produktiv arbeite
- .. meine Wohnung aufräume
- .. mich bewusst entspanne
- .. meinem inneren Kompass folge (Werte)
- .. ehrlich bin
Ich mag nicht all diese Dinge. Ich springe nicht vor Freude in die Luft, weil ich mich im Workout verausgaben darf oder mal wieder meine Wohnung aufräumen muss. Aber ich mag mich selbst, wenn ich mich dennoch zu diesen Dingen aufraffe. Das ist hier der Unterschied und den versuche ich mir nun immer wieder vor Augen zu halten, wenn ich Probleme habe, mich zu motivieren.
Für dich können das ganz andere Tätigkeiten sein. Wann fühlst du dich gut mit dir selbst?
Zu diesem Beitrag hat mich der Artikel Where Self-Esteem Comes From von David Cain inspiriert. Sehr lesenswert.
Das ist ja mal ein interessanter Ansatz. Da kribbelt es mir in den Fingern, selbst eine solche Liste zu schreiben. Ich habe wirklich noch keine Ahnung, was ich darauf fände!
(Und auch ich habe beim letzten Artikel beim Thema Computerspiel ein paar Fragezeichen in den Augen gehabt. Ich weiß, wo das hinführen sollte – passive Beschäftigungen vs. richtiges Leben – aber bei einigen der Punkte gibt es für mich keine Allgemeingültigkeit. z.B. habe ich mich durch ein berufliches Projekt, bei dem es um Stadtplanung geht, an meinen Spaß bei SimCity & Co zurückerinnert und habe nun schon einige freudige Stunden dabei erlebt, als Diktator ein virtuelles tropisches Inselreich ans Laufen zu bringen… und empfinde das nicht als verschenkte Zeit, sondern merke, man wird nicht dümmer davon, und ich komme in Kontakt mit einer früheren, weniger grüblerischen Version von mir selbst…das macht mir gerade Freude und ist auch irgendwie „richtiges Leben“ – zumal, wenn ich meine Freude teile und mich mit anderen darüber austausche.)
Auch mir liegt sehr daran, meine Zeit möglichst sinnvoll zu verbringen. Ich glaube aber, dass dieser hohe Anspruch einen manchmal auch überfordert, und ein wenig Entspannung – zweckfrei verbrachte Zeit – tut dann gut. Gehört für mich übrigens auch oft zu kreativen Prozessen dazu – erst beim „Rumdödeln“ sortieren sich im Hintergrund die Gedanken zu neuen Ideen – meine Erfahrung.
So, und jetzt genug rumgedödelt und andere Leute vollgelabert, jetzt wird gearbeitet :-)
Das mit der Liste mache ich mal – spannende Anregung. Danke!
Hallo Stefka,
über das Computerspielen habe ich auch noch nachgedacht und in den Kommentaren habe ich auch versucht zu argumentieren, weshalb Games nicht so gut sind wie andere Dinge. Aber nach einigem Nachdenken möchte ich das jetzt nicht mehr so pauschal beantworten. Die Frage in diesem Artikel hier finde ich viel interessanter und die kann jeder für sich selbst am besten beantworten.
Viel Spaß beim Erstellen der Liste!
Super Artikel und Idee, die ich sofort nachgemacht habe :)
Ich mag mich selbst, wenn ich…
…frische Lebensmittel selbst zubereite
…vegane Lebensmittel esse
…nicht jedem Appetit nachgebe
…gesunde Snacks esse
…wenig Alkohol trinke
…mich mit guten Freunden treffe
…einen guten Freund anrufe
…fröhlich bin
…lache
…etwas spiele
…Zeit mit meiner Familie verbringe
…mir Zeit für meinen Partner nehme
…Sex habe
…meditiere
…autogenes Training mache
…mich bewusst entspanne
…einfach mal nichts mache
…auf meinen Körper höre
…mir Zeit für Körperpflege / Kosmetik / Bäder nehme
…mir die schönen Dinge des Tages vergegenwärtige
…früh schlafen gehe
…Fahrrad statt Auto fahre
… Spazieren gehe
…meine Bauchübungen absolviere
…trotz Regen und Kälte zum Yoga fahre
…mich zum Joggen aufraffe
…eine Radtour mache
…in der Natur wandern gehe
…Barfuß laufe
…meine Augen trainiere
…unvermeidliche Aufgaben angehe, anstatt sie aufzuschieben
…mir keine unnötigen Termine setze
…produktiv arbeite
…etwas durchziehe
…aktive Pausen mache
…etwas ausprobiere, vor dem ich Angst habe
…ehrlich bin − zu mir selbst und zu anderen
…jemandem uneigennützig helfe
…in jeder Situation ruhig bleibe
..Kaufimpulsen standhalte
…auch mal „nein“ sage
…dankbar bin
Hi Peggy,
das ist eine lange Liste! Schön, dass es so viele Dinge gibt, bei denen du dich selbst magst. Hoffentlich nimmst du dir auch die Zeit für sie :-)
Das ist zumindest geplant :D Ich versteht die Liste als Anreiz um diese Dinge öfter zu tun, weil ich mich dann besser fühle. Vieles davon mache ich auch bereits und ich denke da bin ich auf einem guten Weg :)
Hey Patrick!
Toller Artikel und sehr interessanter Ansatz. Ich werde mir auch mal so eine Liste erstellen. Beim genaueren Nachdenken geht es mir glaube ich ähnlich. Mein großes Problem ist das sinnlose im Internet rumsurfen, auch wenn es sich in letzter Zeit schon etwas gebessert hat. Ich mag die Tätigkeit schon, aber mich selbst finde ich in den Momenten eher faul und unmotiviert. Andersrum mag ich mich sehr, wenn ich neue Sachen gelernt habe, aber auf den Lernprozess an sich habe ich eigentlich keine Lust und nur wenig Motivation.
Den Artikel über die Anzeichen für ein zu langes Leben fand ich übrigens auch sehr gut und habe mich eigentlich bei keinem Punkt gewundert. Merke ich aber auch gerade bei meinem Sohn (mit Kind verändern sich ja eh alle Denkweisen ;-) ). Anstatt ihn vor dem Fernseher zu parken, schaue ich mir lieber ein Bilderbuch mit ihm an. Anstatt den ganzen Tag zu Hause zu sein, gehe ich lieber mit ihm auf den Spielplatz oder mache eine Fahrradtour durch den Wald (oder fliege mit ihm für zwei Monate nach Japan ;-) ). Ist zwar alles etwas anstrengender, aber bringt meinem Kind einfach mehr und stärkt unsere Beziehung auch viel besser.
Vielen Dank für die spannenden Denkanstöße!
Hi Christin,
tja, das sinnlose Herumsurfen kennt bestimmt fast jeder. Für mich ist es auch ein Problem. Seit anderthalb Wochen ist es nun schon deutlich besser, da ich ja meinen Facebook-, E-Mail- und News-Konsum bewusst eingeschränkt habe. Ich fühle mich auch im Kopf freier.
Schön, dass du mit deinem Sohn viel unternimmst. Da bist du ein gutes Vorbild :)
Hallo Patrick!
Oh ja, Dein Beitrag hat so ein wow ausgelöst, ja so einfach ist die Antwort in Wahrheit!
Diesen Aspekt werde ich in Zukunft wohl öfters einfließen lassen! Danke schön!
lg
Maria
Hey.
Echt interessanter und inspirierender Artikel.
Ich bin genauso hin und her gerissen. Auf der einen Seite denke an meine Ziele und will endlich besser Gitarre spielen können, Fitter werden, mehr Reisen, mehr Zeit für mich, neues ausprobieren und all so Sachen die von außen ganz toll aussehen, aber dann gibt es auch den einfachen denis in mir, der zwar nichts gegen Ziele hat aber auch mal fünfe gerade sein lässt, sich ungesund ernährt und Herr der ringe zum 10 mal guckt.
Ich glaube die Balance ist entscheidend und was man selber will.
Wenn ich mein Leben lang Computerspiele mit meinen guten Freunden gezockt habe und man mich nach 80 Jahren fragt, ob ich ein glückliches und frohes Leben hatte und ich sagen kann „ja, ich hatte soo viel Spaß online und war oft sehr happy “ gibt es keine Argumente dagegen. Es geht ja nur um Freizeit Gestaltung und wenn das Resultat eher gut als schlecht, gibt es keine weiteren Fragen Euer Ehren.
Ich hoffe ich bin nicht ganz am Thema vorbei :)
Cheers aus nz
Denis
P. S. Wie war das doch gleich mit der berühmten Phrase von Mr. Lenon und dem happy sein als Lebensziel? :)
Hi Denis,
ich bin auch voll dafür, hin und wieder die Seele baumeln zu lassen. Momentan mache ich das sogar recht häufig, da ich gerade besonders viel Zeit habe.
Wie viel genug ist, muss jeder selbst entscheiden. Ich denke, die Frage „Mag ich mich selbst dabei?“ kann helfen, das zu erkennen.
Ich glaube nicht daran, dass ich mit 80 Jahren zurückblicken würde und sage: „Ich hatte immer gute Unterhaltung durch Games und Fernsehen“. Ich denke, da kommt eher ein: „Oh je, ich wünschte ich hätte mehr aus meinem Leben gemacht“. Solche Gedanken kommen mit dem Alter, wenn auch nicht erst mit 80 Jahren. Man denke an die berühmte Midlife-Crisis.
Viele Grüße,
Patrick
Danke für die Liste!
Punkt 22 „Wohnung aufräumen“ – tja, ein Blick über mein Schreibtisch… da setz ich doch lieber Punkt 7 um: Spazieren gehen ;-)
Es gibt viele Möglichkeiten sich selbst zu mögen :-)
Hallo!
Über das Thema Freizeitbeschäftigung habe ich mir auch in letzter Zeit einige Gedanken gemacht. Bei mir ist es nicht Computerspielen (dafür konnte ich mich noch nie begeistern), sondern Modellbau. Das ist sicherlich ein Stück weit pädagogisch wertvoll und nicht die schlechteste Art, seine Zeit zu verbringen. Allerdings ist das Ergebnis dieser Beschäftigung im Grunde genommen völlig unwichtig. Ja, es kommt oft ein schönes Modell dabei raus. Das hat aber keinen praktischen Nutzen und rempelt mir früher oder später die Wohnung zu. Interessant ist eingentlich nur die Tätigkeit, die Beschäftigung, eben der Zeitvertreib.
Für mich stellt sich aber die Frage: Könnte ich diesen Zeitvertreib nicht so „umlenken“, daß etwas Sinnvolles dabei herauskommt? Gerade bei einer Handwerklichen Tätigkeit wie Modellbau sollte es da genug sinnvolle do-it-yourself-Projekte geben. Inzwischen versuche ich mich in die Richtung weiterzuentwickeln. Im Moment noch eher „Kleinprojekte“, einfach mehr selbst zu machen und weniger zu kaufen. Als nächstes wird mein Schreibtisch neu gebaut.
Den Ehrgeiz und die Strategie aus so manchem Komputerspiel könnte man auch beim Sport oder der Finanzplanung oder Steuererklärung anwenden. Klingt erstmal abeschreckend, aber im Ergebnis hat man auch was davon.
Ich denke viele Hobbies sind ein Stück weit „Ersatzbefriedigung“ für Tätigkeiten, die wir aus der Hand geben haben. Einfach mal nichts tun, sich auchmal vor dem Fernseher berieseln lassen oder wirklich mal einem total sinnlosen Zeivertreib nachgehen würde ich nicht kategorisch verteufeln. So richtig schön faulenzen ist ab und zu was tolles. Dennoch sollte man sich durchaus mal fragen, was man in der Zeit sinnvolles mit sich anstellen könnte. Denn unterm Strich gibt es dabei eine Menge zu gewinnen: Eine erfüllende Beschäftigung, Erparnis von Zeit/Geld, Lernen…
Grüße
Jens
Hallo Jens,
ich mag die Idee, deine Fertigkeiten in etwas noch Sinnvolleres zu kanalisieren. Nicht, dass es unbedingt notwendig wäre, aber wenn du dich damit besser fühlst, finde ich es gut.
Do-it-Yourself finde ich persönlich auch sehr spannend und bin überzeugt davon, dass wir uns besser fühlen, wenn wir unsere eigenen Hände nutzen, um etwas zu bauen. Besser jedenfalls, als wenn wir es im Internet bestellen.
Die Umsetzung liegt mir jedoch noch recht fern. Ich finde es schwer, da den Einstieg zu finden, da ich bisher nichts Handwerkliches in meinem Leben gemacht habe. Da hast du schon einen guten Vorsprung! :)
Hallo Patrick,
beim Möbelbauen bin ich auch Anfänger, und für den Einstieg soll mein alter Schreibtisch nur umgebaut werden. Bin mal gespannt, ob das so klappt wie ich mir das vorstelle.
Zum „selber machen“ zählen für mich aber auch Dinge wie selbst Kochen. Echte Fertiggerichte gab es bis uns kaum, aber alles frisch und selbst gekocht ist nochmal eine Herausforderung. Da bist du mir wahrscheinlich ein Stück voraus ;-) Am eigenen Brot bin ich z. B. bisher gescheitert, angesichts des wenig schmackhaften Einheitsbrotangebots vor Ort werde ich da aber nochmal einen Anlauf nehmen.
Ich denke es ist auf jeden Fall eine Befriedigung, wenn man etwas selbst geschaffen hat. Außerdem mag ich den Gedanken, mich mit jeder Fertigkeit ein Stück unabhängiger und freier zu machen.
Grüße
Jens
Hallo Jens,
in zwei Wochen werde ich meine erste Erfahrung im Möbelbauen machen. Mein Bruder und ich werden einen Esstisch für meine neue Wohnung bauen. Er wird da klar federführend sein, aber ich werde mit anpacken (müssen und dürfen) :-)
Das Brotangebot in meiner Nähe ist ganz gut, aber ich habe es auch auf dem Radar, das noch mal ernsthaft selbst zu probieren. Jasmin hat einen coolen Brotbackautomaten, aber es geht bestimmt auch ohne.
Unabhängigkeit ist ein gutes Stichwort! Die Erkenntnis, dass wir Dinge (oder Essen) selbst machen/bauen/anpflanzen können, ist ein großer Schritt in Richtung Freiheit.
Viel Erfolg dabei!
zum Modellbau: Stimmt, macht Spaß, produziert aber jede Menge Staubfänger. Deshalb mag ich Tätigkeiten, bei denen ich nützliche oder Verbrauchsdinge herstelle: Seifensieden. Filzen von Taschen, die ich wirklich benutzen will. Töpfern von Butterdosen, wenn meine alte zerschmissen ist. Schnitzen von Zopfspangen, weil ich lange Haare habe. Fotobücher erstellen oder Alben kleben, um meine Reisen in die Hand nehmen zu können. Backen. Kochen. Leckere Dinge verschenken, zB selbstgemischte Backmischungen, selbst kandierten Ingwer, selbstgemachtes Shampoo und all so was.
Trotzdem habe ich als Kind einige Papiermodellbaubögen gebastelt und dabei sehr viel gelernt und mir viele Techniken erarbeitet, so daß ich heute geschickte Finger habe.
Wie wäre ein Mittelding: Modelle bauen, aber nicht mit vorgefertigten Sets, sondern frei nach Inspiration und zusammengesetzt aus allen möglichen Materialien, die im Haushalt gewildert sind, aus Grundmaterialien der Bastelausstattungen?
Kochen ist für dich neu. Ich hab’s schon 18 Jahre für mein Kind getan und es langweilt mich. Genug selbst gebaut. Also kann ich chillen. Gitarre lerne ich wohl nie. Und immer nur lesen ist und Bücher schreiben geht auch nicht. Hier liegt ein fertiges. Der Rest macht der Grafiker. Bin also hobbylos und muss jetzt spazieren gehen in die Sonne. Damit das ein kleiner, schöner Tag wird. Nehme die Kamera mit. Damit ich nicht unterfordert bin.
Das Lesen deines Blogs tut gut. Ich habe meinen Job geliebt, hatte ein total freundschaftliches Verhältnis zu meinen Kolleginnen, tat die Dinge, mit denen ich mich mochte und kümmerte mich um mich selbst. Dann lernte ich meine Frau kennen und sie brachte Bewegung in mein so superschönes, liebevolles Leben. Heute, zwei Jahre nach unserem Kennenlernen ist mir klar, dass ich eigentlich immer nur so war, wie es am Besten für Andere passte, ich sagte das, was sie hören wollten, stellte mich immer an letzte Stelle und vergaß mich selbst immer wieder. Als ich durch die Begegnung mit meiner Frau lernte, auch „nein“ zu sagen, verabschiedeten sich meine „Freunde“ nach und nach und ich war unten durch. Bei meiner Familie genau das gleiche, ich hab gelernt, lieb zu sein, dass meine Bedürfnisse nicht so wichtig sind wie das perfekt arrangierte Osterfamilienbild, ich fühlte mich in meinem ganzen Leben schon anders, sensibler, empfindsamer und habe bislang niemanden kennengelernt, mit dem ich mich auf einer Wellenlänge darüber austauschen konnte. Dein Artikel hat mich an mich vor drei, vier Jahren erinnert: da habe ich diese Dinge intuitiv getan. Heute bin ich traurig, dass ich die Bindung zu mir so vernachlässigt habe, dass mein soziales Netzwerk zerbrochen ist, dass aus dem lieben Kolleginnenverhältnis ein eher abgekühltes Verhältnis geworden ist. Was zu nah war, zu süß und zu schön, wird nun zu weit, zu sauer und zu hässlich. Ich wünsche mir – und anderen Menschen, die ebenso fühlen – dass es uns gelingt, in die Mitte unserer Kraft zu kommen. Jedes Ding hat zwei Seiten. Danke für diesen Weblog.